„Die Schönheit der Jugend“
Ein gezeichneter Kinofilm, voll von Emotionen, Kreativität, Spannung und mit einer berührenden Geschichte hat es leider schon länger nicht mehr gegeben. Vor allem das Kinojahr 2017 war in dieser Hinsicht eine totale Durststecke. Im Januar 2018 wird, nur in ausgewählten Kinos, ein Anime zu bestaunen sein, der bereits 2016 in Japan alle Zuschauerrekorde brach. YOUR NAME besitzt all die oben genannten Eigenschaften und hat noch einen der besten Anime-Soundtracks mit im Gepäck. Es ist mir eine Freude mit diesem Film das „1,21 Gigawatt“ Prädikat auf dem Fluxkompensator zu eröffnen. Ein Film, der Zeit und Raum bestehen wird: YOUR NAME.
Inhalt
Die Grundhandlung beinhaltet das, was ich bei Anime-Serien immer am wenigsten leiden konnte: Das Thema Körpertausch. Auf einmal muss jemand gegen sich selbst antreten bzw. gegen seinen Körper und lernt so die eigenen Schwächen und Stärken besser kennen. Für mich sind es nur langweilige Füllfolgen, weil klar ist, dass der Held es trotzdem schaffen wird sich selbst zu besiegen. In YOUR NAME geht es aber nicht ums Kämpfen mit sich selbst, sondern um das japanische Anime-Lieblingsthema: Das Erwachsenwerden. Mitsuha Miyamizu lebt in einem idyllischen Örtchen im grünen Hinterland Japans. Als Jugendliche hat sie kein Auge für die Schönheit der Natur, sondern kann es kaum erwarten in die Stadt auszuwandern und den traditionellen Riten des Dorfes abzudanken. Taki Tachibana lebt in Tokyo und genießt die Vorzüge mit Freunden in neue Cafés zu gehen, seine Mittagspause mit Blicken über die Stadt zu genießen und eine Fülle an technischen Möglichkeiten zu haben. Beide tauschen tageweise immer wieder ihre Körper und müssen lernen damit umzugehen. Aber das ist nicht alles, denn der Kern der Geschichte hat mit uns mehr vor als erwartet.
Kreativität im Augenblick
YOUR NAME ist kein Geschlechtervergleich. Es ist vor allem ein Dialog zwischen dem Fortschritt und der Natur, der Tradition und der Kreativität sowie der Liebe und der Freundschaft. Aber das erschließt sich erst nach dem wunderschön gezeichneten, zweistündigen Anime. Beide äußerst liebenswerte Hauptfiguren verkörpern diese Gegensätze. Wie sich Beide Stück für Stück besser kennenlernen, erkennen auch wir, wo die Reise hinführt. Lebensnah wird in stimmungsvollen Bildern gezeigt, was vielen Filmen fehlt: Genug Ruhe während des Films, um auch einmal den eigenen Gedanken nachzugehen. Zwei Schulfreunde von Mitsuha treffen sich zum Beispiel – aus Mangel an einem Café im Dorf – an einer Bushaltestelle mit Getränkeautomaten und reden über ihre Träume für die Zukunft. Es ist eine einfache, aber ehrliche Szene. Der Film schafft es dennoch, durch seine mythologischen Elemente und die ungewöhnliche Erzählweise, ein Maß an Spannung zu erzeugen, das zum Erlebnis wird.
Handwerk der Perfektion
Wie das Bänderflechten in der Geschichte fließen bei YOUR NAME wichtige Bestandteile für einen guten Kinofilm ineinander. Die Zeichnungen sind wunderschön und werden mit frischen Perspektiven lebendig. Das Drehbuch ist authentisch und wie von jemandem in diesem jungen Alter geschrieben. Es vermittelt die vielen Gedanken, die man sich während der Pubertät macht, versprüht aber auch die Leidenschaft der Jugend für Neues, andere Menschen und die Liebe. Universum Film ist die deutsche Synchronisation sehr gut gelungen, bis hinein in die Nebenfiguren und über allem schwebt der wundervolle Soundtrack, der von traurigen Klavierstücken über flippige Popsongs bis hin zu verträumten Liebesliedern reicht. Die Band RADWIMPS ist für die Filmmusik verantwortlich und hat eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der Soundtrack allein sorgt schon für eine Reise in die eigenen Jugendjahre und ist nicht ohne Grund auf Platz 2 in den besten Soundtrack-Vinyl-Releases 2017 auf Fluxkompensator gelandet.
Fazit
Ich könnte stundenlang über YOUR NAME schreiben, auch über seine kleinen dramaturgischen Schwächen, die er durchaus besitzt, aber am Ende dieser Filmreise bleibt zu sagen, dass KIMI NO NA WA / 君の名は (japanischer Originaltitel) von der Liebe handelt und der Suche nach ihr. Für alle, die sie noch nicht gefunden haben, gibt er Hoffnung und für diejenigen, die sie bereits gefunden haben, den Wunsch sie nicht mehr gehen zu lassen.
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter
Ich liebe Your Name. Schöne Review und sehr gut geschrieben! 🙂