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X-MEN Dark Phoenix (2019)

X-Men: Dark Phoenix (2019) – Filmkritik

Man kann nur inständig für alle Filmfans da draußen hoffen, dass sie ohne diesen ganzen Marketing- und Wirtschaftszirkus noch unbeschwert ins Kino gehen können. Sobald die Fortsetzung eines Franchises bekanntgegeben wird, schlachtet die Presse jede Schauspielbesetzung, jeden Regiewechsel oder jede Art von Nachdreh aus. Selbst Verschiebungen des Starttermins werden minutiös analysiert. Vor allem bei den X-MEN ist es verdammt schwer, die Übernahme von 20th Century Fox durch Disney auszublenden. X-MEN: DARK PHOENIX wird für die nächsten Jahre der letzte Teil der Mutanten-Filmreihe sein. Die Übernahme begrenzt den Output der Fox-Studios beträchtlich und außerdem hat Disney sein eigenes Marvel-Comic-Universum, was in Gang gehalten werden muss. Mit diesem betriebswirtschaftlichen Hokuspokus im Nacken, setzt DARK PHOENIX den Schlusspunkt hinter die X-Men-Filmreihe mit Michael Fassbender als Magneto und James MacAvoy als Professor X. Um die Freundschaft der beiden soll es in diesem Teil gar nicht gehen, denn Jean Grey wird zum übermächtigen Dark Phoenix.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Handlung

Professor Charles Xavier (James McAvoy) hat es geschafft, sich einen vertrauensvollen Ruf bei der US-Regierung zu erarbeiten. Die X-Men stehen für Krisensituationen immer bereit. Das Team aus Mystique (Jennifer Lawrence), Beast (Nicholas Hoult), Nightcrawler (Kodi Smit-McPhee), Cyclops (Tye Sheridan), Quicksilver (Evan Peters), Storm (Alexandra Shipp) und Jean Grey (Sophie Turner) bekommt den Auftrag, die Crew einer Raumschiff-Mission zu retten. Wir befinden uns im Jahr 1993 und da ist der X-Men-Flieger unter dem schulischen Basketballplatz noch eine High-Tech-Sensation. Die Mission läuft nicht ganz reibungslos. Jean absorbiert bei der Evakuierung der Astronauten eine gewaltige Energieentladung. Sie scheint nun die mächtigste Mutantin des Planeten zu sein. Aber diese psychokinetischen Kräfte haben dunkle Eigenschaften und ein paar Außerirdische (angeführt von Jessica Chastain) im Schlepptau.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Gut gestartet

Vor allem der gelungene Beginn von X-MEN: DARK PHOENIX bringt noch einmal auf den Punkt, was man an der Filmreihe schätzt: Die verständliche Welt der Physik. Wohingegen die AVENGERS in mondwerfende Superkräfte abgedriftet sind, konnten die X-Men jeweils mit einer überschaubaren Kraft überzeugen. Sich schnell bewegen, von Ort zu Ort teleportieren, sich in andere Menschen verwandeln oder magnetische Kräfte aufbringen: Das sind Talente, die man schnell versteht. Das Beste daran ist jedoch, dass ihr Teamwork dadurch spannend inszeniert werden kann. Und dies geschieht gleich in der ersten Actionszene im Weltall zum Staunen gut. Dann kommt jedoch eine schwer verständliche Supermacht, die jegliche Verbindung zum Geschehen und leider auch zur Figur Jean Grey gänzlich kappt. Um das gefühlvolle Band zu unserer Heldin zu knüpfen, hat Drehbuchautor und Regisseur Simon Kinberg dafür einen Schicksalsschlag in den Kindertagen von Jean herangezogen. Der stellt nicht nur einen menschlichen Bezug zu Super-Jean her, sondern liefert auch Verständnis dafür, dass bei den X-Men der Haussegen schief hängt. Befeuert wird der Beziehungszwist durch einen whiskeyschlürfenden und hochnäsigen Charles Xavier. James McAvoy stattet Charles schon fast mit adligem Gehabe aus, was gar nicht zu seinem noch gut trainierten Körper von GLASS passen will.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Wem folgen?

Und hier entscheidet sich für jeden Zuschauer, ob X-MEN: DARK PHOENIX zu einem aktiven oder passiven Filmerlebnis wird. Die ganze kräftige Action-Show mit stilvollem CGI-Gewitter und die einfache aber effektive Story stellt keiner in Frage, sondern es entscheidet sich daran, ob man einer der Figuren vertrauensvoll folgen möchte. Allen voran wäre da Jean Grey, der die weibliche Zuschauerschaft im ähnlichen Alter gern folgen wird. Viele junge Frauen möchten auch gut aussehen, einen treuen Partner haben und natürlich Kräfte, die sie gern ihrem Umfeld mal entgegen schmettern können. Für alle anderen erfüllt Sophie Turner die Telepathin Jean Grey mit Leben, wie für einen Pappaufsteller mit LED-Effekten. Schauspieler bekommen manchmal durch eine Rolle in einer beliebten Serie, in diesem Fall Sansa Stark in GAME OF THRONES, zu viel Können zugetraut. Die emotionale Bandbreite, die Jean durch ihre neuen Kräfte förmlich überrollt, übersteigt leider auch die derzeitigen Fähigkeiten von Turner. Die Leinwandpräsenz hat sie, aber an der Stimmungsvielfalt muss sie noch arbeiten.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Der Rest der jungen X-Crew läuft leider nur artig nebenbei mit. Einzig Hank McCoy, gespielt von Nicholas Hoult (MAD MAX: FURY ROAD, TOLKIN), bricht aus der Gruppe aus, kommt aber durch seine limitierte Superhelden-Fähigkeit (ein blaues Biest zu werden) nicht in den Vordergrund. Jennifer Lawrence lässt Raven noch einen frauenstarken Spruch an ihren Chef abfeuern und dann wird es auch schon still aus ihrer Richtung. Auch der in den letzten Teilen zum heimlichen Publikumsliebling avancierte Quicksilver bekommt Präsenzverbot. In beeindruckenden Slow-Motion–Szenen mit coolen Songs und knackigen Witzen, hatte er sich einen kleinen Eckpfeiler in den vorherigen Geschichten erkämpft. Aber hier muss auch er recht zügig auf die Ersatzbank.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Bleiben noch die beiden Freunde und Ur-Kontrahenten: Prof. X und Magneto. Professor X bekommt, wie erwähnt, ein Erste-Klasse-Ticket in die Snobness und fällt leider für Sympathiebekundungen aus. Es dauert etwas, aber Erik „Magneto“ Lehnsherr wird vom Drehbuch doch noch in der Filmmitte gefunden. Er treibt sich auf dem anscheinend ehemaligen Set von MAZE RUNNER mit seinen treuen, wortkargen Mutanten-Freunden herum. Michael Fassbender lässt das Filmerlebnis in seiner ersten Szene, dem gemeinsamen Kampf mit Grey um einen Hubschrauber, durch seine überwältigende Präsenz richtig aufkochen. Da zweifelt man in keiner Sekunde daran, dass Fassbender nicht selbst einmal ein paar Autos im Verkehrsstau zur Seite wischt. Aber auch er wird dann zugunsten unserer Heldin mit Gewissensbissen an die Leine gelegt. Dabei merkt man im unterhaltsamen Action-Showdown, welche kreativen Ideen ein Held mit magnetischen Kräften in einem gepanzerten Zug bieten kann.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Jessica Chastain weiß leider mit ihrer Rolle recht wenig anzufangen und führt ihre sektenartige Zombiearmee gegen die X-Men zu Felde. Das wirkt dann eher wie ein Statistengemenge als ein actionreicher Kampf zwischen gleichwertigen Kontrahenten. Man hätte gut daran getan, ihr mehr als ein stummes, steifes Personal mit FBI-Attitüde an die Seite zu stellen.

X-MEN Dark Phoenix (2019)
© 2019 Twentieth Century Fox

Die guten Dinge

Trotz des gekappten Bands zu den Akteuren auf der Leinwand, ist X-MEN: DARK PHOENIX ein solider Unterhaltungsfilm, an den sicherlich kaum noch jemand hohe Erwartungen gesetzt hatte. Vor allem die Reduzierung der Orte, es geht wieder nicht weniger als um die Rettung der Erde, ist ein angenehmer Gegensatz zu den letzten komplexen Comic-Universen. Seit langem fällt bei der ganzen Action in diesem Genre auch die Filmmusik einmal wieder positiv auf. Man denkt zuerst, dass der Komponist sich reichlich am Vorbild Hans Zimmer bedient haben muss, nur um beim Abspann zu erkennen, dass es Zimmer selbst war, der den Dirigentenstock in die Hand genommen hat. Die kraftvollen Stücke mit seinen geliebten Schlagzeugen und Blasinstrumenten bringen die Gefühle zumindest etwas in Schwingung.

Fazit

Die X-Men scheinen nun für längere Zeit in den Ruhestand zu gehen. Es gelingt nur selten, solche hochklassigen Theater-Schauspieler wie Ian McKellen, Hugh Jackman, Patrick Stewart oder Michael Fassbender, für einen Superhelden-Film zu gewinnen. Dabei schaffen es solche Talente am besten, in einem ausverkauften Saal selbst das Publikum in der letzten Reihe zu überzeugen. Jetzt müssen die Fans aber erst einmal wieder zu den Comics greifen und ihre Fantasie spielen lassen.

Titel, Cast und CrewX-Men: Dark Phoenix (2019)
OT: Dark Phoenix
Poster
Releaseab dem 06.06.2019 im Kino
ab dem 17.10.2019 auf Blu-ray. 4K-UHD und DVD
Bei Amazon bestellen:

RegisseurSimon Kinberg
Trailer
BesetzungSophie Turner (Jean Grey / Phoenix)
Jennifer Lawrence (Raven / Mystique)
James McAvoy (Professor Charles Xavier)
Jessica Chastain (Vuk)
Michael Fassbender (Erik Lehnsherr / Magneto)
Nicholas Hoult (Hank McCoy / Beast)
Evan Peters (Peter Maximoff / Quicksilver)
Alexandra Shipp (Ororo Munroe / Storm)
Tye Sheridan (Scott Summers / Cyclops)
Kodi Smit-McPhee (Kurt Wagner / Nightcrawler)
DrehbuchSimon Kinberg
KameraMauro Fiore
MusikHans Zimmer
SchnittLee Smith
Filmlänge113 Minuten
FSKab 12 Jahren

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