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Quiet Earth (1985) – Filmkritik

„Das letzte Experiment“

Im Jahre 1985 mischte eine unscheinbare neuseeländische Produktion das Science-Fiction-Genre gehörig durcheinander. Die Rede ist von QUIET EARTH. Diese kleine Produktion mit einem geschätzten Budget von 1.000.000 Dollar, überraschte und faszinierte Publikum wie auch Kritiker gleichermaßen. Und genau diese Faszination ist bis heute erhalten geblieben und bringt uns selbst 38 Jahre nach seinem Erscheinen noch immer zum Staunen. Zum einen ist es die geniale Story, zum anderen sind es die erstklassigen Darsteller, allen voran Bruno Lawrence. Dazu erschafft Regisseur Geoff Murphy eine einzigartige Endzeit-Atmosphäre, die den Zuschauer von der ersten Sekunde an in ihren Bann zieht und sich besonders tief in seinem Kopf einnistet. QUIET EARTH wird noch lange nach der ersten Sichtung ein Thema bleiben, versprochen.

© Plaion Pictures

Handlung

Eines Morgens erwacht der Wissenschaftler Zac Hobson (Bruno Lawrence) und muss feststellen, dass er der einzige Mensch auf der Welt zu sein scheint. In den Straßen herrscht Totenstille, die Radiostationen schweigen, noch nicht einmal das Zwitschern eines Vogels durchbricht die gespenstische Ruhe. Neben all der Euphorie, ganz nach Belieben Geschäfte zu plündern und dergleichen, plagen Zac auch schwere Schuldgefühle, denn er trägt eine Mitschuld am mysteriösen Verschwinden aller Menschen. Verzweifelt versucht Zac das verwirrende Puzzle zusammenzusetzen was wirklich passierte. Gibt es noch eine Möglichkeit, das grauenvolle Ereignis rückgängig zu machen?

© Plaion Pictures

„Ich bin verdammt zu leben“

Das Hauptmotiv von QUIET EARTH, der letzte Mensch der Erde, ist so alt wie die Geschichten über den Menschen und wurde bereits in zahlreichen Romanen, aber nur in einigen wenigen Filmen verwendet (einen ersten Überblick gibt es in der Übersicht „Last Man Standing“ von Kim Newmann, die in den Extras des Mediabooks von Plaion Pictures zu finden ist). Der Weltuntergang im Kino findet in der Regel eher durch einen Atomkrieg, einen bösartigen Virus, einer Horde Zombies, einem Meteoriten oder blutrünstiger Mutanten statt. Ein ähnliches Thema wie in QUIET EARTH finden wir in einer Story von Richard Matheson: „I am Legend“ aus dem Jahre 1954. Dort begleiten wir einen letzten Überlebenden auf dem Planeten Erde, der allerdings von unzähligen vampirähnlichen Kreaturen bedroht wird. Verfilmt wurde Mathesons Roman schon mehrfach. Die beiden besten Adaptionen sind ohne Zweifel THE LAST MAN ON EARTH (1964) mit Vincent Price und DER OMEGA-MANN (THE OMEGA MAN, 1971) mit Charlton Heston. Danach gab es noch einige weitere Versuche, die aber nicht der Rede wert sind. Wenn wir über den Weltuntergang im Filmformat im Allgemeinen sprechen, dann gibt es auch hier nur eine Handvoll wirklich herausragender Werke. Darunter befindet sich der britische DER TAG, AN DEM DIE ERDE FEUER FING (THE DAY THE EARTH CAUGHT FIRE, 1961), der australische THESE FINAL HOURS (2013) und eben  QUIET EARTH.

© Plaion Pictures

All das, was Regisseur Murphy und seine Darsteller in ihrer apokalyptischen Story packten, fehlt hingegen bei heutigen CGI-Orgien wie beispielsweise Roland Emmerichs 2012 – DAS ENDE DER WELT (2009) oder THE DAY AFTER TOMORROW (2004). Wird die CGI aus solchen Streifen entfernt, bleibt nur noch gähnende Leere. Wenig Inhalt, keine Story und langweilige, eindimensionale Charaktere kennzeichnen diese lieblosen Produktionen. Viel Rauch um nichts eben. Dagegen bietet QUIET EARTH echte Endzeit-Atmosphäre im Gewand der 1980er Jahre. Drei starke Schauspieler und einen genialen Regisseur, die zusammen mit viel Liebe und psychologischem Tiefgang eine packende Story zum Leben erwecken, auf eine gänzlich minimalistische Art. Selten ist es einem Film gelungen, die Stille eines ganzen Planeten, die Einsamkeit des letzten Menschen, die Verzweiflung, die Panik und das Entsetzen so fühlbar für den Betrachter in Szene zu setzen wie in QUIET EARTH. Der Zuschauer leidet förmlich mit, wenn Zac Hobson durch leere Straßenschluchten taumelt, auf der verzweifelten Suche nach weiteren Überlebenden. Große Ähnlichkeiten finden wir in dem ähnlich gelagerten Film DIE WELT, DAS FLEISCH UND DER TEUFEL (THE WORLD, THE FLESH AND THE DEVIl, 1959) der ebenso wie QUIET EARTH eine Dreiecksbeziehung und Rassenkonflikte mit seinen Akteuren durchexerziert. Was bei QUIET EARTH ebenfalls zum Tragen kommt, ist die stumme Anklage in Richtung Wissenschaft und dem bedingungslosen Glauben an den neuen Gott Fortschritt, egal wie riskant oder gefährlich es auch scheint.

© Plaion Pictures

Regie und Darsteller

Der relativ unbekannte Neuseeländer Geoff Murphy (1938-2018) führte bei QUIET EARTH Regie. Einigen wenige dürften ihn als Regisseur von FREEJACK – GEISEL DER ZUKUNFT (1992), ALARMSTUFE: ROT 2 (UNDER SIEGE 2: DARK TERRITORY, 1995) oder DIE FESTUNG II: DIE RÜCKKEHR (FORTRESS 2, 2000) kennen. Daneben war er als 2nd-Unit-Regisseur bei DANTE’S PEAK (1997) sowie DER HERR DER RINGE: DIE GEFÄHRTEN (THE LORD OF THE RINGS: THE FELLOWSHIP OF THE RING, 2001) im Einsatz. Hauptdarsteller Bruno Lawrence (1941-1995) war neben seiner Tätigkeit als Schauspieler auch als Autor tätig. Unter anderem war er am Drehbuch zu QUIET EARTH beteiligt. Seine Filmpartnerin Alison Routledge (geboren 1960), spielte ein Jahr später in dem neuseeländischen Streifen DIE BRÜCKE INS JENSEITS (BRIDGE TO NOWHERE, 1986) erneut mit Bruno Lawrence zusammen. Der Dritte im Bunde, Pete Smith (1959-2022) ist in einer kleinen Rolle in DER HERR DER RINGE: DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS (THE LORD OF THE RINGS: THE RETURN OF THE KING, 2003) sowie in DIE LETZTE KRIEGERIN (ONCE WERE WARRIORS, 1994) zu sehen. Alles in allem muss aber festgehalten werden, dass QUIET EARTH für alle Beteiligten wohl der Höhepunkt ihrer Karrieren darstellt.

© Plaion Pictures

Das Mediabook

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Als Extras finden wir in dem schicken Mediabook mehrere Audiokommentare, eine Doku mit dem Filmkritiker Kim Newman („Last Man Standing“, ca. 17 min.) und ein Videoessay zum Film von Bryan Reesman („What is the Quiet Earth?“, ca. 13 min.), beide mit deutschem Untertitel. Daneben finden sich noch einige Trailer, eine Bildergalerie sowie das umfangreiche Booklet mit einem Text von Daniel Wagner.

© Plaion Pictures

Fazit

Das neuseeländische Meisterwerk QUIET EARTH hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Geoff Murphys Film ist in kürzester Zeit zu einem zeitlosen Kult-Klassiker avanciert und belegt einen der vordersten Spitzenplätze, wenn es um das Ende der Welt geht. Legendär wie der Film ist auch sein kryptisches Finale, das bis heute für Kopfzerbrechen und reichlich Diskussionen sorgt.

© Stefan F.

Titel, Cast und CrewQuiet Earth - Das letzte Experiment (1985)
OT: The Quiet Earth
Poster
Releaseseit dem 29.06.2023 im Mediabook (Blu-ray + DVD) erhältlich.

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RegieGeoff Murphy
Trailer
BesetzungBruno Lawrence (Zac Hobson)
Alison Routledge (Joanne)
Pete Smith (Api)
DrehbuchCraig Harrison
Bill Baer
Bruno Lawrence
Sam Pillsbury
KameraJames Bartle
MusikJohn Charles
SchnittMichael Horton
Filmlänge91 Minuten
FSKab 16 Jahren

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