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Thunderbolts* (2025) – Filmkritik

„Wiedergutmachung“

Dunkle Zeiten stehen uns bevor. Nicht nur in der Politik klettern immer mehr arrogante Idioten an die Spitze der Regierungen, sondern auch das Kino ist mit seinen Geschichten in depressiver Stimmung: Die Science-Fiction ist zynisch-sarkastisch wie lange nicht mehr (MICKEY 17), das Biopic reine Fiktion mit dem Abgesang auf den Künstlererfolg (DER BRUTALIST) und der Kriegsfilm ist schonungslos ehrlich, ganz ohne Heldentum (WARFARE). Diesem düsteren kreativen Strudel kann sich auch das Marvel-Universum nicht entziehen. Außerdem muss dringend ein erfolgreicher Reboot der Hyperserialität in die Gänge kommen. Nach dem teilweisen Ableben der bunten Helden, voller Herz, Freundschaft und Schabernack – das Comic-Unterhaltungskino schwer wiederzubeleben. Groß sollte es mit der Kang-Phase zu neuen Höhenflügen aufsteigen, doch als Darsteller Jonathan Majors Ende 2024 eine Zivilklage wegen häuslicher Gewalt am Laufen hatte, trennte sich das Studio von ihm. Marvel stand ohne Endgegner und ohne Finale da. Wenn es mit der Stammbesetzung nicht klappt, spielt man einfach mit der B-Mannschaft. Für manche hat es sogar zur Miniserie auf Disney+ geschafft und manche blieben für immer in den Nebenrollen der Kinofilme hängen. Das ist nun aber vorbei. Die THUNDERBOLTS* bringen ein paar Figuren mit zweifelhaftem Charakter und dunkler beruflicher Vergangenheit auf die große Leinwand. Entspricht diese Art von Assembling unserem derzeitigen Zeitgeist? Und kommen die Marvelfilme endlich wieder auf Augenhöhe mit ihrem Publikum? Beides kann mit einem zarten Ja beantwortet werden.

© MARVEL

Handlung

Man will gar nicht groß die Handlung ausführen. Es soll spannend bleiben, auch für die, die den Trailer gesehen haben. Deswegen nur kurz der Beginn: Yelena, die aktuelle Black Widow (Florence Pugh) ist es leid, die Auftragskillerin zu sein. Ihrer Auftraggeberin, der CIA-Direktorin Valentina Allegra de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus), sagt sie, dass sie etwas mehr ins Rampenlicht möchte, um für ihre Arbeit Anerkennung zu bekommen. Sie soll aber noch einen letzten „Reinigungsauftrag“ ausführen. Problem ist jedoch, dass sie nicht die einzige Killerin am Zielort ist. John Walker (Wyatt Russell), Ghost (Hannah John-Kamen) und Taskmaster (Olga Kurylenko) sind ebenfalls da. Sie haben alle denselben Auftrag: Umbringen, wer sich dort befindet. Jedoch lassen es Valentina und ihre Assistentin Mel (Geraldine Viswanathan) nicht darauf ankommen und verwandeln den ganzen Ort in einen Heizofen, aus dem es kein Entkommen gibt. Doch dann taucht ein Unbekannter auf, der sich Bob (Lewis Pullman) nennt. Er kann sich nicht erinnern, wie er dort hingekommen ist, aber dafür schlummern in ihm enorme Kräfte.

© MARVEL

Das ist noch gut, das kann man behalten

Schon etwas ironisch, wie die neue Heldgruppe eigentlich in einer großen Müllverbrennungsanlage zusammenkommt, da die CIA keine Verwendung mehr für sie hat. Ganz im Sinne des Marvelstudios: Große Aufräumaktion, um dann etwas Neues zu starten. Aber wie das beim Aufräumen ist, man entdeckt Gegenstände wieder, samt der damit verbundenen Erinnerungen und kann sich schwer davon trennen. Hier haben die Figuren jedoch einen Eigenwillen entwickelt und befreien sich aus dem Papierkorb. Und so passt das in die Handlung: Der Winter Soldier James Barnes (Sebastian Stan) will die Direktorin ihres Amtes entheben. Da muss Valentina ein paar Indizien verschwinden lassen, inklusive Personal.

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Alle sind ein bisschen schlecht drauf. Einzelgängerinnen und Einzelgänger haben diverse Traumata in ihrer Psyche vergraben. Und genau hier setzt Robert aka. Bob an, der sich durch Berührung in die depressiven Gedanken seines Gegenübers hineinversetzen kann. Zugegeben hier wird keine oscarreife Charakterisierung erzählt, aber gewährt uns einen emotionalen Zugang. Menschen kommen über ihre Leiden zusammen, verstehen einander. Das klingt hier viel tiefgründiger als es am Ende auf der Leinwand erzählt wird, doch es gibt zumindest etwas zum Nachdenken, wenn so mancher Witz verpufft oder Alexei Shostakov (David Harbour), der Red Guardian, beginnt etwas zu nerven.

© MARVEL

Weniger ist mehr

THUNDERBOLTS* verbiegt sich nicht und will nicht mit jeder Menge bunter Effekte ablenken. Die Drehorte lassen sich fast auf zwei reduzieren. New York kommt als dunkle Version wieder zum Vorschein. Dank der fehlenden oder geringen Superkräfte kommt auch wieder das Gefühl eines richtigen Kampfes auf, auch wenn der Gegner scheinbar grenzenlos stark, wie ein Superman daherkommt. Das stellt natürlich für die Marketingstrategen wenig Content zur Verfügung und das Werbematerial war noch nie so farblos wie zu diesem Film, aber es passt zur aktuellen medialen Stimmung. Jetzt ist nicht die Aufgabe des Kinos schlechte Laune zu verbreiten, sondern Hoffnung zu geben. Auch hierfür gibt es in THUNDERBOLTS* ein paar dezente Angebote.

© MARVEL

Fazit

Wenn man den ganzen Universum-Überbau und den Willen den fetten Reibach an der Kinokasse zu machen, weglässt, ist THUNDERBOLTS* ein kleine, feine Comicverfilmung geworden, die sich etwas mehr um das Seelenheil ihrer Figuren kümmert. Das kann man gut finden oder nicht, so etwas muss jeder für sich selbst entscheiden.

© Christoph Müller

Titel, Cast und Crew Thunderbolts* (2025)
Poster
ReleaseKinostart: 30.04.2025
RegieJake Schreier
Trailer
BesetzungFlorence Pugh (Yelena Belova / Black Widow)
Lewis Pullman (Robert „Bob“ Reynolds / Sentry / Void)
David Harbour (Alexei Shostakov / Red Guardian)
Wyatt Russell (John Walker / U.S. Agent)
Hannah John-Kamen (Ava Starr / Ghost)
Sebastian Stan (James Buchanan „Bucky“ Barnes / Winter Soldier)
Julia Louis-Dreyfus (Valentina Allegra de Fontaine)
Geraldine Viswanathan (Mel)
Chris Bauer (Holt)
Olga Kurylenko (Antonia Dreykov / Taskmaster)
Wendell Pierce (Kongressabgeordneter Gary)
Violet McGraw (junge Yelena Belova)
DrehbuchEric Pearson
Joanna Calo
MusikSon Lux
KameraAndrew Droz Palermo
SchnittHarry Yoon
Angela Catanzaro
Filmlänge127 Minuten
FSKab 12 Jahren

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