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The Paper Tigers (2020) – Filmkritik

Sich mit seinem kindlichen Ich auseinanderzusetzen, kann eine Herausforderung sein. Vor allem, wenn man sich weit von den früheren Leidenschaften und Hobbys entfernt hat. Die damaligen besten Freunde hat man seit Jahren nicht mehr gesehen, die Erinnerungen schimmeln in Pappkartons in der Garage und das Alter schreitet im Spiegel unaufhörlich vor sich hin. THE PAPER TIGERS erzählt von drei fast vergessenen Jungs, die in Jugendjahren zu den besten Kung-Fu-Kämpfern der Stadt gehörten und jetzt als Erwachsene sich weit davon entfernt haben. Der Martial-Arts-Streifen bietet Kämpfe und stellt existenzielle Fragen und verbastelt das Ganze in einer typischen Kampfsportfilm-Handlung. Das klappt oberflächlich ganz gut, zeigt aber immer wieder die Unerfahrenheit des Regisseurs, die sich in einigen Szenen zu Langeweile hin entwickelt. Das kann aber vor allem dem simplen Drehbuch angekreidet werden, wie auch der sehr unsympathischen Hauptfigur.

Handlung

Meister Cheung (Roger Yuan) wurde in der dunklen Gasse hinter seinem Restaurant von einem unbekannten Kung-Fu-Kämpfer eiskalt ermordet. Das bringt seine damaligen Schüler wieder zusammen. In den 90er-Jahren haben die drei „Paper Tigers“ die Gegend unsicher gemacht und jedem der sie zu einem Kampf herausgefordert hat, ordentlich aufgemischt. Doch die Kämpfe und Videoaufnahmen der damaligen Zeit sind längst Geschichte. Hing (Ron Yuan) lebt von seiner Invalidenrente, nach einem Arbeitsunfall auf der Baustelle. Jim (Mykel Shannon Jenkins) trainiert arrogante, junge Vollkontaktkämpfer. Der damaligen Musterschüler wie auch offizielle Nachfolger der Kung-Fu-Schule ist Danny (Alain Uy), der seinen Kampfkünsten den Rücken gekehrt hat. Er steckt in einer alltäglichen Stress-Spirale als Versicherungsverkäufer und Teilzeit-Dad. Beides klappt nicht wirklich. Widerwillig raufen sich die drei Tiger wieder zusammen, versuchen alte Konflikte beizulegen und den Mörder ihres Sifus zu finden. Doch das geht nicht ohne ein paar Kicks, blaue Flecken, jede Menge Faustschläge und der Erkenntnis nicht mehr die Jüngsten zu sein.

Midlifecrisis

Ein Kung-Fu-Film mit Midlifecrisis möchte man meinen, aber THE PAPER TIGERS ist vielmehr eine Ehrerbietung gegenüber den Leidenschaften, die man als junger Mensch hatte. Zeit schien unermesslich und Muskelkater hat man kaum bemerkt. Die Actionkomödie beginnt auch mit coolen VHS-Tapes der drei jungen Schüler und ihren Kämpfen nach Schulschluss. Die Retro-Amateurvideos haben den nötigen Biss, leiden aber am prolligen Gehabe und Gequatsche vor der Kamera. So richtig sympathisch werden die Jungs nicht. Oder kann sich jemand mit den besten Kämpfern, die meist oberkörperfrei andere besiegen, identifizieren? Das Genre lebt von seinen Underdogstories und das wusste selbst der sich am meisten liebende Bruce Lee, der in seinen Filmen stets einer Übermacht gegenüberstand.

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THE PAPER TIGERS spult nach dem kleinen Prolog zügig in die Gegenwart und zeigt die alten Tiger. Rundlich, verletzt und untrainiert, scheint ihnen Kung-Fu nichts mehr zu bedeuten. Man will wissen, warum und ein damaliger Streit soll die Ursache sein. Das nimmt man ihnen als Grund für den Freundschaftsbruch ab, jedoch nicht, warum sie die Kampfkunst nicht mehr weiterführen. So werden die drei, mit Danny als Anführer zu den Unterdogs, die sich langsam den Weg zum Mörder ihres Meisters erkämpfen müssen. Das gelingt ruppig mit flachen Jokes, knappen Siegen und den Problemen des Älterwerdens.

Protagonist Danny bleibt von Beginn bis zum Ende durchweg unsympathisch. Als Vater ist er ein Egoist, wie auch als Freund und Ex-Ehemann. Man kann nicht einmal sagen, dass er es gut meint und dennoch scheitert. Er wirkt wie ein Wissender, der seine Auferstehung als bester Kämpfer im Finale bereits kennt. Das Drehbuch sorgt dafür und er muss sich nicht weiter ins Zeug legen. Auch der Weg dorthin ist im Hinblick auf die vielen tollen Trainingssequenzen, die das Genre so liebt, nicht erkennbar. Einen Tennisball an einem Gummiband zu boxen und seinem Sohn zu erklären, wie man eine Faust macht, ist für filmische Unterhaltung zu wenig.

Von allem etwas

Die Prämisse ist nicht verkehrt und findet auch im Sohn von Danny eine tiefere Ebene. Doch die wird – man in der ersten Staffel von COBRA KAI gesehen, dass so etwas gut erzählt werden kann – nicht genutzt. Dafür baut man lieber eine Muskelversion von Ben Stiller mit schlechten Witzen ein und einen übermenschlichen Bösewicht, dessen Vergangenheit keine würdige Erwähnung findet. Hin und wieder erwischt man sich sogar bei den Gedanken, welchem Handlungsaspekt man lieber folgen würde. Die drei Köche zum Beispiel, die Sifu nicht unterrichten wollte, dennoch akrobatisches Kung-Fu können, das wäre doch ein guter Handlungsstrang. Außerdem wird die Vater-Sohn-Geschichte kaum weiterentwickelt bis auf das Happy End.

© Capelight Pictures

Fazit

Es bleibt der Eindruck, etwas Unausgewogenes gesehen zu haben. Dabei hat THE PAPER TIGERS jede Menge Themen für gute dramatische Momente, aber auch coole Martial-Art-Fights zu bieten. Es scheitert jedoch am arroganten Hauptcharakter und der unfokussierten Szenenbeschreibung im Drehbuch. Als Debütfilm von Quoc Bao Tran sehr solide und ohne groben Fehler, verursacht jedoch keine bleibende Erinnerung.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewThe Paper Tigers (2020)
Poster
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RegisseurQuoc Bao Tran
Trailer

Englisch
BesetzungAlain Uy (Danny)
Ron Yuan (Hing)
Mykel Shannon Jenkins (Jim)
Matthew Page (Carter)
Roger Yuan (Sifu Cheung)
Yuji Okumoto (Wing)
Jae Suh Park (Caryn)
Andy Le (Fu)
Brian Le (Boi)
Yoshi Sudarso (Teenager Danny)
Peter Adrian (Teenager Hing)
Gui DaSilva-Greene (Teenager Jim)
Ken Quitugua (Zhen Fan)
Raymond Ma (Sifu Wong)
DrehbuchQuoc Bao Tran
KameraShaun Mayor
MusikDaniel L.K. Caldwell
SchnittKris Kristensen
Filmlänge110 Minuten
FSKab 12 Jahren

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