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MANDY Nicolas Cage

Mandy (2018) – Filmkritik

„Je dunkler die Stunde, desto heller brennt das Licht“

Das Fantasy-Filmfest ist wieder in der Stadt und für 12 Tage gibt es allerlei Obskures, Blutiges und Groteskes auf der Leinwand zu bestaunen. Für viele Filme wird es das einzige Mal sein, dass für sie das Licht im Kinosaal gedimmt wird, bevor sie ein paar Wochen später auf Blu-ray erscheinen. In der Tradition dieses Filmevents wird besonderes Augenmerk auf den Eröffnungs- und den Abschlussfilm gelegt. In diesem Jahr haben sich die Programmverantwortlichen einen besonders deftigen Brocken als Auftakt ausgesucht: MANDY.

In Cannes hat der Film von Panos Cosmatos mit dem Top- oder Flop-Workaholic Nicolas Cage in der Hauptrolle seine Premiere gefeiert und bereits dort war das Interesse enorm hoch. Der extrem gewalttätige und optisch ungewöhnliche Film weckte viele Festivalbesucher aus ihrer Arthaus-Lethargie und der Hype um diesen Streifen nahm an Fahrt auf. Die hohen Bewertungen auf gängigen Internetportalen schürten das Interesse und die Filmgemeinde hatte nach Veröffentlichung des Trailers den Willen in MANDY ein künstlerisch anspruchsvolles und blutiges Meisterwerk zu sehen. Diese Euphorie in Kombination mit der vernetzten Meinungshybris im Internet hat leider noch keinem Film gutgetan, denn die Erwartungen können nie erfüllt werden.

MANDY Andrea Riseborough als Mandy
Mandy (Andrea Riseborough) // © Koch Films

Zurück zum 32. FFF: Die Kinovorstellung ist bereits seit Tagen ausverkauft, Tickets werden in Gold aufgewogen und eine Dame im Foyer kann ihr Glück kaum fassen, als sie gefragt wird, ob sie noch ein Ticket sucht, der Babysitter sei abgesprungen. Ja, das Publikum des Fantasy Filmfests ist erwachsen geworden, aber wenn es um ein neues Highlight geht, welches Kunst- mit Horrorfilm zu neuen Höhen treiben soll, kommen sie in Scharen.

Die ersten Töne der Filmmusik von Jóhann Jóhannsson ertönen und werden erst zum Abspann wieder verklingen. Das grobkörnige Bild eines dunklen Nadelwaldes erscheint und Nicolas Cage als Holzfäller Red geht seiner Arbeit mit der Kettensäge nach. Der Trupp Arbeiter wird mit dem Hubschrauber in den Feierabend geflogen und es kommt bei den bunten Lichteffekten der Gedanke auf, ob MANDY überhaupt in unserer Welt spielt, aber der Titel des ersten Aktes verrät: Wir befinden uns in der vergötterten Retrozeit der Achtziger, genauer gesagt 1983. Red lebt zusammen mit der Liebe seines Lebens Mandy ein einfaches Dasein in einer Holzhütte mitten im Wald. Als Mandy aber von einer Gruppe religiöser Fanatiker als Objekt der Begierde, genauer gesagt des Anführers Jeremiah (Linus Roache), erwählt wird, nimmt die Irrfahrt, die wie ein kosmischer Sturm über das Paar hereinbricht, ihren Lauf.

MANDY Nicholas Cage als Red
Nicolas Cage als Red in MANDY // © Koch Films

MANDY hat die Optik eines alten Sci-Fi-Roman-Covers oder das einer Heavy Metal-Platte. Diese Stilelemente finden immer wieder ihren Weg in den Film. Mandy malt zum Beispiel Landschaften eines fremden Planeten, die sich mit wilden Tieren wie Wölfen und Tigern vermischen. Man würde sie als kitschig abtun, aber es gehört viel Können dazu. Dies tut sie in einem T-Shirt der Glamrock-Band Mötley Crüe. Das grobkörnige Bild der dunklen Aufnahmen mit Farben, die einem anderen Sonnensystem entsprungen sein könnten, geben dem Film etwas erfrischend Neues, aber auch tief Esoterisches. Das hilft der Verdeutlichung des starken Drogeneinflusses, dem die Hauptfiguren unterworfen sind. Außerdem werden mehrfach Filmen des Horrorgenres Tribut gezollt: So haben die Black Biker ihre Optik von der Hellraiser-Trilogie geerbt, ein Motorsägen-Kampf erinnert an den Tanz von Leatherface in THE TEXAS CHAIN SAW MASSACRE (1974) und auch der Crystal Lake aus FREITAG DER 13. findet seinen Ort im Geschehen.

MANDY Nicolas Cage als Red
© Guillaume Van Laethem

Es hat wieder etwas Befreiendes Szenen ohne Schnitt zu sehen, nur durch ein langsames Kamera-Zoomen in Bewegung versetzt. Das hilft den beiden Schauspielern Linus Roache als Sektenführer mit gespaltener Persönlichkeit und Andrea Riseborough als sinnliche und geliebte Mandy, ihre Schauspielkunst zu entfalten. Dass MANDY ein Comeback für Nicolas Cage darstellen soll und sein Schauspiel die Genialität des Films mitträgt, ist etwas zu forsch in die Presse geworfen worden. Sicherlich spielt man gekonnt mit der Alkohol- und Drogen-Vergangenheit des Schauspielstars, auch sein Overacting gibt diesem Drogen-Gewalt-Rausch den gewissen Kick, aber es ist dann doch nicht mehr und reicht einem Mickey Rourke in THE WRESTLER nicht das Wasser.

Linus Roache als Sand Jeremiah // © Koch Films

Der Hype mit Medienwelle hat MANDY nicht gutgetan, was man in den ersten ernüchterten Gesichtern und Kommentaren der Zuschauer nach dem stillen Abspann ablesen kann. Aber ein solch visueller wie inhaltlich kompromissloser Film kann es auch nicht allen 550 Zuschauern mit deren extrem hohen Erwartungen recht machen. Es werden dennoch viele Bilder und Szenen am nächsten Tag wie die Nachwehen eines Rausches in den Köpfen kleben bleiben. MANDY ist nicht nur ein gewalttätiger Slasher-Rache-Streifen mit viel 1980er-Jahre-Charme, sondern beweist auch emotionales Rückgrat durch die Beziehung der Hauptfiguren und dem eindringlichen letzten Klangwerk Jóhann Jóhannssons, das auch ein zartes musikalisches Liebesthema für das Paar beinhaltet. Im Mittelteil gibt sich der Film zu sehr seinen ruhigen Bildern hin und auch die Rachekämpfe durch die höllischen Reihen verpuffen, vor allem im Endkampf zwischen Red und Jeremiah.

MANDY Andrea Riseborough als Mandy
© Guillaume Van Laethem

Fazit

MANDY ist ein berauschender Rachefeldzug mit einer überraschenden Menge an Stimmung und Feingefühl für Kunst. Es reicht jedoch nicht zum Meisterwerk, weil er die Gedanken seiner Zuschauer nicht maßgeblich beeinflussen wird. Jedoch serviert MANDY eine große Palette an Bildern, die sich in die Köpfe der Zuschauer brennen werden.

Infos zur Veröffentlichung

Mandy Ultimate Edition Outboxing
Ultimate Edition (1 Blu-ray, 2 DVDs, Soundtrack) © Koch Films (Amazon-Link)

MANDY wird in Deutschland von Koch Films vertrieben. Es wird laut Pressemitteilung einen Kinostart am 1. November 2018 geben, welcher auf Grund nicht genehmigter Jugendfreigabe und dem Genre wohl übersichtlich in Deutschland ausfallen wird. Man kann den Film vorher zum Hard:Line-Festival am 30.09.18 in Regensburg sehen. Als Verkaufsstart für die Blu-ray ist der 29.11.18 angegeben, wobei noch die Einzel-DVD und -Blu-ray um ein Mediabook und eine Ultimate-Edition bereichert werden. Zum Umfang dieser Sammler-Editionen hier später mehr. Passend zum Retrocharme des Films wird der Soundtrack auf Vinyl (schwarz oder rot) von INVADA Records am 21.09.18 erscheinen. Die Auswertungsmaschine läuft auf Hochtouren, es wird sich zeigen, ob die gehypten Erwartungen MANDY nicht das Genick brechen werden.

Kollege Stefan Jung hat MANDY auf dem Deep Red Radio auf sehr hörenswerten 12 Minuten ebenfalls besprochen.

Titel, Cast und CrewMandy (2018)
PosterMandy deutsches Kinoposter

Release
Kinostart: 01.11.2018

ab dem 29.11.2018 auf Blu-ray
Bei Amazon bestellen:

RegisseurPanos Cosmatos
Trailer
BesetzungNicolas Cage (Red Miller)
Andrea Riseborough (Mandy Bloom)
Linus Roache (Sand Jeremiah)
Ned Dennehy (Brother Swan)
Olwen Fouéré (Mother Marlene)
Richard Brake (The Chemist)
Bill Duke (Caruthers)
DrehbuchPanos Cosmatos
Aaron Stewart-Ahn
KameraBenjamin Loeb
MusikJóhann Jóhannsson
SchnittBrett W. Bachmann
Filmlänge121 Minuten
FSKab 18 Jahren

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