„Eine Welt ohne Stacheldraht“
Der Cowboy im Western steht für Freiheit. Er ist sein eigener Herr, wenn es ihm bei einer Ranch nicht mehr gefällt, streicht er seinen Lohn ein, steigt auf sein Pferd und ist bei Sonnenaufgang weitergezogen. Ein guter Film-Cowboy hat aber noch mindestens so viele Weisheiten in den Satteltaschen wie auch Talente in den Fingerspitzen. Und wer würde besser in diese Rolle passen als Kirk Douglas? Sicher gibt es noch viele andere, die in den 1950er-Jahren für Westernproduktionen im Akkord gearbeitet haben, aber der Blondschopf ist eine Erscheinung, die Eindruck hinterlässt. Douglas kann knapp 20 Rollen im Westerngenre für seine Filmografie mit über 100 Einträgen verbuchen. In MIT STAHLHARTER FAUST zeigt er alles was er kann: Reiten, Schießen, Tanzen, Singen, Trinken, Kämpfen und natürlich Küssen.
Handlung
Nicht etwa ein Pferd ist das Wichtigste für einen Cowboy, sondern sein Sattel. Pferde bekommt man überall, deswegen fährt Dempsey Rae (Kirk Douglas) lieber den weiten Weg von Texas nach Wyoming mit dem Güterwagon als Tramper mit. Doch er ist nicht allein. Der junge Jeff Jimson (William Campbell) ist ebenfalls mit auf den Zug gesprungen. Im nächsten Ort steigen beide ab und verdienen sich mit der Identifizierung eines Messerstechers 50 Dollar beim Sheriff. Das Geld hält nur bis zum nächsten Saloon, in dem Dempsey auf seine alte Bekanntschaft Idonee (Claire Trevor) trifft. Jungspund Jeff kleidet sich neu ein und Dempsey gibt Lokalrunden mit Whiskey aus. So macht man auch die nächsten Geschäftskontakte und die beiden, die von nun an wie Meister und Lehrling auftreten, fangen auf der 10.000 Rinder starken Ranch von Reed Bowman an. Der ist so reich, dass er sogar seine Badewanne im Haus eingebaut hat. So ein praktischer Gedanke kann aber nur von einer Frau stammen, denn Reed ist in Wirklichkeit eine knallharte Geschäftsfrau (Jeanne Crain), die nur eins im Sinn hat: Profit. Wie lange wird das mit dem Freiheitsgedanken von Dempsey gutgehen bis er weiterzieht?
Die Kirk-Douglas-Show
Für eine FSK-16-Freigabe ist MIT STAHLHARTER FAUST erstaunlich handzahm. Revolverhelden werden zwar aus ihrem Sattel geschossen, aber ein paar Witze und Wortspielereien des Protagonisten machen den Western familientauglich. Im Original heißt der Film MAN WITHOUT A STAR, was nicht etwa auf einen Sheriff ohne Stern hindeutet, sondern das ziellose Umherreiten eines Cowboys, der keinen Stern am Himmel gefunden hat, dem er folgen will. Mit anderen Worten, dass er noch nicht die Frau gefunden hat, um sesshaft zu werden. Kirk Douglas in der Hauptrolle ist eine wahre Freude. Wie ein Tiger springt er in seinen Rollen blitzschnell vom fröhlichen Partymacher zum wilden Faustkämpfer. Als Mentor und Ersatzvater macht er eine gute Figur und überhaupt scheint er, von seinen Narben abgesehen, ein Mann ohne Makel zu sein. Mit dem farblich passenden Tuch um den Hals, kommt er bei den Damen gut an, weiß aber, wann ihn eine Frau nur seiner Stärken wegen um den Finger wickelt. Einige Kämpfe werden von seinem Stuntdouble übernommen, aber Reiten kann Douglas wie ein echter Wildwest-Star, für einen geborenen New Yorker beeindruckend zu sehen. Hinzu kommt Banjo spielen, Singen und ein paar Revolvertricks, stets mit einem weisen Rat für seinen Sprössling auf den Lippen.
Business
Regisseur-Ikone King Vidor legt aber nicht nur Wert darauf, Kirk Douglas gut aussehen zu lassen und ein paar Frauen in seine Arme zu treiben. Er bringt den Wunsch nach Freiheit auf eine metaphorische Ebene, genauer gesagt, er testet ihre Grenzen aus, mit Stacheldraht. Denn, der ist nur der Anfang von „Mord und Totschlag“ wie Dempsey prophezeit. Nicht nur als Verletzungsgefahr für Reiter und Tier, sondern als Einschränkung der Bewegungsfreiheit. In MIT STAHLHARTER FAUST kommen aber noch wirtschaftliche Interessen auf den Punkt. Die angehende Rinderbaronin will mit viel Vieh das Land abgrasen und schnelles Geld machen. Die kleineren Rancher wollen dort länger als ein paar Jahre leben und zäunen die Weide mit Stacheldraht ein, damit sie Winterfutter haben. Somit gibt es zwei Interessen, die um Land streiten, was keinem gehört. Eine Klärung mit Waffen ist unausweichlich.
Hervorzuheben ist die Rolle der angehenden Großindustriellen Reed Bowman, die nicht nur als Frau in der Chefrolle eine Besonderheit der damaligen Zeit darstellt, sondern auch ihre Weiblichkeit gewinnbringend einsetzt. Als es um den Lohn ihres neuen Aufsehers geht, fordert die Figur von Kirk Douglas keine Dollar ein, sondern ihre Lippen. Am Ende zieht er seiner Wege ohne den ganzkörperlichen Handel wirklich zustande kommen zu lassen, was indirekt das Ansehen der Chefin etwas rettet. In den Dialogen beider steckt auch jede Menge erotische Spannung, die gut aus dem Genre des Film-noir entsprungen sein könnte. Reed Bowman wird zu eine Femme fatale des Wilden Westens. Damit Douglas überhaupt erst in ihre Nähe kommen darf, muss er sich in einem Faustkampf die Einladung eines Kollegen erboxen.
Fazit
Wahrlich ein Fest für Westernfans, MIT STAHLHARTER FAUST bietet alles, was man vom Genre erwartet und noch viel mehr. Vor allem macht es einfach Spaß, Kirk Douglas und Jeanne Crain beim Spiel zuzusehen. Inszenierungsmeister King Vidor schafft es zusätzlich ein paar komplexe Fragen an die Wirtschaft zu stellen ohne direkte Antworten zu geben. Was man dem Film vielleicht vorwerfen könnte, ist das schnelle und unerwartete Ende. Aber so ist das mit den Cowboys, sie ziehen immer weiter.
Titel, Cast und Crew | Mit stahlharter Faust (1955) OT: Man Without a Star |
Poster | |
Regisseur | King Vidor |
Release | ab dem 25.03.2021 auf Blu-ray und DVD Ihr wollt den Film bei Amazon kaufen? Dann geht über unseren Treibstoff-Link: |
Trailer | Englisch |
Besetzung | Kirk Douglas (Dempsey Rae) Jeanne Crain (Reed Bowman) Claire Trevor (Idonee) William Campbell (Jeff Jimson) Richard Boone (Steve Miles) Jay C. Flippen (Strap Davis) Myrna Hansen (Tess Cassidy) Mara Corday (Moccasin Mary) |
Drehbuch | Borden Chase D.D. Beauchamp |
Kamera | Russell Metty |
Filmmusik | Hans J. Salter Herman Stein |
Schnitt | Virgil W. Vogel |
Filmlänge | 89 Minuten |
FSK | ab 16 Jahren |
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter