Zum Inhalt springen

Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen (2018) – Filmkritik

„Die Geschichte der Geschichten“

Es wurde dunkel in den Lichtspielhäusern, als sich die Verfilmungen der Harry Potter-Buchreihe dem Ende neigten. Die Magie der Fantasiewelt verschwand langsam aus den Kinos und die knallbunten Superhelden-Filme und Star-Wars-Streifen traten an ihre Stelle. Sicherlich ist die Harry-Potter-Reihe als solche in ihrer Qualität bei Kritikern auch umstritten, aber die Filme haben jedes Jahr zur Weihnachtssaison ein Staunen auf die Gesichter von Familien und Fans gezaubert. Freude und Skepsis hagelte es zu gleichen Teilen, als bekannt wurde, dass es weitere Filme aus dem Wizard Universe geben wird. PHANTASTISCHE TIERWESEN UND WO SIE ZU FINDEN SIND hat 2016 nicht nur die Potter-Heads reaktiviert, sondern auch Nichtkenner der Bücher auf die Kinosessel gelockt und begeistert. Der Weihnachtskinofilm in der Saison 2018 soll nun wieder in den Händen der reichsten Frau Englands liegen: J. K. Rowling.

Grindelwald (Johnny Depp) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Und das ist gut so, denn Schnee wird im Winter merklich seltener und auch von Nächstenliebe ist in den Städten zur Weihnachtszeit wenig zu spüren. Stellt sich die Frage: Wird der zweite Teil PHANTASTISCHE TIERWESEN: GRINDELWALDS VERBRECHEN den Zauber von Magie und Märchen zumindest in diesem Jahr in die Kinos bringen? Sicher, aber leider zu einem gewissen Preis.

Jacob Kowalski (Dan Fogler) und Tina Goldstein (Katherine Waterston) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Handlung

Newt Scamander (Eddie Redmayne) ist in Großbritannien angekommen und darf direkt das Land nicht mehr verlassen. Zu seinem Leid, da er weiterhin neue Kreaturen finden und erforschen möchte. Währenddessen ist es Grindelwald (Johnny Depp) gelungen, sich aus seiner Gefangenschaft in New York spektakulär zu befreien. Weiterhin wird bekannt, dass Credence Barebone (Ezra Miller) noch am Leben ist und nach seiner wahren Mutter sucht. Grindelwald ist immer noch an Credence als Waffe für seine Zwecke interessiert und schart die dunklen Mächte um sich. Dies sind nur die ersten 20 Minuten des Films und mehr möchte man gar nicht verraten – kann man auch gar nicht, weil es den üblichen Rahmen einer Filmkritik sprengen würde. Soviel sei verraten: Es gibt viel zu sehen, einige bekannte Gesichter tauchen auf und jede Menge neuer Figuren werden vorgestellt, wie es sich für einen guten Roman der Harry-Potter-Reihe gehört.

Tina Goldstein (Katherine Waterston) und Newt Scamander (Eddie Redmayne) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Inszenierung eines Romans

Roman? Und da sind wir leider auch schon bei dem in der Einleitung angesprochenen Preis, der gezahlt wird. Die Schriftstellerin J. K. Rowling ist allein für das Drehbuch verantwortlich, schrieb dieses jedoch wie einen Roman. Wir sind uns sicherlich alle einig, dass nur sie es vermag, die Vorgeschichte zur „Potter-Ära“ zu erzählen und auch in GRINDELWALDS VERBRECHEN entfaltet sie ihre Fantasie im Reich der Zaubersprüche unerschöpflich. Es handelt sich hier weiterhin um einen Kinofilm, nicht um einen Roman, weshalb man als Zuschauer gewisse Spannungslücken und viel „Erzählen“ hinnehmen muss. Die gute Nachricht ist jedoch, dass es den Schauspielern – die Stammbesetzung agiert wieder hervorragend – gelingt, den unterhaltungssüchtigen Kinogänger an die Hand zu nehmen und durch diese Menge an Handlungen und Persönlichkeiten, die erzählt werden wollen, zu führen. Selbst Johnny Depp beweist, dass er nicht nur den Oberfiesling (BLACK MASS) oder den lustigen Trottel (FLUCH DER KARIBIK) mimen kann, sondern über ein differenziertes Spiel als Bösewicht verfügt. Dies liegt auch an der interessanten Gestaltung seiner Motivation, die Zauberer als die reine Art weit über den normalen Menschen zu stellen. Die Geschichte spielt zum Ende der 1920er Jahre und die Thematik Faschismus findet ihren Anklang, aber sie wird auf eine komplexe Denkweise erhoben, was es dem Zuschauer nicht leicht macht, das sofort zu verteufeln. Hierdurch bleibt Grindelwald spannend, bedrohlich und unberechenbar. Vielleicht unterliegt das einem gewissen Trend des „Superschurken mit 21.-Jahrhundert-Überzeugung“, wie zuletzt Thanos in AVENGERS: INFINITY WAR.

Leta Lestrange (Zoë Kravitz) und Grindelwald (Johnny Depp) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Dem gegenüber stehen die Guten, denn auch hier muss wieder eine Bildung wie in den Harry Potter-Teilen entstehen. Eine Gruppe von Kämpfern, die man liebgewinnt und welche sich für den großen Endkampf zusammenfinden. Selbst Newt, der lieber die Seite der magischen Tiere wählt als die der Zauberer, muss einen Schritt dorthin unternehmen. Zur guten Seite gehört auch Jude Law, der den jungen Dumbledore spielt. Er agiert noch ein bisschen zurückhaltend und scheint den Tonus seiner Zukunftsversion von Michael Gambon noch nicht gefunden zu haben. Etwas mehr Einfallsreichtum mit Alleinstellungsmerkmalen als einen schwebenden Handschuh, hätte man sich gewünscht. Aber der Weg der PHANTASTISCHEN TIERWESEN ist bekanntlich auch nach diesem Teil noch nicht zu Ende, was man GRINDELWALDS VERBRECHEN auch deutlich anfühlt.

Albus Dumbledore (Jude Law) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Die Weichen zur Entwicklung der Charaktere sind in eine äußerst interessante Richtung gestellt, vor allem bei Grindelwald und Dumbledore. Man hofft jedoch auch inständig, dass es hierbei keine extremen Zweiter-Weltkriegs-Metaphern geben wird. Die Parallelwelt entwickelt sich, was auch GRINDELWALDS VERBRECHEN wieder zeigt, auch so in interessantere Bahnen: Es gibt die Mutanten unter den Zauberern, einen Zirkus, der erheblich an FREAKS (1932) erinnert und auch die Entwicklung von Credence beweist das Vermögen, auf hohem Niveau eine spannende Vorgeschichte zu erzählen. Das Problem von Prequels, wie bei es auch die PHANTASTISCHEN TIERWESEN-Filme sind, dass bestimmte Figuren aus Gründen der Logik unantastbar für den Tod sind. Aber GRINDELWALDS VERBRECHEN schafft es mit neuen, interessanten Figuren, die einem ans Herz wachsen, trotzdem eine emotionale Verbundenheit herzustellen und die Spannungskurve ordentlich nach oben zu drehen.

Nagini (Claudia Kim) und Credence Barebone (Ezra Miller) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Der Humor trifft mit seiner britischen Art nicht immer in jede Kerbe, jedoch halten die Nebencharaktere, vor allem durch Queenie und Jacob, das Niveau weit oben. Die Welt ist ohne Umschweife wieder fantastisch inszeniert. Paris als Haupthandlungsort macht einen lebendigen Eindruck und Newts Kreaturen bekommen schillernde, liebevolle Auftritte.

Tina Goldstein (Katherine Waterston) und Newt Scamander (Eddie Redmayne) // © WARNER BROS. ENTERTAINMENT

Fazit

Das Highlight des Films bleiben die vielen Geschichten, die von den einzelnen Figuren erzählt werden, was jedoch an den passiven Kinogänger mit Entertainment-Sucht eine Herausforderung darstellen wird, da dieser vielleicht nicht immer das Ende des roten Fadens zu fassen bekommt. Aber für alle Hogwarts-Besucher und Liebhaber von fantastischen Geschichten ist PHANTASTISCHE TIERWESEN: GRINDELWALDS VERBRECHEN ein Pralinenkasten für die Weihnachtszeit. Darin befinden sich viele Leckereien, wobei man nach dessen Genuss erst einmal gesättigt ist, sich allerdings immerhin nach einiger Zeit bereits auf die nächste Schachtel freut.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewPhantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen (2018)
OT: Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald
Poster
ReleaseKinostart: 15.11.2018
Ab dem auf UHD, Blu-ray und DVD
Bei Amazon bestellen:
RegisseurDavid Yates
Trailer
BesetzungEddie Redmayne (Newt Scamander)
Katherine Waterson (Tina Goldstein)
Dan Fogler (Jacob Kowalski)
Alison Sudol (Queenie Goldstein)
Ezra Miller (Credence Barebone)
Jude Law (Albus Dumbledore)
Johnny Depp (Gellert Grindelwald)
Zoë Kravitz (Leta Lestrange)
Carmen Ejogo (Seaphina Picquery)
Nagini (Claudia Kim)
DrehbuchJ. K. Rowling
StoryJ. K. Rowling
KameraPhilippe Rousselot
MusikJames Newton Howard
SchnittMark Day
Filmlänge134 Minuten
FSKab 12 Jahren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert