„Ein Film der tausend Ideen“
Das Timing für VALERIAN ist perfekt gesetzt, denn vor genau 50 Jahren erschien die erste Geschichte der beiden Raum-Zeit-Agenten „Valérian et Laureline“ im Comic-Magazin Pilote. Der Autor Pierre Christin und Zeichner Jean-Claude Mézières kombinierten ein immenses Science-Fiction-Universum mit einer spannenden Agentengeschichte, die vor allem in Europa, speziell Frankreich, eine treue Anhängerschaft gefunden hat.
Die Abenteuer der beiden Hauptfiguren hatten schon immer einen gesellschaftkritisch gefärbten Hintergrund. So rettet zum Beispiel die weibliche Agentin Laureline ihrem Partner (beruflich wie auch privat) oft das Leben, jedoch streicht er als treuer Soldat öfter die Lorbeeren ein. Das führt zu vielen lustigen Zankereien, die meist auch während der ganzen Action ausdiskutiert werden.
Untertitel
Warum die Verfilmung im 21. Jahrhundert nur „Valerian“ heißt, ist wohl der Marketingabteilung zu verdanken. Außerdem kann man zugeben, es klingt knackiger und so wie Laureline im Film austeilt, bleibt sie sicher trotzdem in den Köpfen der Zuschauer. Aber Universum Film als deutscher Kinoverleiher muss hier ordentlich für den Untertitel: VALERIAN – DIE STADT DER TAUSEND PLANETEN geohrfeigt werden. Valerian heißt einer der Protagonisten und die Stadt der tausend Planeten heißt Alpha. Der Originaltitel ist übrigens: VALERIAN AND THE CITY OF A THOUSAND PLANETS.
Inhalt
Aber zurück zum Anfang: Nach einem großartigen Intro mit David Bowies „Space Oddity“ (1969) ist man bestens zeitlich in diese Zukunftsversion eingeführt. Die beiden Agenten sollen ein tierisches Wesen einem Schwarzmarkthändler abluchsen. Dieses süße Tierchen hat die besondere Fähigkeit kleine Gegenstände zu vervielfachen, von Diamanten bis Kaugummis. So ein Lebewesen zieht nicht nur das Interesse unserer beiden Agenten auf sich. Dieses Ereignis droht jedoch ein dunkles Geheimnis über das Volk der Pearls ungewollt ans Tageslicht zu befördern. Die erzählerische Grundlage für über zwei Stunden Filmvergnügen ist gesetzt.
Optik vor Story
Die Geschichte und Handlung kann jedoch leider mit dieser ideenreichen Welt und den bildgewaltigen Actionsequenzen nicht mithalten. Aber das ist schnell vergessen, denn nach so vielen fantastischen Ideen, kann der Mitreisende sich bei den etwas holprigen Dialogen erholen. Die Besetzung von Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne) wurde skeptisch von der Fangemeinde aufgenommen, aber die Leinwand-Chemie funktioniert vortrefflich. Rihanna bekommt einen spektakulären Auftritt, jedoch auch wieder einen umso sinnloseren Abgang. Ganz nach dem Motto: Das Budget für Superstars ist ausgeschöpft. Die vielen Nebenrollen werden durch angenehm unverbrauchte europäische Schauspieler besetzt (Alain Chabat, Sam Spruell, Xavier Giannoli, u.v.m.) Einzig Clive Owen als Commander bekommt eine zu schwache Rolle und bleibt weit hinter seinem Können zurück.
Eine der teuersten europäischen Produktionen (180 Mio. Dollar, hauptsächlich finanziert durch Luc Bessons Produktionsfirma EuropaCorp) kann nicht nur finanziell mit den Superheldenstreifen im Westen mithalten, sondern auch der Effekte wegen. Spannende Raumschlachten wechseln mit temporeichen Verfolgungsjagden durch Dimensionen oder auch Wände. Das alles wird locker mit Pierre Christins Ideenpalette aus der Comicvorlage angestrichen.
Luc Besson (DAS FÜNFTE ELEMENT, LÉON), seit Kindesjahren Fan der Original-Comic-Reihe, ist als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent für VALERIAN verantwortlich und setzt endlich der mächtigen Hollywood-Maschine eine gute europäische Produktion entgegen. Diese Befreiung haben wir dringend gebraucht und freuen uns hoffentlich auf die nächsten Abenteuer von Valerian und Laureline.
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter