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The Survivor (2021) – Filmkritik

„Überleben um jeden Preis“

Boxen kann man aus vielen Gründen: für Ruhm, für Geld oder um sich lebendig zu fühlen. In THE SURVIVOR boxt die Hauptfigur Harry Haft aus einem sehr persönlichen Grund und es ist ein guter, denn die besten Kämpfe hat Haft längst hinter sich. Der Film von Barry Levinson (RAIN MAN, SLEEPERS), der auf wahren Begebenheiten beruht, ist kein Boxerfilm im herkömmlichen Sinne, sondern ein Überlebensfilm und er beschäftigt sich mit der Frage: Wie weit ist man bereit zu gehen, um zu überleben.

© Leonine Studios

Handlung

Die Boxkämpfe von Harry Haft (Ben Foster) sind nur noch Niederlagen. Doch sein Ziel ist es nicht zu gewinnen, er will möglichst viel Aufmerksamkeit bekommen. Haft hat den Zweiten Weltkrieg als polnischer Jude in Gefangenschaft nur überlebt, weil er gegen Mithäftlinge zur Unterhaltung der Offiziere kämpfte. Jetzt in den 1950er-Jahren boxt er um so berühmt zu werden, dass ihn seine große Liebe Leah (Dar Zuzovsky) in New York wiederfindet. Beide wurden in der NS-Zeit getrennt und Harry fühlt, dass sie noch lebt. Ein großer Kampf muss her und den bekommt er, wenn er einem Reporter (Peter Sarsgaard) von seiner Vergangenheit erzählt und von den vielen Kämpfen im Konzentrationslager, die den Tod für seine Gegner bedeuteten.

© Leonine Studios

Boxen ist nicht wichtig

Die große Stärke von THE SURVIVOR ist, dass er auf mehreren Eben berührt und die Erwartungen des Publikums unterwandert. Dem Genre des Boxfilms mangelt es nun wahrlich nicht an Beispielen und dieser Film ist auch nur oberflächlich ein Vertreter. Es ist im Kern die Geschichte eines jüdischen Häftlings der dem Tode geweiht in einem Konzentrationslagen überlebt, weil er gegen seinesgleichen kämpft und sie als Sieger in den Tod schickt. Überleben wird dadurch moralisch hinterfragt, was ist richtig und was ist falsch. Diesen Aspekt arbeitet vor allem Hauptdarsteller Ben Foster heraus. Ihm ist egal, was die Menschen über ihn denken, er will überleben, um seinen Bruder zu schützen und seine große Liebe wiederzutreffen. Die Szenen in der Vergangenheit sind in Schwarzweiß gedreht und sollen so dokumentarische Authentizität bekommen – man denke nur an DER HAUPTMANN (2017). Doch die Bilder sind meist zu scharf und wirken zu real, obwohl sie die Erinnerungen und viel mehr das Trauma der Hauptfigur bezeugen sollten. Aber vor allem die Szenen mit SS-Offizier Dietrich Schneider (Billy Magnussen) zeigen gute Dialoge in dieser ungewöhnlichen Beziehung.

© Leonine Studios

Harry Haft lernt das Boxen bei einem SS-Offizier, wird dann in New York von einem Lateinamerikaner (John Leguizamo) trainiert und später sogar noch kurz von einem jüdischen Trainer unterwiesen. So etwas würde spannend für die filmische Aufarbeitung seiner Boxtechnik sein, aber THE SURVIVOR ist ein Drama und keine Happy-End-Sportfilm. Gewinnen ist nicht wichtig und der Begriff Überleben bekommt eine neue Dimension. THE SURVIVOR hinterfragt aber auch diese Ebene mit der Welt des jüdischen Glaubens und einer neuen Liebe zu Miriam Wofsoniker (Vicky Krieps), der es gelingt Harry ein Leben zu ermöglichen, auch wenn die Schuld schwer auf seiner Seele lastet und keinen guten Ehemann bzw. Vater hervorbringt.

© Leonine Studios

Filmgeschichte und Boxgeschichte

Das Biopic basiert auf einer wahren Geschichte und bekommt durch den Kampf gegen Rocky Marciano historische Relevanz. Marciano ist eine Boxlegende, der ungeschlagen in den Ruhestand ging und fast immer seine Gegner auf die Bretter schickte. Der Moment in dem Harry von Rockys Trainer Charlie Goldman (Danny DeVito) für zwei Tage trainiert wird, ist besonders herausragend, da hier die Außenseiter der USA (Juden, Afro- und Lateinamerikaner) an einen Tisch kommen. Aber auch die Szenen zwischen Harry und Miriam sind starke Momente voll hervorragendem Schauspiel, auch Dank Vicky Krieps (CORSAGE, DER SEIDENE FADEN). Ben Foster senkte sein Gewicht um 30 Kilo, nahm Boxunterricht und die Maskenbildner veränderten ihn für die späteren Zeitebenen zu einem übergewichtige Ex-Boxer mit schiefer großer Nase und traurigem Gesicht. Fosters Stärke sind vor allem seine Augen und dass er die Figur zwar unsympathisch anlegt, ihr jedoch Raum für Mitleid und Verständnis zukommen lässt. Foster ist sowieso einer der besten (Neben)-Darsteller die Hollywood zu bieten hat (HELL OR HIGH WATER, FEINDE – HOSTILES). Seine Darstellung erinnert auch an die legendäre Darbietung von Robert De Niro als Chauvinist Jake La Motta in WIE EIN WILDER STIER (1980).

© Leonine Studios

Fazit

Die Figur von Danny DeVito bringt die Essenz von THE SURVIVOR auf den Punkt: „Sie können nicht gewinnen, sie können nur überleben.“ Es gibt weder ein Richtig noch ein Falsch im tragischen Leben von Harry Haft. Und das bringt der Film mit seiner Vielzahl von Zeitebenen authentisch rüber.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewThe Survivor (2021)
Poster
Releaseseit dem 04.11.2022 auf Blu-ray und DVD erhältlich.

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RegisseurBarry Levinson
Trailer
BesetzungBen Foster (Harry Haft)
Billy Magnussen (Dietrich Schneider)
Saro Emirze (Perez Haft)
Kingston Vernes (Alan Haft)
Sophie Knapp (Helene Haft)
Danny DeVito (Charlie Goldman)
Vicky Krieps (Miriam Wofsoniker)
Peter Sarsgaard (Emory Anderson)
Dar Zuzovsky (Leah)
John Leguizamo (Pepe)
DrehbuchJustine Juel Gillmer
KameraGeorge Steel
MusikHans Zimmer
SchnittDouglas Crise
Filmlänge130 Minuten
FSKab 12 Jahren

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