„Das Zugeständnis“
Ob Groß oder Klein, Schüler oder Geschäftsmann, Kinostammgast oder Streaming-Heimglotzer, sie alle werden in die Kinos strömen, wenn zwei Worte auf dem Kinoplakat zu lesen sind: STAR WARS. Zumindest war es vor ein paar Jahren so. Der routinierte Kassenschlager hat spätestens mit SOLO: A STAR WARS STORY ein paar Risse in der Disney Großinvestition bekommen. Doch all das, soll vergessen sein, denn mit STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS schließt sich die SKYWALKER-Saga und beendet ebenfalls die Trilogie um Rey, Kylo Ren, Finn und Poe. Es soll nun zu Ende geführt werden, was vor vielen Jahren in einer weit entfernten Galaxis begonnen hat.
Selbst habe ich mir noch einmal Episode VII und VIII im heimischen Terrain angesehen und musste feststellen, dass ich bei meiner damaligen Review zu DIE LETZTEN JEDI vielleicht etwas harsch gewesen bin. Es bleibt aber ein unrundes Mittelstück in einer wiederbelebten Science-Fiction-Saga voll kindlich-naivem Humor und ohne emotionales Herz für den Zuschauer. Aber Rian Johnson hat sich in manchen Szenen extrem viel getraut, um das bestehende Universum aufzubrechen: Rey hat keine Macht-Erbgutlinie, obdachlose Kinder verfügen auch über die Macht, eine kapitalistische Welt, die an beide Seiten Waffen verkauft, zeitgemäße Beziehungen der Charaktere und General Leia ist stärker als erwartet. Episode VII von J.J. Abrams hatte davor viel mehr Nostalgie im Blut und den Vorteil, ein Haufen neuer, liebenswerter Figuren vorzustellen. Aber für STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS war J.J. Abrams, um eine neue lebendige Geschichte zu erzählen, leider der Falsche auf dem Regieposten.
Vorproduktions-Eskapaden
Bei Episode IX hat sich das Studio Disney von allen Teilen am meisten in den Produktionsprozess eingemischt und kräftig am Personalrad gedreht. 2015 sollte noch Colin Trevorrow (JURASSIC WORLD) den ersten Drehbuchentwurf schreiben und auch Regie führen. Nach langem Hin und Her und vielen weiteren Drehbuchentwürfen wurde am Tisch des Großkonzerns entschieden, auf ein sicheres Pferd zu setzen: J.J. Abrams wird wieder Regie führen und man lässt ihn zusammen mit Chris Terrio das Drehbuch schreiben. Das Schicksal setzte die Vorproduktion weiter vor ein Problem: Der überraschende Tod von Carrie Fisher 2016. In dieser Trilogie (VII-IX) sollten die drei Freunde Han, Luke und Leia aus der Original-STAR-WARS-Trilogie je einen Film bekommen, um ihre älter gewordene Figur hervorzuheben. Für Episode IX fehlte Leia als wichtige Hauptfigur. Das Zerwürfnis Leia zu animieren und sie mehr in die Geschichte eingreifen zu lassen oder bereits gedrehte Szenen zu verwenden und die Geschichte durch andere Charaktere beeinflussen zu lassen, hat sicherlich auch dazu geführt, dass DER AUFSTIEG SKYWALKERS so ist wie jetzt: Ein Kompromiss.
Der Beginn
Die erste Szene ist wie aus einem Guss und fühlt sich nach völligem Neuland an. Kylo Ren (Adam Driver) ist auf der Suche nach dem Ursprung der dunklen Macht. In einer Welt, wo das Wetter so jähzornig wie die dunkle Macht selbst ist, trifft er auf den Strippenzieher hinter Lord Snoke: Imperator Palpatine, der sich völlig den Kräften der Sith hingegeben hat. Kylo Ren soll Rey zu ihm bringen. Die Belohnung ist eine Flotte von Sternenzerstörern, die seinesgleichen sucht.
Jetzt steht wieder das Geheimnisvolle der Macht im Mittelpunkt, aber die der dunklen Seite, mit ihren ungeahnten Fähigkeiten und dem grenzenlosen Potential völlig neuer Möglichkeiten. Die dunkle Seite ist allein durch ihre Stärke verführerisch und mittendrin ist Kylo Ren. Geschickt wird diese Welt verlassen und man ist bei Rey (Daisy Ridley) und ihren Kräften, die im Laufe des Films stetig zunehmen, immer auf eine nachvollziehbare Weise und stets im Sinne des Guten. Für den Oberbösewicht Palpatine scheinen Gesetzmäßigkeiten nicht mehr zu gelten, denn er kann sogar eine ganze Flotte ohne viel Personal im Weltraum hantieren. Der Weg der vorherigen zwei Teile war frei für einen Konflikt zwischen Rey und Kylo Ren. Doch dem Ganzen muss – es ist ja schließlich das Trilogiefinale – ein übermächtiger Gegner übergestülpt werden, so wie sich Kylo seinen roten „Kintsugi-Helm“ frühzeitig wieder aufsetzt.
Die Nebenfiguren
Aber was ist mit den anderen Figuren? Wer mit der Macht nicht viel anfangen konnte, hatte seine Sympathie an manch Helden oder Droiden verliehen. Interessanterweise hat das Drehbuch frühzeitig den nervigsten Charakter ausgemacht: C3-PO (Anthony Daniels). Aber es löst sich wie von selbst, denn die Handlung muss seine Erinnerungen formatieren und somit kann der Universalübersetzer mit neuen Seiten und auch neuen Witzen glänzen.
Der Pilotenhaudegen Poe Dameron (Oscar Isaac) fliegt zu Beginn ein paar ordentliche Dellen in den Falken und man erkennt sofort, dass er für diejenigen Platz machen muss, denen der Falke rechtmäßig gehört. Dameron bekommt etwas Charakterentwicklung zugeteilt, so dass man versteht, warum er so ist wie er ist. Er trifft auf eine neue Figur Zorii Bliss (Keri Russell), die nicht nur gewolltes Potential für kommende STAR-WARS-Serien birgt, sondern auch unter die Frage der sexuellen Orientierung von Captain Dameron einen Schlussstrich zieht. Da hat STAR TREK bereits mehr gesellschaftliche Reflexion bewiesen.
Zum Thema Beziehungen kann sich DER AUFSTIEG SKYWALKERS wohl den konservativsten Schuh der letzten Jahre anziehen. Das Zusammenkommen von Finn (John Boyega) und Rose Tico (Kelly Marie Tran) aus DIE LETZTEN JEDI, die nicht nur ein tolles Paar ergeben hätten, sondern auch ein sympathisches Chaosteam sind, wird völlig ignoriert. Sie scheinen sich ab sofort nur noch flüchtig zu kennen. Um dem Ganzen noch den ethnischen Hut aufzusetzen, bekommt Finn die unbändige Jannah (Naomi Ackie) vermittelt. Sie hat nicht nur die gleiche Vergangenheit wie Finn/FN-2187, sondern auch die gleiche Hautfarbe. Wenn das ein Statement zur Unterdrückung der Afroamerikaner in den USA sein soll, weil sich vielleicht unter jedem Storm-Trooper-Helm ein „Finn“ oder eine „Jannah“ verbergen kann, versteht man es nicht.
Das Personal der dunklen Seite wird mit einem neuen General Pryde (Richard E. Grant) aufgestockt, der trocken, militärisch und fokussiert erscheint. Endlich etwas Abwechslung in der exzentrischen, SS-affinen Hierarchie der First Order. Den dümmsten und sinnlosesten Spion kann STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS leider auch für sich verbuchen, was aber am unkreativen Drehbuch liegt.
An Leia und Chewbacca kann man kaum Worte verlieren, denn sie sind vor allem in diesem Film Nebendarsteller mit minimalem Einfluss, was aber an den oben erwähnten Umständen liegt, denn Leia wurde nicht computeranimiert, sondern es wurden ältere Aufnahmen verwendet, die nicht auffallen. Dennoch spürt man den Einfluss der edelmutigen Prinzessin Leia auf die beiden Hauptfiguren.
Rey und Ben
Es ist nie so richtig sicher, wer jetzt die stärkere Hauptfigur in dieser Trilogie ist: Rey oder Ben? Vor allem Adam Driver ist trotz ungewöhnlichem Auftreten die richtige Besetzung für die Zerrissenheit dieser Figur. Er verkörpert sowohl die ritterliche Erscheinung, als auch die verletzte Seele eines jähzornigen und mächtigen Jungen im Schatten seines Großvaters. Rey ist charismatisch, hoffnungsvoll und großherzig. Nie zweifelt man an ihr und ihrem Kampf für die gute Seite der Macht. Mit jedem Sprung, jedem Lichtschwertkampf und auch mit jedem nervösen Schritt nach vorn, erfüllt Daisy Ridley die Heldin mit Leben. Die junge Schauspielerin bringt auch ihre äußere Veränderung in die Entwicklung Reys ein, ohne das kleine Schrottsammler-Mädchen in Reys Inneren zu leugnen.
Diesen beiden Hauptdarstellern ist es zu verdanken, dass das Ende nicht völlig unglaubwürdig wirkt. Der Imperator hat sich leider seit DIE RÜCKKEHR DER JEDI-RITTER bei seinen Monologen kaum verändert und erklärt Gesetzmäßigkeiten seiner Kräfte, die bereits ein paar Minuten später obsolet werden. Zumindest können sich Fans der Originaltrilogie an ein paar Referenzen erfreuen. Der Showdown ist ein Bildspektakel mit vorhersehbaren Wendungen und Düsternis – für Kinder unter 12 Jahren unzumutbar.
Das Universum
Es ist ein gutes Gleichgewicht im Set-Design mit den Welten, den Kostümen, den Fahrzeugen und den Außerirdischen zwischen Bekanntem und Neuem entstanden. Weite Wüsten, verschneite Bergdörfer oder stürmische Ozeane bringen genug Atmosphäre in STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS, um sich in fremde Welten entführen zu lassen. Auch der Haufen von multi-terrestrischen Figuren fügt sich organisch in die Welt ein. Leider wird der Konventionen wegen keiner einen signifikanten Einfluss auf die Geschichte haben, was es zu einem liebevoll gestalteten Hintergrundbild verkommen lässt. Gänsehautmomente durch heroische Bilder wie ein durch den Hyperraum zerschnittenes Schiff oder eine Sonne, die als Energieressource leer gesaugt wird bleiben leider aus.
Fazit
Ich bin wirklich gespannt, wie sich die Meinung in den nächsten Jahren über die Filme dieser Trilogie ändern wird. Vielleicht wird sogar DIE LETZTEN JEDI die größte Anerkennung zuteil, weil er sich am meisten getraut hat. DER AUFSTIEG SKYWALKERS hat leider kaum Momente voller Begeisterung, über die man sich nach dem Film austauschen möchte. In Erinnerung bleiben zwei starke Hauptfiguren und viel Ehrfurcht vor den Darstellern der Original-Trilogie, was schon enorm viel wert ist. Aber eine Botschaft für den Glauben an sich selbst, dass jeder über sich hinauswachsen kann und ein friedvolles Miteinander im Gleichgewicht der Kräfte, vermisst man redlich.
Titel, Cast und Crew | Star Wars: Episode IX - Der Aufstieg Skywalkers (2019) OT: Star Wars: Episode IX - The Rise of Skywalker |
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Poster | |
Release | Kinostart: 18.12.2019 Ihr wollt den Film bei Amazon kaufen? Dann geht über unseren Treibstoff-Link: |
Regisseur | J.J. Abrams |
Trailer | |
Darsteller | Adam Driver (Kylo Ren) Daisy Ridley (Rey) Oscar Isaac (Poe Dameron) John Boyega (Finn) Carrie Fisher (Leia Organa) Mark Hamill (Luke Skywalker) Ian McDiarmid (Palpatine) Kelly Marie Tran (Rose Tico) Billie Lourd (Lieutenant Connix) Keri Russell (Zorii Bliss) Andy Serkis (Snoke) Lupita Nyong'o (Maz Kanata) Domhnall Gleeson (General Hux) Billy Dee Williams (Lando Calrissian) Joonas Suotamo (Chewbacca) Anthony Daniels (C-3PO) Naomi Ackie (Jannah) |
Drehbuch | Chris Terrio J.J. Abrams |
Musik | John Williams |
Kamera | Dan Mindel |
Schnitt | Maryann Brandon Stefan Grube |
Filmlänge | 142 Minuten |
FSK | ab 12 Jahren |
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter