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Trespass 1992 Filmkritik

Trespass (1992) – Filmkritik & Review zum Mediabook

„Firemen in the Hood“

Ach die 1990er-Filmjahre, da hat man noch einiges bei einem Filmprojekt riskiert. Zum Beispiel jede Menge und offenkundig viel zu verschiedene Talente in einen Kinofilm unterzubringen, nur, weil man einfach Lust darauf hatte. TRESPASS ist hierfür das perfekte Beispiel: Das Drehbuch ist von Bob Gale und Robert Zemeckis (beide haben zusammen die ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT-Trilogie geschrieben), die Regie ist von Walter Hill (NUR 48 STUNDEN, RED HEAT), die Filmmusik kommt von Ry Cooder und es gibt eine Schauspielbesetzung mit Bill Paxton (ALIENS, TWISTER), William Sadler (DIE VERURTEILTEN, STIRB LANGSAM 2), Ice-T (NEW YORK CITY, JOHNNY MNEMONIC) und Ice Cube (BOYZ N THE HOOD, 21 JUMP STREET). Das alles wird ordentlich gemischt, auf eine Neuinterpretation von DER SCHATZ DER SIERRA MADRE (1948) verteilt und ins Gangsterviertel von East St. Louis gekippt. Ja, diese Zusammenstellung ist ein bisschen fragwürdig, aber in den 90er Jahren hatte man noch keine Software für Gewinnprognosen der eigenen Kinofilme, da hat man als Produzent noch seinen Gehaltsscheck riskiert. Bei TRESPASS gab es, dank der beiden Ices, auch noch einen Titelsong inklusive Rap-Musikvideo on top, aber vielleicht stand es einfach im Vertrag der Beiden. Wer in diesem Jahrzehnt Dauerkinogänger war und bei wem es beim Filmtitel TRESPASS noch nicht im Gedächtnis klingelt, sei der Hinweis gegeben: In Deutschland wurde der Film als DIE RAP-GANG im Kino veröffentlicht. Aber über diese Namensgebung hüllen wir mal lieber das Tuch des Schweigens, was Turbine mit ihrem aktuellen Mediabook-Release zum Glück auch getan haben. Ob der Film nun gut gealtert ist, erfahrt ihr nach einem kurzen Sprung hinter die Geländeabsperrung.

Trespass 1992 Filmkritik
King James (Ice-T) udn seine Gang // © Universal Pictures

Inhalt

Die beiden Feuerwehrmänner Vince (Bill Paxton) und Don (William Sadler) entdecken bei einem Hausbrand einen verrückten Mann, der etwas von Kirchengold und Sünde vor sich hinmurmelt. Kurz bevor er sich den Flammen hingibt, überlässt er den verwirrten Rettern in Not seine Schatzkarte. Vince und Don können etwas Extraknete gebrauchen und machen sich die 200 Meilen auf den Weg nach St. Louis. Hier wird aber nicht in der Wüste nach dem Schatz gegraben, sondern das Vermögen soll sich direkt in einer verlassenen Gewerbe-Siedlung befinden. Problem ist jedoch, dass diese Gegend King James (Ice-T) und seiner Gang gehört. Die beiden „Weißkäse“ stolpern mit Spitzhacke und Metalldetektor auch noch direkt in eine tödlich verlaufende Geiselübergabe. Sie verschanzen sich daraufhin in einer Wohnung und fürchten nun um ihr Leben. Der Schatz ist bereits vergessen, denn ihre Gegner sind nicht nur modisch gekleidet und hören Rap-Musik, sondern sind auch bis an die Zähne bewaffnet.

Trespass 1992 Filmkritik
Bill Paxton als Vince und William Sadler als Don // © Universal Pictures

Frisches im Alten

Den Handlungsort einer Schatzsuche in ein verlassenes Stadtviertel zu verlegen, ist wirklich ungewöhnlich. TRESPASS ist natürlich viel mehr ein Actionfilm als ein Abenteuerfilm, aber die Ruinen, die auch von Kameramann Lloyd Ahern schön bebildert werden, lassen an Kindertage erinnern, als man in seiner Freizeit noch gern durch verlassene Häuser gestreift ist. Ungewöhnlich für das Genre sind auch die ausgeprägten Persönlichkeiten. So entwickelt sich Don zu einem goldgierigen Verrückten ohne Gewissen und aus dem treuen Mitläufer Vince wird ein richtiger Held mit Initiative. Auch auf der Seite der Gegner kommen viele verschiedene Persönlichkeiten zum Vorschein. Die Figuren der Ice-Männer kämpfen um die Gang-Herrschaft und auch eine schrullige Michael Jackson-Version mit Mini-Colt darf belacht werden. Die Bande um King James hat nicht nur die coolsten Karren von Missouri, sondern sind auch modische Verbrecher, eine perfekte 90er-Jahre-Klamotten-Zeitkapsel. Kleiner witziger Seitenhieb ist, dass die Bösewichte mit Klapphandy inklusive Antenne besser ausgestattet sind als unserer zwei Buben vom Lande. King James koordiniert seine Leute dadurch besser, was jedoch in der Fülle von diesen Szenen etwas auf Kosten der Spannung geht.

Trespass 1992 Filmkritik
© Universal Pictures

Der Stil macht‘s

Kommen wir zum ungewöhnlichen Inszenierungsstil von Walter Hill, denn TRESPASS ist wie ein Musikvideo aufgezogen. Das zeigt sich vor allem in den Zwischenszenen, die von den Aufnahmen des Gang-Kollegen, mit dem passenden Namen Video, aufgenommen werden. Außerdem gibt es viele Einstellungen, in denen die Hauptfiguren direkt in die Kamera sprechen, wie in einem Rap-Musik-Video. Das führt uns auch zur Frage der Sprachwahl bei dieser Blu-ray. Wer den Film in deutscher Synchronisation schauen möchte, bekommt eine tolle Auswahl an bekannten Sprechern (u. a. Nicholas Cage) geboten und viele sinnfreie Sprüche wie „Meine Frau ist ein prima Kerl“ als Bonus. Wer den Film im Originalton schaut, dem werden die befeindeten Lager noch interessanter dargestellt. Der Dialog der Bad Guys, allem voran Ober-Bad-Guy Ice Cube, ist wie ein Rap-Battle gestaltet und die beiden Feuerwehrmänner schwafeln im Country-Slang daher. Eine richtige Empfehlung für eine Tonspur kann man nicht aussprechen, weil beides seinen Reiz hat.
Des Weiteren sind die Stunts toll anzusehen, es gibt die ein oder andere Zeitlupen-Todes-Flugszene und alle Personen agieren in ihrer Situation nachvollziehbar. Im Finale geht es noch heiß her und es gibt einige Mexican standoff, die zu Ende geführt werden. Warum TRESPASS immer noch ab 18 Jahren freigegeben ist, erschließt sich mir nicht, FSK 16 hätte völlig gereicht.

Trespass 1992 Filmkritik
© Universal Pictures

Das Mediabook

Trespass 1992 Filmkritik
Trespass Mediabook Cover C © Turbine

TRESPASS ist wie ein 101-minütiges 90er-Rap-Video in Breitwand. Der Film hat sicherlich so seine Ecken und Kanten, aber fristet etwas zu Unrecht ein unbekanntes Dasein. Turbine hat als Gegenwaffe ein wirklich umfassendes Mediabook in ihr Schaufenster gestellt. Das Bild ist ordentlich scharf und auch die Feuerszenen kommen im Kontrast kaum matschig daher. Der Ton ist in beiden Sprachen bestens und hat ein perfektes Dynamik-Verhalten. Die Extras sind zum großen Teil recht neu produziert und kommen auf über eine Stunde. Es lohnen sich auf jeden Fall die Interviews mit William Sadler, Bob Gale und Neil Canton. Robert Zemeckis wollte wohl mit diesem Film nichts mehr zu tun haben.

Trespass 1992 Filmkritik
Trespass Mediabook Cover B © Turbine

Featurettes, Hinter den Kulissen, Entfallene Szenen und das Musik-Video zum Titelsong runden das Paket ab. Lesenswert wird es im 24-seitigen Booklet. Tobias Hohmann klärt umfassend über die interessante Karriere von Regisseur Walter Hill auf. Das Mediabook gibt es in drei verschiedenen Covers, die jeweils auf 500 Stück limitiert sind.

Fazit

Trespass Mediabook Cover A © Turbine

Vielleicht mit seinen über 25 Jahren auf dem Buckel zu Filmbeginn etwas staubig, begeistert TRESPASS aber dann doch durch interessante Persönlichkeiten und jede Menge Spannung, bei der alles passieren kann. Hier kommt auch ein Polizeiwagen so überraschend um die Ecke, dass man, wie alle anderen, regelrecht verwirrt ist. Auch wenn die Musikvideo-Inszenierung etwas gewöhnungsbedürftig ist, trösten die Knochenbrecher-Stunts locker darüber hinweg. TRESPASS darf in keiner 90er-Jahre-Actionfilm-Sammlung fehlen und die Mediabooks von Turbine lassen ihn sogar zu einem Hingucker werden.

TitelDie Rap-Gang (1992)
OT: Trespass
RegisseurWalter Hill
Poster
ReleaseMediabook mit 3 vers. Covern (je 500 Stück)
im Turbine-Shop kaufen
Trailer
SchauspielerBill Paxton (Vince)
Ice-T (King James)
William Sadler (Don)
Ice Cube (Savon)
Art Evans (Bradlee)
DrehbuchBob Gale
Robert Zemeckis
KameraLloyd Ahern
MusikRy Cooder
SchnittFreeman A. Davies
Technische DatenBlu-ray
Bildformat: 1,85:1 (HD 1080p)
Tonformat: Deutsch & Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1. oder 2.0)
Untertitel: Deutsch & Englisch
Filmlänge101min
AltersfreigabeAb 18 Jahren freigegeben

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