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Spider-Man: No Way Home (2021) – Filmkritik

„Verbrüderung“

Vor ein paar Jahren in SPIDER-MAN: HOMECOMING (2017) heimgekehrt, soll die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft nun mit SPIDER-MAN: NO WAY HOME schon nicht mehr nach Hause dürfen? Sie scheint den Weg nach Hause vergessen zu haben, was verständlich ist, da Peter Parker zwischendurch nicht nur ein Klassenfahrt-Abenteuer in Europa mit SPIDER-MAN: FAR FROM HOME (2019) bestritten hat, sondern auch den Avengers im Kampf gegen Thanos kräftig unter die Arme gegriffen hat. Aber vielleicht gibt es das vertraute Daheim schon nicht mehr? Mysterio stellte im vorangegangenen Film FAR FROM HOME nicht nur Spidy’s Aufrichtigkeit öffentlich in Frage, sondern offenbarte dessen Geheimidentität. Die ganze Welt weiß nun wer Spider-Man ist und will ein Stück davon abhaben. Nachbarn drehen durch, die Medien folgen mit Hubschraubern und auch Freundin MJ wie auch Kumpel Ned stehen im Rampenlicht.

©2021 CTMG. All Rights Reserved. MARVEL and all related character names: © & ™ 2021 MARVEL / Sony Pictures

SPIDER-MAN: NO WAY HOME ist beim Titel vielseitig und sogar noch während dieses fulminanten Filmspaßes um weitere Ebenen deutbar, aber der Titelname ist nicht das Highlight. Wer den Trailer gesehen hat, weiß, dass Spider-Man nicht nur die Brücke zu Marvel schließt – vor allem ein juristischer Kraftakt, da die Filmrechte von Spider-Man bei Sony Pictures liegen und der Großteil von Marvel wie auch die Avengers bei Disney unter Vertrag stehen. Nein, Peter kämpft nun auch gegen die Vergangenheit, na eigentlich das Paralleluniversum oder gegen beides? Das ist aber auch kompliziert. Erstmal einen kurzen Handlungseinstieg, dann sammeln wir noch einmal unsere Gedanken und stellen die Spinnensensoren auf volle Leistung.

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Handlung

Die Welt ist in Aufruhr. Spider-Man soll an den Anschlägen auf die europäischen Städte mitschuldig gewesen sein. Mit Hilfe von Hologramm-Drohnen aus dem Hause Stark Industries hat Mysterio die geheime Identität Peters offenbart. Spider-Man ist Peter Parker (Tom Holland). Somit wissen nicht nur Tante May (Marisa Tomei), MJ (Zendaya), Ned (Jacob Batalon) und Happy (Jon Favreau) wer unter der Maske steckt. Die ganze Welt weiß es auch und will auf einmal in seiner Nähe sein. Das Zuhause wird belagert, die Schule kommt einem Rockkonzert gleich und sogar das College sagt dankend ab. Spätestens jetzt muss Peter erkennen, dass seine Freunde, die, ebenfalls von den Unis abgelehnt, es mit ihm nicht leicht haben.

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Kurzerhand geht er in New York ein paar Häuserblöcke weiter um bei Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) einen Gefallen einzufordern. Peter fragt, ob Steven („It sounds strange“) dafür sorgen kann, dass alle Welt nichts davon erfährt, dass er die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft ist. Der Zeitstein ist allerdings Geschichte, aber ein bisschen Zaubern kann Dr. Strange schließlich auch und somit beschwört er, dass die Erinnerung der ganzen Welt von Peter Parker gelöscht wird. Moment, na vielleicht nicht unbedingt bei jedem. Wenn MJ und Ned noch wüssten, wer er ist, wäre es schon gut. Ach ja, Tante May und Happy müssen auch ausgenommen werden. Error, zu viele Sonderregelungen im Zaubervertrag. Der Spruch explodiert und lässt sich von Strange schwer bändigen. Das Unheil ist aber schon angerichtet. Durch Risse im Multiverse (alle Paralleluniversen, in denen es auch Superhelden gibt) sind schon ein paar Schurken geschlüpft, die ebenfalls wissen wer Peter Parker noch ist. Einer davon hat vier zusätzliche mechanische Arme und hört auf den Namen Otto Octavius (Alfred Molina) und ein anderer leidet unter gespaltener Persönlichkeit: Norman Osborn (Willem Dafoe).

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Die Leiden des jungen Filmkritikschreibers

Es ist verdammt kompliziert geworden einen Superheldenfilm aus dem Hause Marvel für euch liebe Leserinnen und Leser zu besprechen, ohne auf den Inhalt eingehen zu dürfen, können bzw. es auch gar nicht zu wollen. Es ist eigentlich immer möglich über etwas zu schreiben, ohne auf die spannenden Wendungen eingehen zu müssen wie die Emotionen, die Darsteller, der logische Aufbau oder die Vitas. Aber bei Marvel-Filmen wird es zunehmend schwieriger, abgesehen von charakterlichen Neustarts wie ETERNALS oder SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS, denn die Comicverfilmungen drehen sich eigentlich immer wieder um sich selbst und neue Kniffe werden aus dem Cameo-Auftritts-Hut gezaubert. Reviews zu schreiben gleicht einem Spoiler-Mienenfeld, damit man euch den Filmspaß nicht um die Ohren fliegen lässt, den SPIDER-MAN: NO WAY HOME in jeder einzelnen Filmminute bietet. Im Groben lassen sich die wichtigsten Fakten schon kurz abhaken: Die Action hat ein perfektes Timing. Der Fokus auf das freundschaftliche Dreigespann (MJ, Peter und Ned) treibt die Handlung auf hohe Drehzahlen. Die Emotionen von uns werden gekonnt gegeneinander ausgespielt und mindestens zwei Mal ist Gänsehaut garantiert. SPIDER-MAN: NO WAY HOME ist der gelungene Abschluss der Tom-Holland-Spider-Man-Trilogie, die viel Herz beweist und ein fast schon poetisches Ende besitzt.

„Hey, weg da, jetzt lass doch mal den Green Goblin schreiben und hör auf mit deiner Phrasendrescherei.“

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Der Green Goblin spricht

Den Drehbuchschreibern für Comicverfilmungen fällt wohl nichts Neues mehr ein? Es reicht nicht, Hauptfiguren aus anderen Filmen einfach mitspielen zu lassen und als große Wendung im Geschehen zu verkaufen. Nein, es muss jetzt auch noch Paralleluniversen geben, in denen manche Dinge nicht passiert sind oder andere vielleicht zu oft. Auch wenn die Idee schon vor Jahrzehnten bereits in den Comicheften als weitere Einnahmequellen heraufbeschworen wurde, hat es doch erstaunlich lange gedauert, bis die Filmstudios darauf gekommen sind. Auch wenn sich Sony Pictures recht gut mit den Marvel Studios verbrüdert hat, merkt man doch immer, dass die Fusion nie gänzlich gelingen will. Lizenz-Kollegen wie Venom oder Morbius scheinen einfach nicht in die Konfettiwelt der Marvel-Superlativen zu passen. Die X-Men sind bereits dank des Einverleibens von 20th Century Fox durch Marvel-Studio-Besitzer Disney schon in der Crossover-Mache.

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Vor lauter Auftritten anderer Superhelden oder wie in diesem Fall der Oberschurken geht jede Art von Eigenständigkeit verloren, nicht nur von der Geschichte und Persönlichkeit der Hauptfigur, sondern auch das Versprechen an ein abgeschlossenes Filmerlebnis ist dahin. Bei jeder neuen Comicverfilmung hat man das Gefühl, wie vor einem großen Test, sämtliche vorherigen Filme noch schnell pauken zu müssen. So eine Situation wie früher, dass man an einem Kino vorbei geht, das Plakat cool findet und sich ein Ticket mit der Gewissheit kauft, alles zu verstehen und ein abgeschlossenes Erlebnis für zwei Stunden zu erhalten, ist tatsächlich vorbei. Die Erwartungen an den nächsten neuen Comicfilm werden in den Promotions und den Diskussionen vorher schon so zerkocht, dass kaum noch etwas Nahrhaftes übrigbleibt. Am Ende des Abspanns lockt man gleich mit weiteren neuen „frischen Ideen“ – Es gibt übrigens zwei Hidden-Credit-Scenes in SPIDER-MAN: NO WAY HOME: weitere Abenteuer mit VENOM & DOCTOR STRANGE 2.

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Norman Osborn spricht

Der Goblin spuckt nur so böse Worte, weil er einfach neidisch ist, dass er nicht selbst auf einer solch endlos langen Hyper-Serien-Reise ist. SPIDER-MAN: NO WAY HOME macht sich ohne Zweifel die Existenz im MCU zu Nutze, aber der Film vergisst zu keinem Zeitpunkt seine drei Teenager, die unbefangen von einem Abenteuer ins Nächste stürzen und auf keinen Fall die Erwachsenen um Hilfe bitten. Selbst der allwissende Dr. Strange kann mit den richtigen Ideen – hat mit Mathe zu tun – für ein paar Stunden außer Gefecht gesetzt werden. Es macht bereits zum dritten Mal enormen Spaß mit der Chaostruppe MJ, Ned und Peter von einem Problem ins nächste zu schliddern. Die Chemie zwischen den drei Darstellern bekommt volle Sympathiepunkte. NO WAY HOME bleibt im Herzen eine Coming-Of-Age-Geschichte von drei Freunden, die sich jeder Teenager gern als Vorbild nehmen darf.

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Die Idee des Multiverse ist jetzt nicht sonderlich neu und sicherlich nach der Zeitreise, wohl eine der langweiligsten Story-Beschleuniger, aber hier passt es einfach. Die Vorgängerfilme werden nicht nur idealisiert, sondern auch kritisiert und haben Einfluss auf die jetzige Hauptfigur. Und das vor allem durch die Schurken älterer Spider-Man-Filme und deren Klasse als Darsteller. Dieses Zusammentreffen klappt ohne Probleme, auch wenn Willem Dafoe schauspielerisch so manchen im Regen stehen lässt. Die Bösewichte zeigen, was Spider-Man einmal war, sein kann und leider auch, welche Schicksalsschläge unausweichlich mit dem rot-blauem Kostüm verwoben sind. Die Entscheidungen, die in diesem Film getroffen werden, können für so vieles ins unserer Gegenwart herhalten: Drücke ich einfach einen Knopf und wische ein paar Leben hinfort, zum Wohl des Status quo oder versuche ich selbst diese zu retten? Vielleicht entstehen noch ein paar Nebeneffekte, die keiner vorhergesehen hat? Seit langem verleitet ein Superhelden-Film endlich wieder zum Philosophieren nach dem Kinobesuch. Nicht etwa über die Comic- oder Film-Referenzen, die aufgetaucht sind oder welcher großer Gegenspieler noch lauern könnte. Es darf wieder emotional debattiert werden und wer wäre dafür nicht besser geeignet als der junge Teenager, der auf einmal ein Superheld ist und sein Herz förmlich in beiden Händen vor sich trägt?

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Fazit

Ein wahrlich gelungener, bedeutsamer und spaßiger Abschluss der Spider-Man-Verfilmungen mit Tom Holland. Es ist auf keinen Fall eine leichte Drehbuchnummer diese Vielzahl von Aspekten und Figuren zu jonglieren, in der keiner droht herunterzufallen. SPIDER-MAN: NO WAY HOME gelingt es mit Bravour. Das Ende sitzt wie ein neues Superheldenkostüm und lässt einen auffordernd fragend zurück, wie man selbst entschieden hätte. Das ist es doch was Jack Kirby und Stan Lee damals mit ihren Comics wollten: dem grauen Alltag entfliehen und die Leser dazu bringen, gedanklich selbst in ein Kostüm zu steigen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Sehr cool!

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewSpider-Man: No Way Home (2021)
Poster
RegieJon Watts
ReleaseKinostart: 16.12.2021
ab dem 29.06.2022 UHD, Blu-Ray und DVD

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Trailer
BesetzungTom Holland (Peter Parker / Spider-Man)
Zendaya (MJ)
Jacob Batalon (Ned Leeds)
Benedict Cumberbatch (Doctor Strange)
Marisa Tomei (May Parker)
Jon Favreau (Happy Hogan)
Alfred Molina (Otto Octavius / Doctor Octopus)
Willem Dafoe (Norman Osborn / Green Goblin)
Jamie Foxx (Max Dillon / Electro)
J.K. Simmons (J. Jonah Jameson)
DrehbuchChris McKenna
Erik Sommers
FilmmusikMichael Giacchino
KameraMauro Fiore
SchnittMichael Kahn
Filmlänge148 Minuten
FSKAb 12 Jahren

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