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Robin Hood 2018 Review

Robin Hood (2018) – Filmkritik

„Brexit of the Poor“

Der Dieb aus dem Sherwood Forest, der die Reichen bestiehlt, um die Armen zu beschenken, erhielt schon unzählige Verfilmungen. 2010 verfilmte Ridley Scott mit exzellenter Schauspielwahl (Russell Crowe, Cate Blanchett, Mark Strong und Oscar Isaac) die Geschichte von dem Bogenschützen in großen Schlachten und mit noch größeren Reden. Aber für mich, es ist wohl auch meiner kindlichen TV-Bildung geschuldet, ist der Ur-Robin-Hood-Film jener mit Kevin Costner in der Hauptrolle und hört auf den schönen Titel: ROBIN HOOD – KÖNIG DER DIEBE (1991). Nach dieser gut erzählten Geschichte in den Wäldern, unter anderem mit Morgan Freeman und Alan Rickman genial nebenbesetzt, sehnte ich mich während ich die neue 2018er Verfilmung im Kinosaal über mich ergehen lassen musste. Der Trailer ließ bereits Schlimmes erahnen, jedoch konnte der Film mit seinen sinnlosen Handlungssträngen dann noch einiges draufsetzen, aber dazu gleich mehr. Jetzt zur neuen Geschichte des Diebes mit dem Herzen am richtigen Fleck.

Robin Hood 2018 Review
Robin von Loxley (Taron Egerton) // © Studiocanal (Photo by Larry Horricks)

Inhalt

Der junge Adelsmann Robin von Loxley (Taron Egerton) lebt in einem imposanten Anwesen und verliebt sich in die hübsche Marian (Eve Hewson). Das Glück der Zwei hält nur kurz an, dann kommt der Einberufungsbefehl in den Mittleren Osten, Entschuldigung, zu den Kreuzzügen nach Persien. Dort erleben wir, wie Robin sich verbittert mit seiner Mannschaft durch arabische Häuserschluchten kämpft. Alle sind nur mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Ein bösartiger Hinterhalt durch einen Schützen mit Maschinengewehr, ich bitte wieder um Entschuldigung, mit riesiger Schnellschuss-Armbrust, tötet fast alle seine Kameraden. Robin schafft es jedoch mit viel Mut den Schützen zu erlegen. Dort trifft er auch zum ersten Mal auf den neuen Little John (Jamie Foxx) als Gegner. John schwört ihm die ewige Treue aus einem so absurden Grund, welchen ich hier nicht spoilern möchte, so dass sich jeder verwirrt im Kinosaal an die eigene Stirn klatschen wird. Nach Jahren des Kampfeinsatzes kommt er zurück nach Nottingham. Sein Tod wurde jedoch bereits vor Jahren vom fiesen Sheriff von Nottingham (Ben Mendelsohn) bescheinigt. Im Zuge dessen wurde sein Besitz beschlagnahmt und seine Marian in die haarigen Arme des langweiligsten Typen der Mienen von Nottingham getrieben. Warum Robin sich jetzt für die Armen einsetzt, werdet ihr im Kino erfahren oder bereits meilenweit gegen den Wind riechen.

Robin Hood 2018 Review
Robin von Loxley (Taron Egerton) in den Kreuzzügen // © Studiocanal (Photo by Larry Horricks)

Besetzung

Dass Robin Hood eigentlich ein Adliger war, der nach den Kreuzzügen zu seinem entmachteten Besitz zurückkehrt, wissen wir bereits. Aber dieser Robin ist in meinen Augen doch zu jung, um bereits ein Leben auf dem Schlachtfeld am anderen Ende der Welt geführt zu haben. Taron Egerton (ROCKETMAN) hat mit KINGSMAN bewiesen auch als taffer Agent austeilen zu können, aber im dreckigen Mittelalter mit Pfeil und Bogen bewaffnet, würde er sicherlich nicht lang durchhalten. Seine Liebe des Lebens, die holde Marian, wird von Eve Hewson gespielt, die leider nur minimales Interesse durch ihren dunklen Haarschopf und den strahlend blauen Augen hervorrufen kann, aber sonst in der Geschichte nicht viel zu sagen hat. Aber sie ist definitiv die am besten gekleidete Suppenküchen-Chefin von Nottingham. Jamie Foxx spielt den Pfeil und Bogen-Meister, der verrät, wie man in einer Sekunde zwei Pfeile abschießen kann, nur in dem man die Auflage des Pfeils von rechts nach links wechselt. Vielleicht war ich bereits gedanklich zu sehr in den Wäldern von Sherwood aus den 90er Jahren abgedriftet, aber das habe ich physikalisch nicht verstanden. Egal, es gibt auch eine typische Trainingssequenz, wie Robin zum Superbogen-Schützen wird. Aber er hat es im Film auch nicht gerade schwer, denn seine Gegner sind gesichtslose Soldaten, die ihm wie Drohnen in die Pfeile laufen und ROBIN HOOD eher wie ein Egoshooter-Game wirken lassen.

Robin Hood 2018 Review
Sherrif von Nottingham (Ben Mendelsohn) // © Studiocanal (Photo by Larry Horricks)

Kommen wir zu meiner größten Hoffnung des Films: Ben Mendelsohn als Sheriff von Nottingham. Ich mag diesen Typen seit PLACE BEYOND THE PINES. Mit gefällt jedoch nicht, dass er nur noch sich windende Bösewicht-Rollen annimmt wie in ROGUE ONE oder READY PLAYER ONE. Jedoch tötet das Drehbuch dieser von Gier gefesselten Bösewicht-Figur des Sheriffs jede Art von Potential. Von einer Rede, dass die bösen Perser demnächst alle vor den Türen der einfachen Bürger von Nottingham stehen werden, wird er nicht verschont. Seine unmotivierte Kooperation mit dem Vatikan ergibt keinerlei Sinn und seine wiederkehrenden metapherreichen Drohungen verschenken jegliche Gefahr. Es blitzt nur einmal in seinem Charakter Filmmagie auf, als er von seiner Kindheit im Waisenheim berichtet, aber diese Geschichte hätte zehn bessere Robin Hoods hervorgebracht als dieser englische Robin-Schnösel, der seine Jugendliebe zurückgewinnen will. Vom Kiffer Tuck (Tim Minchin) möchte ich gar nicht sprechen.

Robin Hood 2018 Review
Robin (Taron Egerton) und John (Jamie Foxx) // © Studiocanal (Photo by Larry Horricks)

The Hood Hip Hop-Style

Eine gute Geschichte funktioniert auch im Jetzt, aber bitte bringt aktuelle Trends nicht ins Mittelalter. Keiner möchte Glamour-VIP-Partys in Burgen sehen, keinen sakkotragenden Mittelalter-Bruce Wayne ertragen und vor allem keinem sinnfreien Kampf der Armen gegen die Reichen beiwohnen. Denn dieser Kampf setzt dem Ganzen noch den Hut bzw. die Kapuze auf, wenn ein Dieb fast schon gewerkschaftsmäßig die Mienenarbeiter zum Straßenkampf gegen den Polizeistaat aufruft, um ihre Steuern zurückzubekommen. Sie laufen linksautonom vermummt durch die Straßen einem Lord hinterher, der eigentlich nur sein altes Leben zurückhaben will und krepieren wegen mangelnder Ausrüstung jämmerlich auf den Pflastersteinen, die sie zum Werfen zum Glück nicht auch noch herausgebrochen haben. Die Szenerie wird natürlich in feinstem 4K-Slow-Motion tragisch und heldenhaft zugleich inszeniert. Es wird keine Umverteilung geben, es ist nur ein sinnloser Aufstand gegen die Obrigkeit ohne Moral und Substanz. Man könnte es dem Film vorwerfen, dass dies alles der Action und Unterhaltung wegen passiert, aber selbst das wird durch die fadenscheinige FSK 12-Freigabe beschnitten. Statisten sterben zu Dutzenden, aber im ganzen Film ist vielleicht mal eine blutige Lippe zu sehen und von der angepriesenen Action bleiben nur unscharfe CGI-Effekte.

Robin Hood 2018 Review
© Studiocanal

Fazit

Man kann wirklich kaum ein gutes Haar an diesem ROBIN HOOD lassen. Lediglich bei extrem seichtem Unterhaltungsbedürfnis mit absoluter Alternativlosigkeit kann man zum Film raten. Na ja, wenn man vielleicht in einer Kleinstadt im Nirgendwo eingeschneit ist und es dort lediglich nur ein Kino gibt, wo ausschließlich dieser Film läuft, dann vielleicht. Die Produktion hat jedoch etwas Gutes zu vermelden, wenn man den Abspann sieht und erkennt, dass Halb-Kroatien und Halb-Ungarn ein paar Rechnungen mit dieser aufwändigen Produktion zahlen konnten. In diesem Sinne ist es eine ganz eigene Umverteilung von den Reichen zum einfachen Volke. Danke ROBIN HOOD!

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewRobin Hood (2018)
PosterRobin Hood 2018 Review
Releaseab dem 10.01.19 im Kino
ab dem 23.05.19 auf DVD/Blu-ray/UHD
bei Amazon bestellen

RegisseurOtto Bathurst
Trailer
BesetzungTaron Egerton (Robin von Loxley)
Jamie Foxx (Little John)
Ben Mendelsohn (Sheriff von Nottingham)
Eve Hewson (Marian)
Jamie Doran (Will Scarlet)
Tim Minchin (Friar Tuck)
F. Murray Abraham (Kardinal)
DrehbuchBen Chandler
David James Kelly
KameraGeorge Steel
MusikJoseph Trapenese
SchnittChris Barwell
Joe Hutshing
Filmlänge116 Minuten
FSKab 12 Jahren

2 Gedanken zu „Robin Hood (2018) – Filmkritik“

  1. Der Hood von Scott war schon Mist aber das Ding hier ist so dermaßen peinlich. Man kann nur hoffen, dass die Karrieren der Schauspieler keinen ernsthaften Schaden von dem Machwerk nehmen.

    Ich würde Ben Mendelsohn gern nicht zum x-ten Male in der gleichen Schurkenrolle sehen wollen sonst geht Ihm am Ende wie Michael Wincott der in den 90gern, auch im Costner Robin Hood, meist die böse stereotype Rollen innehatte und den heute auch niemand mehr kennt.

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