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The Garbage Pail Kids® Movie (1987) – Filmkritik

Verwundertes Augenreiben ist untertrieben, man möchte sich förmlich über die Augenlieder kratzen, wenn man diesen „Familienfilm“ aus den 1980er-Jahren zu sehen bekommt. THE GARBAGE PAIL KIDS® MOVIE ist ein Unfall von einer Filmproduktion mit Totalschaden für Crew und Publikum. Als reiner Markenfilm, um den hauseigenen Verkauf von Sammelkarten des Rechteinhabers, der Süßwarenfirma Topps Chewing Gum, Inc., anzukurbeln, produzierten Orion Pictures und MGM diesen Kinoflop. Immer wieder findet man den Film von Rob Amateau in Listen der schlechtesten Filme aller Zeiten und die damaligen Kritiken gaben durch die Bande weg Daumen nach unten. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum sollte man sich diesen Film heute noch antun? Es sind über 30 Jahre vergangen und allein in dieser Zeit sind hunderte Filme entstanden, die sehenswerter sind und ich rede hier nicht mal von den guten. Wenn man jetzt nicht unbedingt dem Kultcharakter folgt, den sich THE GARBAGE PAIL KIDS® MOVIE über die Jahre aufgebaut hat, gibt es eigentlich nur einen Grund es dennoch zu tun. Nach dem Abspann spürt man förmlich wieder, wie das eigene Leben zurückkehrt, man von diesem Desaster seine Augen lösen kann und endlich wieder frei ist. Ich bin mir sicher, mit dieser Einleitung gibt es einige unter euch, die jetzt noch umso neugieriger auf den Film sind. Aber selbst dieser kleine Müllhaufen hat irgendwo das Herz am richtigen Fleck und kämpft auf seine seltsame Weise gegen Unterdrückung.

© Capelight Pictures

Handlung

Der Weltraum, unendliche Weiten werden von einer fliegenden Mülltonne durchkreuzt. Sie landet direkt auf unserem Planeten und sorgt mit ihrem Inhalt aus grünem Schleim und unbekannten Lebensformen für Schrecken auf der Erde. Na ja, zuerst müssen sie erstmal aus der Blechtonne raus, denn der aktuelle Besitzer des Ufos ist der Antiquitätenhändler Captain Manzini (Anthony Newley). Der weiß, welche Schmuddelkinder sich darin befinden, und verschließt erstmal den Deckel.

© Capelight Pictures

Der Junge Dodger (Mackenzie Astin) arbeitet neben der Schule im Manzinis Laden und nutzt die Abgeschiedenheit, um sich vor einer Bande Rowdys zu verstecken. Zur Dumpfbacken-Bande aus Proleten feinster Oberflächlichkeit gehört auch die hübsche Tangerine (Katie Barberi), in die der gute Dodger restlos verliebt ist. Durch einen Unfall im Landen, fällt die extraterrestrische Mülltonne aus dem Regal und die Schmuddelkinder sind frei. Eine Gruppe Kleinwüchsiger mit charakterisierenden Namen verkörpern jede Art von Anti-Benehmen und Gesellschaftsunfähigkeit. Ein Krokodil namens Ali Gator hat es zum Beispiel auf leckere Menschenzehen abgesehen, Windy Winston erlangt Aufmerksamkeit durch stürmische Darmwinde und Valerie Vomit leidet unter Würfelhusten und Schnoddernase. Alle sind natürlich total hibbelig und wollen raus in die echte Welt, doch für sie heißt es erstmal ab in den Keller. Dann stellt sich heraus, dass die Bande den Zeitgeist der Mode trifft und tüchtig an der Nähmaschine ist. Dodger lässt sich von ihnen coole Jacken schneidern, um bei der langbeinigen Tangerine Eindruck zu machen. Aber irgendwann halten es die Garbage Pail Kids® nicht mehr aus.

© Capelight Pictures

Die inneren Werte zählen

Was THE GARBAGE PAIL KIDS® MOVIE, der in Deutschland auch unter dem Namen DIE SCHMUDDELKINDER bekannt ist, so besonders macht, ist seine wirre Story, die unsympathischen Titelhelden und der fehlende Unterhaltungswert. Bei sonstiger Trashfilmware kommt der Spaß durch Logikfehler, blöde Sprüche und günstige Effekte zu Stande, zum Beispiel wie in DIE RÜCKKEHR DER KILLERTOMATEN (1988). Hier verlässt jedoch die Produktion so gut wie nie die paar Quadratmeter Studiogelände und zelebriert genüsslich jeden Kalauer, der in Zeitlupe um die Ecke schleicht. Dennoch befindet sich unter dieser stumpfen Oberfläche eine moralische Botschaft. Die Kids mit ihren Problemen aus schlechten Gerüchen, seltsam fremden Körperflüssigkeiten und wildem Benehmen verkörpern geradezu die Anfänge der Pubertät und die Rebellion gegen die Sitten der Erwachsenen. Vor allem heute in der Welt der „Schön-Fluencer“ und digitalen Selbstportrait-Filtern ein angenehmes Eingeständnis zum nicht perfekt sein. So war zumindest damals unterschwellig auch das Programm mit den Stickern gedacht.

© Capelight Pictures

Der Film zur Sammelkartenreihe

Ja, richtig gehört: THE GARBAGE PAIL KIDS® MOVIE basiert auf einer amerikanischen Sammelkartenreihe. Ausgedacht von Satirezeichner Mark Newgarden stellen die Sammelkarten der Garbage Pail Kids eine absichtliche Parodie auf die damals so beliebten „Cabbage Patch Kids“ dar. Das waren Puppen mit enormer Nachfrage in den 80ern der USA. Endlose Schlangen gab es vor den Spielzeuggeschäften, um die beliebten Figuren zu kaufen. Aus süß und unschuldig wurde durch die Kartenreihe der Firma Topps schräg und unansehnlich. Das drohende Verbot der Eltern und das Unbehagen bei Schullehrern sorgte noch viel mehr dafür, dass die Kids die Sammelkarten mit den „Mülleimer-Kindern“ haben wollten. Willst du Aufmerksamkeit auf etwas lenken, dann verbiete es. Und da man die Aufmerksamkeit und den schnellen Dollar nicht liegen lassen wollte, engagierte man Regisseur Rod Amateau und beendete mit diesem Film auch seine Karriere.

© Capelight Pictures

Der Ekel für zu Hause

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Neben der Entstehung des Films ist viel interessanter, warum „so etwas“ eben auch zur Kultur der 80er gehört. Dank des 2024 veröffentlichten Mediabooks von Capelight Pictures mit erstmaliger Blu-ray- und DVD-Auswertung in Deutschland und jede Menge Bonusmaterial erhält man einen Einblick, was es bedeutet ein Film mit einer Kritiker-Score von 0% bei Rotten Tomatoes zu sein. Das darin enthaltene Booklet von Kulturwissenschaftler Marco Heiter bringt Struktur in dieses Chaos und führt auf, wo auch die Stärken von THE GARBAGE PAIL KIDS® MOVIE liegen. Durch seine begleitenden Ausführungen ist der Schmerz über diesen Film dann doch nicht mehr so stark und man schließt seinen Frieden mit dem Seherlebnis. Für alle, die noch mehr über die Firma hinter der Marke und den kreativen Prozess erfahren wollen, gibt es in diesem limitierten Mediabook noch eine Bonus-Blu-ray mit der 2017er Dokumentation 30 YEARS OF GARBAGE: THE GARBAGE PAIL KIDS STORY. Mit 117 Minuten vielleicht etwas zu lang, aber jede Minute ist mit Informationen gefüllt. Deswegen gibt es dieses Mal die Bewertung für die Edition mit: Film = pfui, Release = hui.

© Capelight Pictures

Fazit

Allen steht frei, wie sie ihre Filmzeit verbringen möchten. Aber seid gewarnt: THE GARBAGE PAIL KIDS® MOVIE schaut man nur einmal, wenn man es überhaupt bis zum Ende durchhält. Aber mit dem richtigen Begleitprogramm wie der Dokumentation von 2017 und einem lesenswerten Essay gleicht man diese Zeitverschwendung aus und findet selbst in diesem Müllhaufen ein paar interessante Fundstücke.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewThe Garbage Pail Kids Movie (1987)
dt. Titel: Die Schmuddelkinder
Poster
Releaseseit dem 25.04.2024 im Mediabook (Blu-ray+DVD) und auf DVD erhältlich.

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RegieRod Amateau
Trailer
BesetzungMackenzie Astin (Dodger)
Anthony Newley (Captain Manzini)
Katie Barberi (Tangerine)
Ron MacLachlan (Juice)
DrehbuchRod Amateau
Melinda Palmer
KameraHarvey Genkins
MusikMichael Lloyd
SchnittLeon Carrere
M. Edward Salier
Filmlänge97 Minuten
FSKab 12 Jahren

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