„Lieblose Spielverfilmung“
Seit nun 22 Jahren springt, klettert und schießt sich die Figur Lara Croft durch das Tomb Raider Franchise von Abenteuer zu Abenteuer. Ursprünglich sollte die Figur für das damals neue Action-Adventure-Spiel Tomb Raider ein Mann werden. Um den Vergleich mit Indiana Jones aber zu umgehen, entwickelt der Designer Toby Gard kurzerhand die Figur um. Er erschafft somit ganz zufällig einen der wohl bekanntesten Game-Figur aller Zeiten. Es folgen unzählige Ableger des Originals, in dem mal mehr mal weniger die Ursprungsidee der alten Tempel und Ruinen aufgegriffen wird. Nachdem die letzten Spiele Anfang der Jahrtausendwende nur noch wenig Erfolg verbuchen konnten, wurde es lange Zeit ruhig um die Abenteurerin. Ausgelöst durch den Lizenzwechsel der Marke vom Publisher Eidos Interactiv zu Square Enix im Jahr 2009, erfindet sich die Marke. Ein erfolgreiches Reboot 2013 ist die Folge und Tomb Raider ist wieder in den Verkaufscharts ganz oben angelangt.
Neue Lara, altes Konzept
Das Figuren-Konzept der taffen, unerschrockenen Archäologin wird gewechselt zu einer frisch von der Uni kommenden Studentin. Die aufgeweckte und lebensfrohe Lara findet sich nach einem Schiffsbruch allein auf einer einsamen Insel gestrandet. Der alte Mix aus Kletter- und Rätselpassagen wird um einen knallharten Überlebenskampf erweitert. Hinzu kommen starke emotionale Momente und der moralische Selbstzweifel beim Töten um zu überleben, die der jungen Lara sehr zusetzen. Der neue Ton des Spiels kommt gut an und soll nun auch dem Filmuniversum neues Leben einhauchen. Als Prequel angesetzt, werden die zwei eher mittelprächtigen Filme von 2001 und 2003 mit Angelina Jolie außer Acht gelassen. Der neue Film und die Spielehandlung überschneiden sich streckenweise grob. Dabei versucht der Film aber eigenständige Handlungselemente einzubauen.
Handlung
Nach dem mysteriösen Verschwinden ihres Vaters und Konzernchef Robert Croft, weigert sich Lara Croft, nun verkörpert durch Alicia Vikander (THE DANISH GIRL, EX MACHINA), die Geschäfte des Croft-Konzerns weiter zu führen. Stattdessen schmeißt sie ihr Studium und hält sich als Fahrradkurier über Wasser. Angetrieben vom Zweifel am Tod ihres Vaters und bestätigt von einer versteckten Nachricht in seinem Nachlass, reist Lara auf eigene Faust nach Japan, um dort die Verfolgung der letzten verbleibenden Spur aufzunehmen. Dafür muss sie auf eine geheimnisvolle Insel inmitten des Schwarzen Meeres. Trotz aller Warnungen sticht Lara mit dem Schiffskapitän Lu Ren in die tückische See. Es beginnt das erste große Abenteuer der Heldin Lara Croft.
Abenteuer und Action sind auch die beiden Schlagwörter des Films: Schon in den ersten fünf Minuten des Films wird klar, Ruhepausen wird es kaum geben. So wirft sich die junge Lara von einem Sparring-Kampf im Boxstudio direkt in eine von Fahrradkurieren veranstaltete Verfolgungsjagd. Die Handlung nimmt sich wenig Verschnaufpausen und hastet von einem Schauplatz zum nächsten. Ausnahmen bilden hier nur die kurzen Rückblenden, in denen sich Lara an ihren Vater, Lord Croft, zurückerinnert. Wirkliche Tiefe bringt das den beiden Charakteren jedoch nicht. Das wäre an sich zu verschmerzen, wenn zumindest die Action den Film tragen würde. Leider lässt diese auch eher zu wünschen übrig. Geschwindigkeit und Adrenalin werden bei Stunts und Kampfszenen wie in fast allen modernen Filmen nur noch über schnelle Schnitte und CGI erzeugt. Besonders in lichtschwachen Momenten erkennt man nur noch schwer bis gar nicht, was auf der Leinwand passiert.
Muss es immer CGI sein?
Hinzu kommen die unschönen und vor allem unnötigen CGI-Hintergründe. Es gibt so gut wie keine Szenerie, die nicht durch den Computer erweitert wurde. Das wäre an sich kein Problem, wenn es nicht so unschön und künstlich aussehen würde. Es gibt mit Sicherheit genügend tropische Inselparadiese, in denen man das passende Setting gefunden hätte. Trotzdem wird an jeder sich bietenden Möglichkeit zur Animation gegriffen. Mit etwas mehr handgemachter Action hätte der Film sicher deutlich schöner ausgesehen. Wurde doch mit Alicia Vikander eine Hauptdarstellerin gecastet, die nicht nur vom Erscheinungsbild dem Polygon-Vorbild wirklich sehr ähnelt, sondern auch in Sachen Fitness und Akrobatik dem Original in Nichts nachsteht. Abseits der Sprung- und Klettereinlagen macht Alicia Vikander ihre Arbeit gut. So stellt sie im ersten Drittel des Films eine sympathische und zielstrebige Lara Croft dar. Problematisch und etwas zu schnell geschieht jedoch die Verwandlung der unerfahrenen jungen Frau zur taffen, fast schon eiskalten, Einzelkämpferin. Dieses Problem war auch schon großer Kritikpunkt am Spiel und wird auch im Film unzureichend beleuchtet.
Abseits der Hauptfigur, macht der Cast des Films seinen Job solide. Besonders Walton Googins spielt mit Mathias Vogel das, was er am besten kann: Einen undurchsichtigen, skrupellosen Bösewicht. Diese Rolle spielte er schon in der Serie JUSTIFIED und auch erst vor kurzem in THE HATEFUL EIGHT. Leider fehlt seiner Figur wie so vielen anderen im Film: Fleisch. Motive und Charakterbildung sucht man vergeblich. Bis auf ein paar Nebensätze bekommen die Figuren keine Hintergründe. Personen wie der Schiffskapitän Lu Ren (Daniel Wu), aber auch Lord Croft bleiben blass und belanglos. Die Charaktere sind nur Stationen, an denen Lara kurz vorbei hechtet und die danach jegliche Relevanz wieder verlieren. Eine witzige und erfrischende Ausnahme bildet der Cameo-Auftritt von Nick Frost. Dieser lockert die sonst eher steife Atmosphäre gekonnt auf. Wie die Nebencharaktere bleibt auch vom Score eher wenig im Gedächtnis. Generische Trommelrhythmen ertönen, wenn Lara durch den Dschungel gejagt wird.
Fazit
Vielleicht verlange ich einfach zu viel von dieser Videospielverfilmung. Gerade als Fan der Spiele sehe ich hier verschenktes Potenzial. Der Film macht vieles richtig und macht streckenweise auch wirklich Spaß. Man findet immer wieder kleine Dinge, die es aus dem Spiel in den Film geschafft haben. Trotzdem schafft er es nicht über das Mittelmaß hinaus und bleibt auch deutlich darunter. Es fehlt die Originalität, welche der ursprünglichen Spieleserie die Fans eingebracht hat. Die Produzenten hätten das Game spielen sollen, um zu verstehen was den Reiz von Lara Croft ausmacht. Dann wäre auch ein Film entstanden, der die Stärken des Tomb Raider-Feelings nimmt und daraus einen spannendes Action-Abenteuer macht.
Fragt sich, ob DIE NACKTE KANONE noch eine Chance auf einen Oscar hat / kann Käsekuchen nicht widerstehen / sollte ohne Korrekturlesen nichtmal ’ne SMS schreiben.