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Sputnik (2020) – Filmkritik

Wenn das Thema auf den russischen Science-Fiction-Film kommt, denken die meisten Filmfreunde an Andrei Tarkovsky mit seinen fantastischen Klassikern SOLARIS (SOLYARIS, 1972) und STALKER (1979), die komplex und für viele bis heute unverständlich sind. Doch schon seit Anbeginn des Films war in der Sowjetunion die Science-Fiction ein gern gesehener Gast wie beispielsweise in Vasily Zhuravlyovs DIE KOSMISCHE REISE (KOSMICHESKIY REYS, 1936). Weitere Mitglieder des sogenannten Ost-Blocks reihten sich nahtlos in diese Tradition und feierten nicht nur ihre Fantasie, sondern auch ihren technischen Fortschrittsglauben sowie ihren Anspruch als erster das Weltall zu erobern. Wie es wirklich abgelaufen ist, kann heute in jedem Geschichtsbuch nachgelesen werden. Dass viele dieser Filme heutzutage naiv und einfältig erscheinen, liegt zum einen an ihrem Alter und zum anderen an den radikal veränderten umfangreichen Erkenntnissen in Forschung und Wissenschaft. Viele Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entwickelte sich im Nachfolgestaat Russland eine neue Filmlandschaft im geldgierigen Schatten von Hollywood. Weg von den großartigen Ideen eines Stanislaw Lem (1921-2006) und hin zu bombastischen Blockbustern ohne Sinn und Verstand. Vorreiter für diese neue Welle waren ganz sicher die „Wächter-Romane“ des russischen Autors Sergei Lukjanenko, von denen zwei als Filme umgesetzt wurden: WÄCHTER DER NACHT (NOCHNOI DOZOR, 2004) und WÄCHTER DES TAGES (DNEVNOY DOZOR, 2006).

SPUTNIK (2020)
© Capelight Pictures

Danach sank das Anspruchsdenken sehr schnell in den Keller und der Blick ging immer öfters zum ungeliebten Konkurrenten aus den USA. Visuell anspruchsvolle Titel und ausgefeilte Effekte, die jedoch mit dünnen, teils unsinnigen Storys auf dem Markt verheizt wurden, waren das Ergebnis. Das Ziel bestand darin, den Anschluss an die internationale Filmbranche zu vollziehen und als würdiger Konkurrent für Hollywood aufzutreten. Werke wie TITANIUM – STRAFPLANET XT-59 (VYCHISLITEL, 2014), ATTRACTION (PRITYAZHENIE, 2017) oder auch COMA (KOMA, 2019) zeigen deutlich, wohin der neue Weg führen könnte. Für den unbekannten Regisseur Egor Abramenko bildet SPUTNIK sein Spielfilm-Debüt. Ob der neuste Spross aus der russischen Filmindustrie in das gleiche Horn wie seine Vorgänger bläst, sehen wir uns jetzt in Ruhe an.

© Capelight Pictures

Handlung

Die UdSSR im Jahre 1983, der Kalte Krieg ist auf dem Höhepunkt: Kurz vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre bricht der Kontakt zum sowjetischen Raumschiff Orbita-4 ab. Schwer beschädigt landet es dennoch auf heimatlichem Boden. Einziger Überlebender ist Kommandant Weschnjakow (Pyotr Fyodorov), der zweite Kosmonaut kann nur noch Tod geborgen werden. In einem abgelegenen Forschungslabor erholt sich der einzige Überlebende trotz schwerster Verletzungen überraschend schnell. Colonel Semiradov (Fedor Bondarchuk) bittet die streitbare Psychologin Tatjana Klimova (Oksana Akinshina) um Unterstützung bei der Heilung des neuen Volkshelden. Gleich in der ersten Nacht wird Klimova Zeugin eines unglaublichen Vorgangs, der alles verändert: Aus dem Körper des Kosmonauten Weschnjakow bricht ein unbekanntes Wesen hervor…

SPUTNIK (2020)
© Capelight Pictures

Alien vs. Kommunismus

Wie für die Zeit des Kalten Krieges üblich, bekommen wir einige ideologische Phrasen zu hören. Dazu gibt es Helden und Heldentum an allen Ecken und Enden. Regisseur Abramenko erschafft eine knisternde Atmosphäre aus Misstrauen, Lügen und Angst. Geschickt lässt er die Sowjetunion der 1980er-Jahre in Wort und Bild wiederauferstehen. Die Ausstattung und das Set-Design sind perfekt und unterstützen diesen faszinierenden Blick zurück in die Vergangenheit. Grundlage für diese hervorragende Umsetzung war ganz sicher auch das Drehbuch der beiden erfahrenen Autoren Oleg Malovichko (ATTRACTION, 2017) und Andrey Zolotarev (ATTRACTION 2-INVASION, 2020). Doch wir wollen auch nicht verschweigen, je weiter die Story voranschreitet, desto mehr Klischees kommen unnötigerweise auf den Tisch: Das kurzsichtige Militär ist nur darauf aus, den Alien als Waffe umzufunktionieren und bei unserer Protagonistin kommt es, wie es kommen muss, sie verliebt sich in den armen, malträtierten Kosmonauten. Mit der weiteren Anhäufung diverser Klischees wird es dann doch vorhersehbar und bekannt, trotz einiger neuer, interessanter Ideen.

© Capelight Pictures

Starke, selbstständige Frauen treten seit einigen Jahren vermehrt auf der Leinwand in Erscheinung. Vorbei sind die Zeiten, als die gutaussehende Schönheit am Boden liegend nach ihrem Helden kreischt. Mittlerweile ist es komplett anders, so auch in SPUTNIK. Die Psychologin Klimova legt sich schon zu Beginn mit ihren Vorgesetzten an und zeigt klar und deutlich, dass sie Rückgrat hat und sich vor niemandem fürchtet. Inwieweit das heutige Bild der rebellischen Frau ins Jahr 1983 in die von Männern dominierte Sowjetunion passt, sei dahingestellt. Ganz sicher mutet es ein wenig seltsam an, wenn aggressive russische Militärs vor der Psychologin in Deckung gehen.

SPUTNIK (2020)
© Capelight Pictures
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Der Score von Oleg Karpachev ist gelungen, auch wenn er Phasenweise an einen Hollywoodblockbuster erinnert und an einigen Stellen etwas zu bombastisch aufspielt. Das wichtigste bei einem Alien-Film dürfte jedoch das Monster-Design sein. Ein Vergleich zu einer bekannten Außerirdischen Rasse fällt schwer. Der Parasit oder Symbiont ist eine Mischung aus Schlange, dem Fremden aus LIFE (2017) und dem bösartigen ALIEN (1979) des Ridley Scott. Und da darf man sich gerne entspannt zurücklehnen, denn „Es“ ist wirklich großartig geworden. Aussehen, Bewegung und Verhalten dieses unbekannten Wesens sind klasse und so vollkommen fremd, wie es uns Menschen gegenüber nur sein kann. Leider erfährt der Zuschauer nur sehr wenig über das unbekannte Wesen aus dem All. Bei der Sichtung von SPUTNIK werden dem ein oder anderen Rezipienten ganz sicher Reminiszenzen zu bekannten Hollywood-Werken durch den Kopf schießen. Vor allem sei dabei der schon weiter oben erwähnte Klassiker ALIEN (1979) genannt. Doch in SPUTNIK finden wir auch einiges von LIFE (2017) und ARRIVAL (2016), was allerdings nicht abwertend gemeint ist.

SPUTNIK (2020)
© Capelight Pictures

Fazit

Alles in allem bietet das Debüt von Egor Abramenko sehr gute Unterhaltung, abgesehen von einigen kleineren Schwächen im Drehbuch. Das Alien ist ein Hingucker, das Design fasziniert und verbreitet Angst und Schrecken. Die neuste Hochglanzproduktion aus Russland beweist eindrucksvoll, dass noch nicht alle Hoffnung verloren ist und die Erben von Andrei Tarkovsky noch einige Pfeile im Köcher haben. SPUTNIK bietet alles, was für einen gemütlichen Abend mit einem bösartigen Alien von Nöten ist und muss sich nicht hinter bekannten US-Produktionen verstecken.

© Stefan F.

Titel, Cast und CrewSputnik (2020)
Poster
RegisseurEgor Abramenko
Releaseab dem 04.12.2020 im Mediabook und auf Blu-ray und DVD

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Trailer
BesetzungOksana Akinshina (Tatjana Klimova)
Fedor Bondarchuk (Colonel Semiradov)
Pyotr Fyodorov (Konstantin Weshnjakow)
Anton Vasilev (Yan Rigel)
Aleksey Demidov (Kirill Averchenko)
DrehbuchOleg Malovichko
Andrey Zolotarev
FilmmusikOleg Karpachev
KameraMaxim Zhukov
Filmlänge113 Minuten
FSKab 16 Jahren

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