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Venom (2018) – Filmkritik

„Zahnloser Antiheld“

Gute Filme überwiegen auf jeden Fall in Tom Hardys Filmografie. Man könnte den Eindruck erhalten, dass er sich auch sein Underdog-Image, trotz großer Filme, ein bisschen bewahren will. WARRIOR, NO TURNING BACK und LEGEND sind drei kleine Filmproduktionen, die ihm als Schauspieler alles abgefordert haben, aber nicht gezwungen wirken, da er perfekt mit den jeweiligen Rollen verschmilzt. Aber selbst in großen Produktionen wie MAD MAX: FURY ROAD und THE DARK KNIGHT RISES bringt er mit nur ein paar Worten und Gesten eine Präsenz auf die Leinwand, wofür ein Shia LaBeouf lange stricken muss. Sony Pictures zauberte 2018 noch eine ihrer letzten Marvel-Comic-Helden-Lizenzen aus dem Hut und gab dem Spider-Man Gegner VENOM seinen eigenen Film, worin Hardy in diese alien-schizophrene Rolle schlüpfte. Mit Ruben Fleischer (ZOMBIELAND, GANGSTER SQUAD) als verantwortlicher Regisseur kann eigentlich nichts schiefgehen. Vielleicht dachten die Produzenten dasselbe und reichten das Drehbuch sorgenfrei durch vier (!) Paar Autorenhände. Die kreativen Schreiber konnten sich bei VENOM – ganz nach dem Motto „Viele Köche verderben den Brei“ – kaum auf eine originelle Idee einigen und jeder lehnte sich wohl entspannt in der Hoffnung zurück, dass die Kollegen sich schon etwas einfallen lassen werden.

VENOM Tom Hardy
Eddie Brock (Tom Hardy) // © Sony Pictures

Inhalt

Zur Handlung sollte man eigentlich nicht viel verraten, da die Geschichte kaum genug Fleisch auf den Rippen hat und man der Spoiler-Hysterie vorbeugen will. Leider muss hier schon einmal vorweggenommen werden, dass der Verleih ganze Arbeit bei seinem zweiten Trailer geleistet hat und den zukünftigen Zuschauern die ein oder andere Überraschung beim Filmvergnügen raubt. Wer den neusten Trailer noch nicht gesehen hat, sollte es auch vor dem Filmbesuch unbedingt unterlassen, dadurch bleibt VENOM trotz seiner schwachen Story zumindest etwas spannend. So viel sei zum Inhalt verraten:
Eddie Brock (Tom Hardy) gehört zu einem der besten investigativen Journalisten seiner Zunft – man erkennt es an seinem Notizblock, auf den er in seinen Reportagen permanent schaut. Eddie stellt immer unbequeme Fragen, reist unerschrocken in jede Katastrophenzone und die schöne und erfolgreiche Anne Weying (Michelle Williams) ist seine Lebenspartnerin.

Venom Michelle Wiliams Tom Hardy
Anne Weying (Michelle Williams) und Eddie Brock (Tom Hardy) // © Sony Pictures

Dann kommt der Interviewauftrag, Supergenie und Weltraumtechniker Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) zu befragen. Eddies Chef gibt ihm die Weisung nur bequeme Fragen zum Raumfahrtprojekt zu stellen und die medizinische Entwicklung basierend auf menschlichen Versuchsobjekten unter den Tisch fallen zu lassen. Eddie macht natürlich nicht, was ihm gesagt wird und verliert seinen Job, sein Apartment und seine Anne innerhalb eines Tages. Sechs traurige und versoffene Monate später wird Eddie die Information über eine außerirdische Symbiontenart, mit der Carlton Drake experimentiert, zugespielt und die alten journalistischen Ideale haben ihn wieder fest im Griff. Oder ist es etwas anderes?

VENOM Michelle Wiliams Tom Hardy
Anne Weying (Michelle Williams) und Eddie Brock (Tom Hardy) // © Sony Pictures

An der Technik liegt es nicht

Trotz dem sehr düsteren Setting, was bei VENOM natürlich gestalterisch passt, stört das 3D nicht und man ist ein bisschen überrascht, der Stadt San Francisco so viele dunkle Seitenstraßen abgerungen zu haben. Die Bilder zwischen der Action sind gut durchdacht und schön in Szene gesetzt, dank des Kameramanns Matthew Libatique (BLACK SWAN, THE FOUNTAIN). Jedoch reißen der schnelle Schnitt und die unscharfen Effekte die ganze ästhetische, visuelle Arbeit wieder nieder. Auch die Filmmusik von Ludwig Göransson fällt für das Genre ungewohnt positiv auf und treibt den Film voran. Tom Hardy macht bei VENOM seine Arbeit, aber leider auch nicht mehr. Das Spiel mit der Persönlichkeitsstörung bleibt auf Grundschulniveau und alle Mühen Venom eine beeindruckende Stimme zu geben bringen nichts, wenn dieser wenig Gehaltvolles zu sagen hat. Seine Sätze beschränken sich auf eine kurze Erklärung, woher er stammt, er gibt ein paar simple Actionfilm-One-Liner und sogar Beziehungstipps für seinen Wirt Eddie. Warum ein außerirdischer Symbiont, der sich ausschließlich von Lebendigem ernähren muss einem gescheiterten Journalisten Tipps bei Frauen gibt, sollten die vier Drehbuchautoren uns gern mal beantworten.

VENOM Riz Ahmed Tom Hardy
Eddie Brock (Tom Hardy) und  Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) // © Sony Pictures

Wohin führt es?

Klar sollen Comic-Verfilmungen vor allem unterhalten. Humor, Spannung und gute Effekte sollen sich hier die Klinke in die Hand geben. Aber was vor allem Comic-Storys ausmacht, ist der Wunsch entweder Kräfte der Figuren zu besitzen oder bestimmte Dinge tun zu können. Tony Stark zum Beispiel ist extrem clever und hat sich nicht nur ein Wirtschaftsimperium errichtet, sondern er kann jede Menge coole Gadgets bauen. Doctor Strange kann sich teleportieren und seine Umgebung verändern. Das sind beides Beispiele dafür, was man als Kind, Jugendlicher oder junggebliebener Erwachsener gerne sein möchte. Was kann jedoch Venom? Okay, er ist extrem stark und kann sich verformen, aber er bleibt durch seine böse Ader als Menschenfleischfresser unnahbar und Eddie kann seinen Symbionten schwer im Griff halten. Aber auch Tom Hardys Figur gibt im Film nicht gerade eine Identifikationsfigur ab, der man nacheifern möchte. Viele journalistische Fähigkeiten wie Menschenkenntnis, Fleiß und Hartnäckigkeit spielt er kaum in VENOM aus. Hier hätten ein paar gute Ideen weitergeholfen.

VENOM Tom Hardy Riz Ahmed
Eddie Brock (Tom Hardy) und  Dr. Carlton Drake (Riz Ahmed) // © Sony Pictures

Jetzt kommt man zur zweiten Überlegung, was die Produzenten, abgesehen vom schwachen Drehbuch, noch falsch gemacht haben könnten: Die Jugendfreigabe. Das Marvel/Disney-Gespann bleibt mit ihrer FSK 12-Freigabe stets familientauglich. DEADPOOL und LOGAN haben aber auch bewiesen, dass ein FSK 16-Rating einer Comic-Verfilmung viele interessante Aspekte abgewinnen kann. Bei VENOM war dies groß angekündigt worden und auch die Anti-Held-Charakteristik ohne einen Spider-Man hätte alle Tore für einen harten und interessanten VENOM geöffnet. Wer weiß, welche Drehaufnahmen im Schneideraum dem digitalen Papierkorb zum Opfer gefallen sind, denn es lockten die besseren Verkaufszahlen mit einer jugendfreien Ausgabe und VENOM wurden die brutal scharfen Zähne gezogen. Aber um ehrlich zu sein, hätte eine Nicht-Jugendfreigabe dieses seichte Drehbuch kaum gerettet. Tom Hardy gab kurz vor der Premiere in einem Interview mit dem Telegraph bekannt, dass seine Lieblings-Szenen (40 Minuten!) in der finalen Kinoversion nicht auftauchen.

Eddie Brock (Tom Hardy) mit Venom // © Sony Pictures

Fazit

Es bleibt von Sony leider ein schwacher Angriff auf den Comic-Film-Markt. Wo DEADPOOL sich einen Dreck um wirtschaftliche Konflikte geschert hat und mit seiner trotzigen Art begeisterte, bleibt VENOM ein Monster ohne Biss. Die Produktion hätte dem Drehbuchprozess viel mehr Zeit geben müssen mit dem Ziel einen Film für Erwachsene machen zu wollen. Dann hätten alle Talente – in der Besetzung und wie auch in der Produktion – kreativ gezündet und ein originelles, düsteres Filmwesen erschaffen. Somit bleibt es nur ein Puppy-Venom wie es kurz im Film zu sehen ist.

Titel, Cast und CrewVenom (2018)

PosterVenom Kinoposter

Release
ab dem 03.09.2018 im Kino
auf Blu-ray & Steelbook ab dem 14.02.2019
bei Amazon kaufen
RegisseurRuben Fleischer
Trailer
BesetzungTom Hardy (Eddie Brock/Venom)
Michelle Williams (Anne Weying)
Riz Ahmed (Dr. Carloton Drake)
Jenny Slate (Dora Skirth)
Woody Harrelson
DrehbuchScott Rosenberg
Jeff Pinkner
Kelly Marcel
Will Beal
KameraMatthew Libatique
SchnittAlan Baumgarten
Maryann Brandon
Filmlänge112 Minuten
FSKab 12 Jahren

 

Ein Gedanke zu „Venom (2018) – Filmkritik“

  1. Mir gefällt der Film und das Ganze ist recht ausbaufähig. Tom Hardy ist als Hauptbesetzung top und beweist wieder einmal seine Vielfältigkeit. Ich kann die anderen Kritiken gar nicht verstehen, aber es scheint so, als ob hier fast jeder Kritiker ein Top Regisseur zu sein scheint. Venom wirkt frischer, als der gefühlte 10 Teil von Avengers, die nur noch einschläfernd sind. Kurz um, mir gefällts 5 Sterne. Danke für die Aufmerksamkeit.

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