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Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem (2023) – Filmkritik

„Street Teens“

Den Turtles hat das neue Jahrhundert nicht wirklich gut mitgespielt, wenn man von der empfehlenswerten Animationsserie Teenage Mutant Ninja Turtles (2012 – 2017) einmal absieht. Ihren Höhepunkt feierten die gepanzerten Brüder in den 1980er-1990er Jahren mit einer Animationsserie (10 Staffeln), einem beliebten Realfilm-Triple (1990-1993) und Tonnen an lizensiertem Spielzeug, das auf fast jedem Wunschzettel zu finden war. Doch die Aufmerksamkeit zu halten bzw. an die nächste Generation weiterzugeben, gelang kaum. 2014 und 2016 gab es noch den Trash-Todesstoß mit den von Michael Bay produzierten CGI-Actionfilmen und Turtles, die aussahen, als hätten sie nicht Ooze, sondern massenweise Steroide abbekommen. Doch jetzt ist es an der Zeit die Turtles endlich wieder dort auftreten zu lassen, wo sie hingehören. Die mutierten Schildkröten verkörpern die Jugendzeit par excellence: Sie fühlen sich eingesperrt, geraten immer wieder mit ihrem alleinerziehenden Vater in Konflikt, in der Schule würden sie als Außenseiter gelten und wollen Gutes tun, wissen aber nicht wohin mit ihrer Energie. In TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES: MUTANT MAYHEM sind Leonardo, Michelangelo, Raphael und Donatello endlich wieder bei ihrem wahren Kern angekommen: Eine coole, optimistische Clique von Teenagern, die nichts aufhält, schon gar nicht visuelle Regelwerke.

©2023 Paramount Pictures.TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES is a trademark of Viacom International Inc.

Handlung

Die vier jungen Schildkrötenmutanten leben in New Yorks Kanalisation. Die väterliche Ratte namens Splinter (Jackie Chan) lässt sie nur raus, um ein paar Besorgungen zu erledigen. Splinter hält die Teenager wegen seiner Ängste vor den Menschen an der kurzen Leine. Aber gut in Kampfsport ausgebildete Jugendliche lassen sich schwer in Zaum halten. Da kann der Einkauf schon einmal etwas länger dauern, wenn man beim Freiluftkino unter der Brooklyn Bridge vorbeikommt (Es läuft gerade FERRIS MACHT BLAU). Einmal Abhauen wie Ferris, das wäre auch ihr Traum. Der Wunsch ein „normales“ Jugendleben zu führen, mit High-School und natürlich extremer Beliebtheit bei ihren Mitschülern, ist ungebrochen. Da kommt die Schülerredakteurin April (Ayo Edebiri) genau richtig, denn sie hat keine Angst vor den grünen, aufgedrehten Kämpfern und hat noch eine Topstory dabei, die direkt zu Superfly (Ice Cube) führt. Dass es sich nicht um eine normale Fliege handelt, kann man sich denken.

©2023 Paramount Pictures.TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES is a trademark of Viacom International Inc.

Volle Breitseite Optik

Die animierten SPIDER-MAN-Filme haben es vorgemacht. Nicht nur wird der Fokus auf die Welt von Teenagern gelegt, die mit ihren übernatürlichen Kräften und ihrer alltäglichen, pubertären Rebellion mächtig ins Schwitzen geraten, sondern es darf auch visuell Neues gewagt werden. Die Animationen bei TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES: MUTANT MAYHEM sind farbenfroh, lebendig, ausdrucksstark und folgen keinerlei ästhetischen Regeln. Es ist wie cineastische Streetart. Detaillierte Szenerien werden immer wieder durch grobe Striche veredelt. Das klingt ungewöhnlicher, als es im Fluss der Bewegungen aussieht. Man kann es vergleichen mit einem groben Graffiti Tag an einer Häuserwand: Ein einzelnes würde störend wirken, ist die Fläche jedoch voll damit, entsteht ein tiefergehenden Chaos. In diesem visuellen Chaos sind die Turtles zu Hause. Wenn man bedenkt, dass sich der Film an Kids zwischen 10 und 14 Jahren orientieren soll, ist der Film etwas zu dunkel geraten und das abstrakte Kaijū-Finale, das seinem Filmnamen MUTANT MAYHEM (Mutanten Chaos) alle Ehre macht, schießt etwas übers Ziel hinaus. Aber das wird der älteren Generation ein Grinsen aufs Gesicht zaubern. Vor allem der frische Wind, den die Turtles verbreiten, kommt verdammt gut an.

©2023 Paramount Pictures.TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES is a trademark of Viacom International Inc.

So wird’s gemacht!

Die Jugendzeit ist nicht immer Friede, Freude, Sonnenschein und auch die Massenmedien werden aktuell nicht müde, der jungen Generation die Zukunft apokalyptischer denn je auszumalen. Vielleicht gehören mutierte Tierarten zur Apokalypse dazu, aber wenn es sich um diese handelt, braucht man sich keine Sorgen zu machen. TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES: MUTANT MAYHEM verbreitet durchweg gute Laune. Das liegt vor allem am brüderlichen Gespann, wie sie miteinander umgehen, sich gegenseitig mal veräppeln oder zur Höchstleistung antreiben. Neid, Angst und Traurigkeit kommen in ihrem Wortschatz nicht vor und dabei leben sie doch in der Kanalisation. Regisseur Jeff Rowe und seine Drehbuchautoren (Seth Rogen, Evan Goldberg, Jeff Rowe, Dan Hernandez, Benji Samit) gehen das geschickt an.

©2023 Paramount Pictures.TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES is a trademark of Viacom International Inc.

Die Jungs haben einfache Träume, mit denen sich jeder identifizieren kann, sind lebensfroh und neugierig. Das wird in zwei grandiosen Szenen auf den Punkt gebracht. Die Informanten-Suche bei den Kriminellen spielt nicht nur die Stärke der Animation und der flotten Montage aus, sie ist auch ungemein witzig. Dann treffen die vier Teenager auf ihren Gegner Superfly und dessen mutierte Clique. Hier wird nicht wild drauflos geprügelt, sondern festgestellt: „Hey das sind ja auch Mutanten. Gehen wir erstmal Pizza essen und bowlen.“ Erst im Gespräch kommt so langsam raus, dass Superflys Pläne keinerlei moralische Bedenken haben und die Turtles müssen sich entscheiden. Ein solch locker leichtes Animationsgespann gab es schon lange nicht mehr auf den Kinoleinwand.

©2023 Paramount Pictures.TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES is a trademark of Viacom International Inc.

Die Welt

Zu den Turtles gehört die Heimatstadt New York wie der Käse auf die Pizza und TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES: MUTANT MAYHEM fängt das stilecht ein. Sie sind hauptsächlich nachts in dreckigen Gassen unterwegs und eine Vielzahl der Bevölkerung sieht etwas verschroben aus, aber das lässt die Diskrepanz zwischen mutierten Tieren und den New Yorkern nicht zu groß werden. Auch der Graffiti-Animationsstil passt bestens zum Big Apple. Hinzukommt ein exquisiter East-Coast-Classic-Hip-Hop-Soundtrack, der mit Songs wie “Ante Up” von M.O.P. oder „Can I Kick It?“ von A Tribe Called Quest beste Beats auf die Straße bringt. Für die Score sind Trent Reznor und Atticus Ross verantwortlich, die einen wilden elektronischen Soundteppich auslegen, der vor allem in den Actionsequenzen die Nerven zum Spannen bringt.

©2023 Paramount Pictures.TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES is a trademark of Viacom International Inc.

Fazit

Während sich diverse Franchises, Retro-Neuauflagen und Spielzeugverfilmungen immer wieder mit Selbstironie und Metakommentaren nicht mehr selbst ernst nehmen, gelingt es TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES: MUTANT MAYHEM zur eigenen Herzensangelegenheit zurückzukehren: Spaß. Cowabunga!

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewTEENAGE MUTANT NINJA TURTLES: MUTANT MAYHEM (2023)
Poster
ReleaseKinostart: 03.08.2023
RegieJeff Rowe
Trailer
Original-StimmenNicolas Cantu (Leonardo)
Brady Noon (Raphael)
Micah Abbey (Donatello)
Shamon Brown Jr. (Michelangelo)
Ayo Edebiri (April O'Neil)
Maya Rudolph (Cynthia Utrom)
Ice Cube (Superfly)
Jackie Chan (Splinter)
John Cena (Rocksteady)
Seth Rogen (Bebop)
Paul Rudd (Mondo Gecko)
Giancarlo Esposito (Baxter Stockman)
Rose Byrne (Leatherhead)
Post Malone (Ray Fillet)
Natasia Demetriou (Wingnut)
Hannibal Buress (Genghis Frog)
DrehbuchSeth Rogen
Evan Goldberg
Jeff Rowe
Dan Hernandez
Benji Samit
MusikTrent Reznor
Atticus Ross
Filmlänge100 Minuten
FSKab 12 Jahren

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