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Vera Cruz (1954) – Filmkritik

Wir reisen mit dem Western VERA CRUZ ins Jahr 1954. Für diesen Ausflug sollte man sich allerdings etwas vorbereiten, denn völlig unwissend kann es zu einem seltsamen Trip werden. Ein paar Tipps vornweg: Regisseur Robert Aldrich lehnte sein Erbe eines republikanischen Imperiums ab, zum Groll seiner Familie und legte eine Karriere in Hollywood hin. Die beiden Hauptdarsteller haben zur Zeit der Produktion einen gewissen Ruf für ihre Rollen: Gary Cooper, moralischer Gentleman im Western-Genre und Burt Lancaster, leidenschaftlicher Raufbold und Freigeist. Beide steigen mit diesen Zuschauererwartungen an ihre Rollen ins produktionsbedingt recht unabhängige Unternehmen ein. Und, der letzte wichtige Aspekt ist, dass Mitte der 1950er Jahre die McCarthy Ära auf ihrem Höhepunkt angelangt war. Der Kommunismus wird in der amerikanischen Öffentlichkeit als das ultimative Böse angesehen und in der Filmbranche traut keiner mehr dem anderen über den Weg, aus Angst auf der schwarzen Liste zu landen. Der perfekte Nährboden, um etwas Neues zu wagen und das tut VERA CRUZ.

© capelight pictures

Handlung

Der Bürgerkrieg in den USA ist vorbei und die meisten überlebenden Soldaten wechseln ins Söldnergeschäft. Sie sind auf der Suche nach Kampf und Profit. Mexiko scheint dafür das richtige Land, was selbst direkt in einer Revolution steckt. Die Juaristas kämpfen für ein Mexiko, was von ihresgleichen regiert wird. Denn aktuell thront Kaiser Maximilian (George Macready) dank französischer Garde – die Kolonialzeit ist noch allgegenwärtig. In dieser Welt ist Ben Trane (Gary Cooper), der im Bürgerkrieg auf der falschen Seite stand, auf der Suche nach Geld, um seine Baumwollfarm wieder auf Vordermann zu bringen. Nachdem er dem gerissenen Joe Erin (Burt Lancaster) einen überteuerten Gaul abkaufte, gibt er dem hinkenden Pferd den Gnadenschuss. Ben und Joe haben viel gemeinsam wie perfekte Schießkünste, schlaue Strategien, das Verlangen nach Gold und großes Misstrauen gegenüber dem anderen. Sie tun sich zusammen und erhalten den kaiserlichen Auftrag eine Kutsche mit der Countess Marie Duvarre (Denise Darcel) nach Vera Cruz zu eskortieren. Die Spuren der Wagenräder im Schlamm sind jedoch auffällig tief. In der ersten Nacht auf der Reise entdecken die beiden Gold im Wert von drei Millionen Dollar im Kutschenboden. Der Auftrag ist schnell vergessen und die Beute soll geteilt werden, aber die Countess will ebenfalls ihren Anteil haben.

© capelight pictures

Wegbereiter

VERA CRUZ bietet alles für den Westernfan. Zwei standhafte Hauptdarsteller, Schießereien mit Dutzenden Statisten, wilde Verfolgungsjagden zu Pferde und der typische Wettstreit, wer am weitesten pinkeln, nein, am besten schießen kann. Doch dank der Inszenierung des linksliberal eingestellten Regisseurs Robert Aldrich wird es kein Western für die ganze Familie. Es ist ein rauer Streifen, der viel an Originalschauplätzen gedreht wurde – sogar die Pyramiden in Teotihuacán sind zu sehen. Es ist aber auch eine Geschichte voller Verrat und ohne moralisch ehrenhafte Helden. Selbst die Rolle des bürgerlichen Ben Trane (mit Geldbörse) hat seine dunkle Seite. Er verhindert weder die Geiselname von Kindern noch das raue Benehmen seines Geschäftspartners. Erst bei der drohenden Vergewaltigung der bildschönen, aber diebischen Nina (Sara Montiel) schreitet er ein.

© capelight pictures

Es ist bemerkenswert, welche altbekannten Wege sich der Film verwehrt. Früh ergibt sich die Möglichkeit, sich auf die Seite der Unterdrückten zu stellen. Aber die Söldner wählen das Geld. Der kaiserliche Auftraggeber sollte sich jedoch in Acht nehmen, denn Treue kennt diese Bande nicht. Aber Solidarität scheint es in der Königsfamilie genauso wenig zu geben, denn auch die Countess sieht sich mit dem Militäretat eher im goldenen Luxus von Paris schwelgen. Joe und Ben streiten nicht um das Herz einer Frau und die moralische Läuterung durch wahre Liebe findet ebenfalls nicht statt. Jede Figur in diesem intrigenreichen Schachspiel ist ihrer egoistischen Natur treu. Drei Millionen Gründe helfen dabei. Das bringt die pessimistische Sicht des Regisseurs – den Drehbuchautoren ist wenig zuzugestehen, laut Produktion wurde die Szenen stets in der Nacht vor dem Dreh geschrieben – auf den Punkt. Sobald Gier nach scheinbar unendlichem Reichtum ins Spiel kommt, kennt niemand Moral und Anstand. VERA CRUZ zählt auch deshalb zu den Wegbereitern des Italo-Westerns, der einen Anti-Revolverhelden nach dem anderen auf die große Leinwand brachte.

Vera Cruz im Heimkino

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Der Westernklassiker kann jetzt nach 2K-Restauration auf Blu-ray genossen werden. Capelight Pictures veröffentlichte dazu ein schönes Mediabook mit dem Film auf Blu-ray und DVD. Der Ton der Synchro ist recht trocken und die Übersetzung ist derb wie auch frauenverachtend. Ein Kind seiner Zeit, aber Sympathiefiguren gibt es auch grundsätzlich hier nicht. Das Bild ist gut, jedoch zeigt es immer wieder bei einzelnen Szenen starke Körnung – vermutlich 16-mm-Ersatzmaterial. Das stört hin und wieder den visuellen Genuss, der vor allem dank der Nicht-Studio-Aufnahmen wirklich famos ist. Das Mediabook verfügt über einen sehr lesenswerten Text von Ines Walk. Ein toller Beitrag zu diesem Stück Filmgeschichte. Zwei Featurettes werden im Bonusmaterial geboten: „Gary Cooper: Gesicht eines Helden“ und „Burt Lancaster: Griff nach den Sternen“.

© capelight pictures

Fazit

Für Neueinsteiger ist VERA CRUZ ein harter Brocken voller Verrat an die eigenen Erwartungen. Der Ex-Konföderierten-Soldat von Gary Cooper und der schakalartig grinsende Burt Lancaster geben ein ungewöhnliches Auftreten in einem der ersten Western-Buddy-Movies. Für Filmgeschichtsfans ein wichtiges Segment der Westernhistorie.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewVera Cruz (1954)
Poster
Releaseseit dem 28.10.2022 im Mediabook (Blu-ray + DVD) und auf DVD erhältlich.

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RegisseurRobert Aldrich
Trailer
BesetzungGary Cooper (Benjamin Trane)
Burt Lancaster (Joe Erin)
Denise Darcel (Countess Marie Duvarre)
Cesar Romero (Marquis Henri de Labordere)
Sara Montiel (Nina)
George Macready (Kaiser Maximilian)
Jack Elam (Tex)
Ernest Borgnine (Donnegan)
James McCallion (Little-Bit)
Morris Ankrum (Gen. Ramírez)
James Seay (Abilene)
Henry Brandon (Capt. Danette)
Archie Savage (Ballard)
Charles Bronson (Pittsburgh)
DrehbuchRoland Kibbee
James R. Webb
KameraErnest Laszlo
MusikHugo Friedhofer
SchnittAlan Crosland Jr.
Filmlänge94 Minuten
FSKab 12 Jahren

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