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Nur ein kleiner Gefallen (2018) – Filmkritik

Mit Schirm, Charme und Vorstadtgeflüster

Wenn ich eins aus acht quälenden Staffeln DESPERATE HOUSEWIVES gelernt habe, dann, dass besonders hinter verschlossenen Türen von Vororten stets Geheimnisse versteckt sind. Die Fassade aus perfekten Familien und ewig grünen Vorgärten bietet den Nährboden für menschliche Abgründe. So auch in dem kleinen, zur modischen Perfektion durchgestylten Machwerk von GHOSTBUSTERS (2016) Regisseur Paul Feig. Obwohl der Trailer zu NUR EIN KLEINER GEFALLEN sehr an GONE GIRL erinnert, beschreitet Paul Feig mit der Geschichte von der Autorin Darcey Bell nicht die zu erwartenden Pfade. Meinungen zum Film sowie zur Besetzung spalten Kritiker und Zuschauer gleichermaßen. Somit eröffnet der Film zum Verkaufsstart der Blu-ray-Version eine passende Gelegenheit hinter die Gardinen der Vorstadt zu blicken.

NUR EIN KLEINER GEFALLEN – Miles & Stephanie & Nicky // © Studiocanal

Inhalt

Durch die Freundschaft der Kinder Nicky und Miles treffen zwei Frauen aufeinander, die auf den ersten Blick nicht passen wollen. Da wäre zum einen Stephanie Smothers (Anna Kendrick), die nach dem tragischen Unfalltod ihres Mannes ihr Leben vollkommen dem Sohn widmet. Mit ihrer stets guten Laune und ihrem übertriebenen Engagement für die Schule zieht sie gerne mal gehässige Blicke der „normalen“ Eltern auf sich. Das komplette Gegenteil zu der lebensfrohen Hausfrau Stephanie stellt hingegen Emily Nelson (Blake Lively) dar. Für die kühle Karrierefrau existiert nur ihr Job. Dementsprechend sieht man sie höchstens beim Vorbeibringen oder Abholen ihres Sohns. Während einer Spielverabredung der beiden Kinder lernen sich diese ungleichen Frauen besser kennen und es entsteht eine Art Freundschaft. So ist es auch nicht außergewöhnlich, dass Emily eines Tages Stephanie um den Gefallen bittet, ihren Sohn ebenfalls von der Schule abzuholen. Nachdem Emily jedoch ihr Kind am Abend nicht abholen kommt, beginnt Stephanie sich zu sorgen. Zu Recht, wie sich herausstellt, denn Emily ist plötzlich auf mysteriöse Weise wie vom Erdboden verschwunden.

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© Studiocanal

„Sexy – Hot – Progressive!“  Bruce Darnell

Auf der Basis der Romanvorlage von Autorin Jessica Sharzer fertigt Regisseur und Drehbuchautor Paul Feig ein lebendig gewordenes Hochglanz-Modemagazin. Alles ist durchgestylt und zur Perfektion ausgeleuchtet. Schöne Häuser, schöne Menschen und eine heile Welt werden aufgezeigt. Besonders die Auftritte von Emily, gespielt von der talentierten Blake Lively (GOSSIP GIRL, THE TOWN), können Eins-zu-Eins als Fotoshooting herhalten.

NUR EIN KLEINER GEFALLEN – Emily (Blake Lively) // ©Studiocanal

Der modebewusste Regisseur Paul Feig verewigt mit diesem Film in erster Linie seine Vorstellung von gutem Geschmack und Stil. Wie er selbst, trägt auch Emily maßgeschneiderte Anzüge und Gehstock. Sie wird somit zum Abbild des Regisseurs. Dadurch fällt sie in der überdurchschnittlich durchgestylten Vorstadtidylle auf wie ein Leuchtfeuer. Der einschlägige, französische Soundtrack, der so auch sicher in einem Café während der Fashion Week in Paris laufen könnte, rundet diesen Eindruck ab. Das Ergebnis nennt Feig „Suburban-Noir“ und spielt damit auf Klassiker der französischen Noir mit Krimi- und Thriller-Geschichte an. Jedoch ist NUR EIN KLEINER GEFALLEN kein herkömmlicher Thriller. Die Geschichte der beiden Frauen wird immer wieder mit Comedy-Einlagen aufgelockert. So zum Beispiel mit dem offensichtlichen Seitenhieb auf die Modewelt in Form von Emilys Chef Dennis Nylon. Herrlich überzeichnet und absurd wird Rubert Friend (HITMAN: AGENT 46, DER TOD VON STALIN) als Dennis Nylon zu einem kleinen Highlight des Films. Ansonsten beschränkt sich der Film auf Situationskomik und Fremdschämen. Beides liefert hauptsächlich Anna Kendrick in gewohnter Manier ab. Das kommt beim Zuschauer mehr oder weniger gut an – je nachdem, ob man die quirlige und tollpatschige Stephanie mag oder nicht. Alles in allem sind die Figuren der beiden Hauptdarstellerinnen Kendrick (PITCH PERFEKT, INTO THE WOODS) und Lively eng abgesteckt. Beide liefern genau das Standardprogramm ab, das sie bereits in anderen Produktionen gezeigt haben. Damit nimmt sich NUR EIN KLEINER GEFALLEN sein größtes Potenzial: Überraschung.

NUR EIN KLEINER GEFALLEN – Stephanie (Anna Kendrick) // © Studiocanal

Ein Schlag ins Gesicht

Die Geschichte liefert um das mysteriöse Verschwinden von Emily in der ersten Hälfte des Films eine stimmungsvoll aufgebaute und gut inszenierte Story ab. Das schwache Drehbuch lässt sich jedoch nicht hinter der glamourösen Aufmachung verbergen. Feig steuert mit wachsender Laufzeit immer schleppender auf das unbefriedigende Finale zu. Es bröckelt, ähnlich wie bei der Vorstadtidylle, immer mehr die Fassade eines stimmungsvollen Thrillers ab. Paul Feig fehlt es eindeutig an Raffinesse, das Geflecht aus Lügen für die Zuschauer angemessen aufzubereiten. Gerade im letzten Drittel wirken die wirren Twists und Ereignisse zu konstruiert. Lücken in der Dramatik werden mit unnötigen Rapeinlagen von Anna Kendrick und unlustigen Gags überspielt. Gänzlich verliert die Geschichte ihren Reiz und das „unvorhersehbare“ Ende wirkt somit wie eine Ohrfeige ins Gesicht der Zuschauer. Obwohl, es hätte auch noch viel schlimmer kommen können.

Die Blu-ray

Die Blu-Ray von © Studiocanal

Beweise hierfür findet man auf der Blu-ray unter der Bonus-Sektion. Das alternative Ende ist so absurd und fern ab vom Anfang des Films, dass man nur noch den Kopf schütteln kann. Die überraschend große Auswahl an Bonusmaterial, die Studiocanal der Blu-ray spendiert, ermöglicht immerhin einen guten Einblick darin, wie manche Entscheidungen zustande gekommen sind. Neben den Audiokommentaren von Paul Feig und seinem Cast gibt es Bonus Clips zum visuellen Stil des „Suburban Noir“, zur Idee des Dennis Nylon sowie ein Making-of des alternativen Endes, entfallene Szenen, Gag Reel und mehr. Auf der technischen Ebene verfügt der Film weder über große Überraschungen noch Kritikpunkte. Die üblichen Tonspuren im satten 5.1 gibt es in Deutsch und Englisch. Zu empfehlen ist die englische Original-Tonspur, da die deutschen Stimmen immer wieder sehr emotionslos erscheinen. Inhalte und Dialoge sind weder komplex noch mit starkem Akzent, sodass man hier auch als Laie gut folgen kann. Das Bild ist klar und wie zu erwarten hochwertig. Dies kommt besonders den schönen Settings und dem Design des Films zugute. Wünschenswert wäre nur noch eine ebenso durchdesignte Disc-Hülle. Mit der Auswahl des Standard Plastikgewandts verpasst es NUR EIN KLEINER GEFALLEN, ein modischer Eyecatcher im Blu-Ray-Archiv zu werden.

Fazit

Mit einem Versuch abseits der gewohnten Comedy-Pfade übernimmt sich Paul Feig zum Teil. Die interessante Geschichte einer Vorstadtfreundschaft mit mysteriösen Geheimnissen und Verstrickungen verliert sich in schlechten Twists und einseitigen Charakteren. Dafür kann NUR EIN KLEINER GEFALLEN mit einer durchweg hervorragenden stilistischen Eigenart trumpfen. Die Mischung aus französischer Modewelt und amerikanischer Vorstadt gefällt. Für Fans des Casts und ähnlichen Thematiken à la DESPERATE HOUSEWIVES bietet NUR EIN KLEINER GEFALLEN einen sehenswerten kurzweiligen Thrillerspaß.

Titel, Cast und CrewNur ein kleiner Gefallen (2018)
OT: A Simple Favor
Poster
Releaseab dem 08.11.2018 im Kino
ab dem 04.04.2019 auf Blu-ray & DVD
Bei Amazon bestellen:
RegisseurPaul Feig
Trailer
BesetzungAnna Kendrick (Stephanie Smothers)
Blake Lively (Emily Nelson)
Ian Ho (Nicky Nelson)
Joshua Satine (Miles Smothers)
Henry Golding (Sean Townsend- Nelson)
DrehbuchJessoca Sharzer
RomanvorlageDarcey Bell
KameraJohn Schwartzman
MusikTheodore Shapiro
SchnittBrent White
Filmlänge117 Minuten
FSKab 12 Jahren

2 Gedanken zu „Nur ein kleiner Gefallen (2018) – Filmkritik“

  1. Also das nenn ich mal einen gelungenen Streifen. Aus meiner Sicht eine runde Sache mit tollem Abschluss und immer wieder unerwarteten Momenten.
    Würde ich mir jederzeit wieder ansehen und auch empfehlen für einen Filmeabend. Für mich genau das Richtige, nicht blutig oder nervenaufreibend aber konstant so spannend, dass ich keine Sekunde verpassen wollte so macht Fernsehen Spaß!
    🙂

  2. Das einzige was positiv hängen bleibt ist der Soundtrack, coole, französische Chansons. Das Drehbuch ist der Hammer, als wäre es nach 30min ins Klo gefallen, ach egal drehen wir den Film halt so zu Ende. Ein hanebüchenes Ende, 2 Stunden verschenkte Lebenszeit.

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