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Road House (1989) – Filmkritik

„Kneipen-Western“

Filme, die man in seiner Kindheit gern und oft geschaut hat, sind manchmal ein Gradmesser, wie sehr man sich im Erwachsenenalter verändert hat. Ist der Geschmack ein anderer? Kann man bei denselben Szenen noch lachen oder ist man träge und skeptisch geworden? Die gute Nachricht für mich ist, dass ich ROAD HOUSE in seiner geradlinigen Art immer noch wunderbar unterhaltsam finde, trotz seiner Klischees. Wie sehr sich solche Mid-Budget-Actionfilme inzwischen verändert haben, wird im Vergleich zur Neuinterpretation von 2024 mit Jake Gyllenhaal in der Hauptrolle deutlich: mehr Digital, mehr Zeitgeist und mehr Miami, aber auch mehr Herz? Wohl eher nicht. Patrick Swayze hat sich als James Dalton, der coolste Türsteher der Filmgeschichte, ein kultiges Denkmal gesetzt, an dem es nur wenige Risse gibt.

© Capelight Pictures

Handlung

Was ist das Wichtigste in einem Nachtclub? Nicht die Musik, nicht der Barkeeper oder nicht die Inneneinrichtung, es ist der Rausschmeißer. Er sorgt dafür, dass die richtigen Leute hineingehen und die falschen am Einlass scheitern oder schnell wieder rausfliegen. James Dalton (Patrick Swayze) hat sich durch sein ruhiges und effektives Arbeiten in der Branche einen exzellenten Ruf erarbeitet. In seiner Vergangenheit liegen ein Philosophiestudium und ein tragischer Vorfall, über den er nicht sprechen möchte. Eines Tages steht Frank Tilghman (Kevin Tighe), der Besitzer des Nachtclubs „Double Deuce“, bei ihm auf der Matte und will Dalton als neuen Geschäftsführer. Dalton nimmt die neue Herausforderung an und seine hohen Gehaltswünsche werden erfüllt.

© Capelight Pictures

Das Double Deuce in Missouri ist jedoch ein ziemliches Drecksloch. Die Band spielt aus Sicherheitsgründen hinter einem Maschendrahtzaun, die Türsteher nutzen ihre Arbeitszeit als Kontaktanzeige und der Barmann greift kräftig in die Kasse. Dalton ändert brachial das Personal. Das passt jedoch dem selbsternannten Stadtbaron namens Brad Wesley (Ben Gazzara) gar nicht in den Kram. Alle Besitzer von Geschäften sollen ihm ein Schutzgeld zahlen, so auch zum Beispiel der Besitzer für Autoteile Red Webster (Red West), dessen Laden nach einer kleinen Rebellion schnell Feuer fängt. Dalton freundet sich mit den Bewohnern der Stadt an und tritt den Schlägern kräftig auf die Füße. Nachdem er seinem besten Freund Wade Garrett (Sam Elliott) seine große Liebe, die Ärztin Elizabeth Clay (Kelly Lynch) vorstellt, eskaliert das Machtgefüge in der Stadt.

© Capelight Pictures

Sei nett!

Mir ist damals nicht aufgefallen, dass ROAD HOUSE ein reinrassiger Neo-Western ist: Ein wortkarger Held mit einem gewissen Legendenstatus kommt in ein kleines Nest. Dort herrscht ein Tyrann ohne moralische Grenzen zusammen mit einer Bande aus Schlägern und Mördern. Der Held erträgt die Ungerechtigkeit nicht, verliebt sich in die Dorfschönheit, auf die der Oberschurke ebenfalls ein Auge geworfen hat und das Ganze endet in einem blutigen Showdown. ROAD HOUSE verteilt aber erst am Ende Schrot und Pistolenkugeln, bis dahin werden Fäuste, Baseballschläger und vor allem Roundhouse-Kicks verteilt. Es ist die Zeit der coolen Kampfsportarten, fast jeder Teenager wollte in den 1990ern Karate, Judo, Kung-Fu oder Kickboxen lernen. Mit diesem Wandel von Muskelvolumen der Bodybuilder-Ära hin zur akrobatischen Selbstverteidigung aus Asien trifft Swayze genau den damaligen Zeitgeist. Man hört es immer wieder in den Verwunderungen der Nebenfiguren: „Wissen sie, ich dachte sie wären kräftiger.“

© Capelight Pictures

Dieser James Dalton ist drahtig, schnell und muskulös. Er sucht das einfache Leben, eine Wohnung in einer Scheune, die meditative Atmosphäre eines Sonnenaufgangs und den intellektuellen wie romantischen Austausch mit einer Ärztin. Dalton ist ein Mann von der Straße, aber mit ausgeglichenem Gemüt, vielleicht auch dank seines Philosophiestudiums. Wenn man zu oft Leute rausschmeißt, stellt sich einem dann die Frage nach dem Sinn des Lebens? Die Rolle der Frau ist in ROAD HOUSE die Passivität durch und durch. Aber zumindest muss er die „Jungfer in Nöten“ nicht retten, sondern schaltet zum Ende auf brachialen Rachemodus mit Selbstjustiz als Rückendeckung. Im Finale ist ROAD HOUSE überraschend blutig und gnadenlos. Das funktioniert hervorragend, wenn man sein Publikum zuvor mit einer Mischung aus Komödie und Kneipenschlägerei (quasi ein Bud Spencer und Terence Hill Film) wohlig eingepackt hat.

© Capelight Pictures

Original vs. Remake

Wir machen es kurz: Über den Vergleich ROAD HOUSE (1989) und ROAD HOUSE (2024) haben sich sicherlich schon einige ausgelassen. Mir fallen besonders zwei Dinge sofort ins Auge: die Sicht auf den amerikanischen Kapitalismus und der Sport. Die 2024er Version setzt voll und ganz auf den aktuellen Trend des Mixed-Martial-Arts-Kampfs. Mittlerweile ein Milliardenbusiness und Jake Gyllenhaal passt in diese Sportart perfekt hinein, wohingegen sein Gegner, der Profi-Kämpfer Conor McGregor, von der Schauspielerei lieber die Finger lassen sollte. Dieses Sport-Fitness-Update ist gelungen. Im Aspekt der Hass-Liebe zum Kapitalismus sind beide Filme oberflächlich gleichgeblieben, wohingegen die 1989er-Version wesentlich präziser ist. Beim Remake ist der Oberboss ein Immobilienhai. Eigentlich noch schlimmer, er ist ein reicher Erbe eines Immobilienmagnaten, der unbedingt bei seinem alten Herrn Eindruck machen will. Also ein reicher Typ mit Minderwertigkeitskomplex. Der Wunsch nach wirtschaftlichem Erfolg hält sich bei den „einfachen“ Tagelöhnern in der Bar eher in Grenzen. Konsum steht hinten an, man will eine coole Partylocation an Floridas Küste aufbauen.

© Capelight Pictures

ROAD HOUSE (1989) spricht viel mehr über Geld. Konkrete Gehaltswünsche gleich zu Beginn. Der einzige Luxusgegenstand, den Dalton besitzt, ist sein Mercedes Coupé, das er sorgfältig in der Scheune abdeckt. Erst als er nach der Ermordung seines Ziehvaters in dieses Auto steigt, es auf dem staubigen Parkplatz zu einer schnellen Wendung zwingt, wissen wir: Jetzt hat er nichts mehr zu verlieren. Sein einziges kapitalistisches Statussymbol, der Beweis seiner erfolgreichen Karriere, wird in einem spektakulären Feuerball auf dem Wesley-Anwesen einen Heldentot sterben. So erzählt man eine Charakter-Entwicklung und nicht mit dem einsamen Leben auf einem Boot und ein paar Klimmzügen. Im Original von Regisseur Rowdy Herrington richtet sich der Zorn der Stadtbewohner konzentriert gegen den Fiesling, der sogar noch nebenbei Wilderer ist. Es wird Zeit, dass sich der Stadtrat zusammentut und sich seine Trophäe für einen gemeinschaftlichen sozialen Wohlstand holt. Das ist natürlich maßlos übertrieben und die Selbstjustiz bleibt gesetzeswidrig, aber man kommt nicht daran vorbei, diesem Racheakt mit einer gewissen Genugtuung zu begegnen. Die 2024er Version kann da nur finales Verprügeln liefern.

© Capelight Pictures

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Das Jahr 2024 läuft für das Label Capelight ausgezeichnet. Es widmet sich einem Kultfilm nach dem anderen und verschönert sie im Mediabook mit Ultra HD Blu-ray, Blu-ray und Bonus-Blu-ray. Bild und Ton von ROAD HOUSE sind bestens. Eine Bonus-Blu-ray bietet Stunden voller Extras, wie zum Beispiel das Making of zum Film mit Regisseur Rowdy Herrington. Die Klassiker von MGM bekommt man alle auch mit einem Amazon Prime Abo im Stream, aber Qualität gibt es nur in dieser schönen Edition, inhaltlich wie auch bei Bild und Ton. Nichts schlägt physische Medien. Und wer gern noch etwas lesen möchte, sollte unbedingt in das 24-seitige Booklet von Wieland Schwanebeck (100 Seiten. James Bond) reinlesen. Kaufen, sonst kommt der Monster Truck vorbei.

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Fazit

Dem Original kann keiner etwas anhaben. Coolness, Benehmen und Lebensphilosophie verkörpert kein anderer wie dieser James Dalton. ROAD HOUSE bleibt der beste Kneipen-Western der Filmgeschichte, wenn es denn ein solches Ranking überhaupt gibt.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewRoad House (1989)
Poster
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RegieRowdy Herrington
Trailer
BesetzungPatrick Swayze (James Dalton)
Kelly Lynch (Dr. Elizabeth Clay)
Sam Elliott (Wade Garrett)
Ben Gazzara (Brad Wesley)
Kevin Tighe (Frank Tilghman)
Red West (Red Webster)
Sunshine Parker (Emmet)
Terry Funk (Morgan)
Jeff Healey (Cody)
Kathleen Wilhoite (Carrie Ann)
DrehbuchDavid Lee Henry
Hilary Henkin
KameraDean Cundey
MusikMichael Kamen
SchnittJohn F. Link
Frank J. Urioste
Filmlänge114 Minuten
FSKab 16 Jahren

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