„Männer im wehrfähigen Alter“
Aktuell wird in den deutschen Medien eine Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert – sogar über politische Parteigrenzen hinweg. Erstaunlich kaltblütig befürworten manche Medienvertreter, Politikerinnen und Politiker eine Wehrpflicht mit den Begründungen der Bedrohung durch einen möglichen Verlust von Sicherheitsgarantien oder dem NATO-Bündnisfall einer dünn aufgestellten Bundeswehr. Da sitzen Mütter und Väter in Polit-Talkshows und zucken nicht mit der Wimper, wenn sie die Gesundheit bzw. das Leben ihrer Kinder für wirtschaftliche Privilegien in die Waagschale zu werfen. Ich halte mich hier eher an den Spruch „Stellt euch vor es ist Krieg, und keiner geht hin“. Was wäre gewesen, wenn die USA nach dem Anschlag auf das World Trade Center nicht in den Irakkrieg gezogen wäre? Massenvernichtungswaffen gab es nie, es war ein reiner Akt der Drohung und Rache. Bekanntlich ziehen nicht die politischen Entscheider aufs Schlachtfeld und riskieren ihre gesunden Beine im verminten Land, sondern es sind meist die Jüngsten und Ärmsten der Gesellschaft. WARFARE erzählt in Echtzeit von einer Mission im Irakkrieg, die alles andere als nach Plan läuft und man erkennt, dass in Kriegen kein Platz für Heldentum ist, sondern ausschließlich Glaubensverluste, Traumata und Tod.

Handlung
November 2006, eine Kleinstadt im Irak. Eine Gruppe Navy Seals betritt nachts ein Haus, um dort eine Sicherheitsposten für den kommenden Tag zu installieren. Das bedeutet, die Familien im Haus in Gewahrsam nehmen, Scharfschützen positionieren, die Umgebung observieren und weitere Befehle abwarten. Im Laufe des nächsten Tages gibt es Gefechte und Bewegungen von Al-Qaida im näheren Umfeld. Irakische „Männer im wehrfähigen Alter“ treffen sich in einem gegenüberliegenden Gebäude und observieren, das von den Navy Seals besetzte Haus. Ist ihre Tarnung bereits aufgeflogen? Plötzlich landet eine Granate im Zimmer der Scharfschützen. Ray Mendoza (D’Pharaoh Woon-A-Tai) wird verletzt und das Platoon muss sich verteidigen. Erik (Will Poulter) fordert einen Bradley Schützenpanzer an, um den Verletzten abzuholen. Doch als dieser ankommt, beginnt das Ganze erst richtig schiefzugehen. Die Bevölkerung um sie herum ist bereits bewaffnet und bereit, ihr Land zu verteidigen.

Fokussierter Kriegsfilm
Kriegsfilme haben bereits ihre Einflüsse in die Realität bewiesen. Der Walkürenritt von Richard Wagner wurde durch APOCALYPSE NOW (1979) zum Adrenalin treibenden Marsch der US-Soldaten in den Kriegen der letzten Jahrzehnte. Sam Mendes zeigte in JARHEAD (2005) wie sich die Soldaten damit anfeuern, aber dann in einem gesichtslosen Irakkrieg an Langweile fast eingehen. Auf Feindkontakt hätte das Platoon in WARFARE sicherlich gern im Nachhinein verzichtet. Dabei war die Stimmung, dank des Videos von „Call on me“ von Eric Prydz, bei der Truppe ganz oben. Dank schwitzender Aerobic-Performance von spärlich bekleideten Frauen kocht das Testosteron. Es herrscht beinahe Ferienlagerstimmung und selbst auf dem Weg zum Missionsziel mitten in der Nacht, denkt man: Es sind Freunde auf Lebenszeit, als hätten sie ihre Berufung gefunden.

Doch erste Probleme tauchen im professionellen Verhalten auf, alles läuft nicht ganz so glatt. WARFARE gelingt es mit wenig Nuancen und Dialogen ein paar Charaktere in der langen Wartezeit herauszumeißeln. Doch dann geht alles schief. Das harte Elitentraining als „Frogman“ bereitet nicht auf den ersten Feindkontakt oder das brutale Sterben von Kameraden vor. Das Trauma ist sofort sichtbar, hinzu kommen Verletzungen und massive Kopfschmerzen, die jeden klaren Gedanken rauben. Erst als ein weiteres Platoon am Ort eintrifft, wird wieder nach Protokoll gehandelt.

Blut und Staub
Helden und ihre Taten sucht man in WARFARE vergeblich. Krieg ist ein ungerechter Kampf, wo der Einsatz das eigene Leben und das der Kameraden ist. Hinzukommt die Sinnlosigkeit des Einmarschs in ein fremdes Land. Zu keinem Zeitpunkt werden geopolitische Ziele besprochen, zur Verteidigung von Demokratie und Freiheit salutiert oder einfach nur der Kampf des Stärkeren porträtiert. Geradezu dokumentarisch gehen hier Alex Garland und Ray Mendoza in der Regie wie auch beim Drehbuch ans Werk. Die Realitätsnähe liegt vor allem an Ray Mendoza, der hier sein eigenes Trauma verfilmt und verarbeitet. Mit Rückenwind von Garland, der zuletzt mit CIVIL WAR (2024) eine düstere Zukunftsversion eines amerikanischen Bürgerkriegs inszenierte. Dort liegt der Fokus auf der Kriegsfotografie, dem „Embedded Journalism“, dokumentieren, ohne einzugreifen. WARFARE ist ein Agieren ohne kriegerischen Triumph. Am Ende bleiben Vernichtung, Leid und ein gestärktes Terrornetzwerk.

Fazit
Ein intensives Kriegserlebnis ohne große Schnörkel und Philosophie. Das Grauen des Krieges in Reinform und gerade jetzt der beste Konter, wenn derzeit allzu oft in den Medien mit den Säbeln gerasselt wird und zukünftige junge Erwachsene für potenzielle Kriege verpfändet werden. Sehenswert, für Sehenswillige.
Titel, Cast und Crew | Warfare (2025) |
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Poster | ![]() |
Release | Kinostart: 17.04.2025 |
Regie | Alex Garland Ray Mendoza |
Trailer | |
Besetzung | D’Pharaoh Woon-A-Tai (Ray Mendoza) Cosmo Jarvis (Elliot Miller) Aaron Mackenzie (Kelly) Alex Brockdorff (Mikey Joseph Quinn (Sam) Will Poulter (Erik) Noah Centineo (Brian/Zawi) Kit Connor (Tommy) Finn Bennett (John) Charles Melton (Jake) Henry Zaga (Aaron) Taylor John Smith (Frank) Michael Gandolfini (Lieutenant McDonald) Adain Bradley (Sgt. Laerrrus) Evan Holtzman (Brock) |
Drehbuch | Alex Garland Ray Mendoza |
Kamera | David J. Thompson |
Schnitt | Fin Oates |
Filmlänge | 95 Minuten |
FSK | ab 16 Jahren |
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter