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The Exorcism of God (2021) – Filmkritik

William Friedkins Klassiker DER EXORZIST (THE EXORCIST) aus dem Jahre 1973 als Mutter aller Exorzisten-Filme zu bezeichnen ist sicherlich nicht übertrieben. Bei seinem Erscheinen krempelte er nicht nur das Horrorgenre auf Links, sondern sorgte auch noch für etliche Skandale und eine erste Welle von Nachzüglern mit zum Teil zweifelhafter Qualität. Zu Beginn des neuen Jahrtausends schlug die Beliebtheitsskala für Exorzisten- und Besessenenfilme erneut aus und überschwemmte auf gewohnte Art den Markt, qualitativ wurde alles geboten, was vorstellbar ist. Überwiegend jonglierten diese Produktionen mit den altbekannten Themen, die meistens mit geringem Budget auf Zelluloid gebannt wurden, nur weit schlechter als etliche Male zuvor.

The Exorcism of God (2021)
© EuroVideo Medien GmbH

Doch wer genau hinschaut, wird die ein oder andere positive Ausnahme entdecken. Durchaus gelungene Beispiele wären etwa CONSTANTINE (2005), DER EXORZISMUS VON EMILY ROSE (2005), THE RITE – DAS RITUAL (2011), POSSESSION – DAS DUNKLE IN DIR (2012), CONJURING – DIE HEIMSUCHUNG (2013) oder INCARNATE – TEUFLISCHE BESSESSENHEIT (2016). Hier werden die bekannten Topoi mit neuen, eigenen Ideen vermischt und erweitern das Genre auf intelligente Art und Weise. Doch so langsam nähert sich dieses Hoch seinem Ende und der ein oder andere Nachzügler sucht einen letzten Platz in einer schnellen Veröffentlichung für das Heimkino. Einer davon ist THE EXORCISM OF GOD. Für den aus Venezuela stammenden Alejandro Hidalgo ist es sein zweiter Spielfilm. Schon mit seinem Debüt-Horrorfilm THE HOUSE AT THE END OF TIME (2013) konnte er aufgrund der ungewöhnlichen Thematik begeistern. Neben seiner Arbeit als Regisseur ist er vor allem als Drehbuchautor und Produzent tätig.

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Zu Beginn von Hidalgos Exorzisten-Film gibt es den berechtigten Kniefall vor Friedkins Meisterwerk: Es ist finstere Nacht. Ein Priester steht mit seinem Köfferchen vor einem unheimlichen Haus, zwei Fenster sind beleuchtet und eine einsame Straßenlaterne erhellt diesen kleinen Teil der finsteren Straße. Genau diese bekannte Szene des Kinoplakats von DER EXORZIST, die uns allen so gut bekannt ist. Doch nicht nur das erwartet uns gleich zu Beginn, auch im Inneren des Hauses treffen wir auf Bekanntes. Allerdings kommt der Kotzstrahl erst am Ende zum Einsatz.

Handlung

Der amerikanische Priester Peter Williams (Will Beinbrink) wird für seine Wohltätigkeitsarbeit in Mexiko von den Gemeindemitgliedern als Heiliger verehrt. Doch niemand ahnt, dass Williams ein dunkles Geheimnis in sich versteckt, das ihn nach und nach zerstört. In jungen Jahren führte er einen verbotenen Exorzismus durch, dessen Nachwirkungen achtzehn Jahre später ans Licht der Öffentlichkeit drängen. Williams wird von seinen Sünden und Fehlern eingeholt und bekommt die Gelegenheit, sich in einem letzten Kampf seinen Dämonen zu stellen.

The Exorcism of God (2021)
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Der Wolf im Schafspelz

Damit ist aber auch genug des Altbekannten und der Huldigungen. Im weiteren Verlauf folgt THE EXORCISM OF GOD einem neuen Pfad und erweitert das Sub-Genre um einige interessante Aspekte, die es durchaus in sich haben. Vordergründig geht es um unseren in Sünde gefallenen Priester im Kampf gegen seinen persönlichen Dämon. Im Hintergrund allerdings, schwelt das Thema des Machtmissbrauches im Allgemeinen und des sexuellen Missbrauchs im Einzelnen, der die katholische Kirche nun schon seit Jahren beschäftigt und immer weitere Kreise zieht. Weiterhin finden wir Szenen, in denen eine deutliche Verbindung zwischen Armut und Krankheit hergestellt und angeprangert wird. Eine ähnlich kritische Auseinandersetzung mit dieser Thematik hatten wir zuletzt in dem britischen Gruselschocker THE POWER (2021). Und so kann Alejandro Hidalgo‘s THE EXORCISM OF GOD auch viel mehr als Mischung aus Drama und Horror verstanden werden.

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Das Set-Design ist überwiegend dunkel gehalten, was zur finsteren Atmosphäre passt. Vor allem die Maskenbildner liefern von Beginn an hervorragende Arbeit und können zu allen Phasen der Handlung Glanzpunkte setzen. Bei den „Special-Effects“ lief es nicht so gut, besonders auffällig wird das im finalen Kampf, wenn sich Esperanza an Wänden und Decken wie eine Spinne bewegt. Kameramann Gerard Uzcategui führt uns mit Bedacht, aber zielgerichtet durch die üppigen und teilweise prachtvollen Kulissen. Immer am Rande des Zwielichts, kurz vor dem Absturz in die bodenlose Hölle. Nichts macht hier den Eindruck von hektischer Improvisation oder schnellen, unbedachten Lösungen, wie es durchaus bei kostengünstigen Produktionen gelegentlich vorkommt. Die Handlung ist packend erzählt und hält den Zuschauer jederzeit bei der Stange. Gleiches kann von den erfahrenen Darstellern berichtet werden, die durch die Bank einen soliden Job abliefern. Doch nicht nur die optischen Eindrücke von THE EXORCISM OF GOD können überzeugen. Es sind vor allem Alejandro Hidalgos besondere Einfälle, mit denen er dem Genre neues Blut spendiert. Als Beispiele möchte ich hier einige dieser Ideen kurz anführen: Neben Jesus, der vom Kreuz steigt, hat mich vor allem der Exorzismus Gottes begeistert, der ja schon im Titel des Films angesprochen wird. Denn wenn die Dämonenbrut beginnt, Gott aus Williams Körper zu Exorzieren, kommt Freude auf. Das sind ganz neue und vor allem ungewohnte Töne, die hier gekonnt angeschlagen werden. Und warum eigentlich nicht?

The Exorcism of God (2021)
© EuroVideo Medien GmbH

Der Horrorfreund jubelt und möchte gerne mehr davon sehen, und Hidalgo liefert uns mehr. Sein Film ist gespickt mit spannenden Ideen und Ansätzen, wie etwa dieser hier: Mit einfachsten Mitteln, aber äußerst effektiv, setzte Hidalgo die Beichte unseres sündigen Priesters in Szene. Kurz vor dem finalen Kampf gegen den Dämon sitzt der Priester auf einem Stuhl, im Hintergrund ein Fenster und davor hängen mehrere Ketten von der Decke herunter, die alle hinter dem Stuhl auf Brusthöhe des Priesters zusammenlaufen. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass er am Ende in der Hölle brennen wird oder gar bei den Cenobiten? Wer weiß das schon.

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Fazit

Der zweite Film des Venezolaners Alejandro Hidalgo bietet nicht nur eine kritische Handlung in Bezug auf den sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche. Neben diesem schrecklichen Thema führt er ebenso einige neue Ideen ein, die überraschen wie auch begeistern und den Staub aus der Mottenkiste klopfen. THE EXORCISM OF GOD ist ein solider, über dem Durchschnitt liegender und durchaus spannender Horrorfilm, der zu überzeugen und zu unterhalten versteht. Mehr kann der Rezipient auf diesem Level wirklich nicht verlangen.

© Stefan F.

Titel, Cast und CrewThe Exorcism of God (2021)
Poster
Releaseab dem 20.10.2022 auf Blu-ray und DVD erhältlich.

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RegisseurAlejandro Hidalgo
Trailer
BesetzungWill Beinbrink (Priester Peter Williams)
Joseph Marcell (Priester Michael Lewis)
Irán Castillo (Magali)
Maria Gabriela de Faria (Esperanza)
Raquel Rojas (Silvia)
Hector Kotsifakis (Dr. Nelson)
DrehbuchSantiago Fernández Calvete
Alejandro Hidalgo
KameraGerard Uzcategui
MusikElik Alvarez
Yoncarlos Medina
SchnittDester Linares
Rodrigo Rios
Filmlänge98 Minuten
FSKab 18 Jahren

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