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Lord of War (2005) – Filmkritik

„Händler des Todes“

Filme wollen in den Köpfen ihrer Zuschauer etwas verändern. Natürlich gibt es auch die Sorte, die rein unterhalten möchte, aber der Großteil will eine Geschichte erzählen und gleichzeitig den Horizont seiner Rezipienten erweitern. Das Wort Bildungsfernsehen lauert hier schon angestaubt und gelangweilt hinter der Ecke. Es geht jedoch auch beides: eine gute Ablenkung vom Alltag bieten und Wissenswertes vermitteln. LORD OF WAR ist so ein Fusionsprodukt, welches souverän im Gerüst einer Selfmademan-Geschichte nicht nur weiterbildet, sondern einem regelrecht die Kinnlade herunterfahren lässt, wie eine spannende investigative Reportage.

LORD OF WAR (2005)
© Capelight Pictures

Generell bestreiten wir ein friedliches Leben und verdrängen das Thema Waffenhandel völlig. Dabei ist die Rüstungsindustrie genauso in unserer westlichen Wirtschaft verankert wie die Automobilindustrie oder Landwirtschaft. Big-Player im Rüstungsexport sind die USA, Russland, China und Frankreich. Und wer ist Nummer Fünf? Deutschland, das allein im Jahr 2020 Rüstungsgüter im Wert von 5,8 Milliarden Euro verschifft hat (Quelle: Wikipedia). Waffen gelangen nicht nur über legale Wege in die Hände von Soldaten, Rebellen und Friedenskämpfern. Vor allem politisch instabile Länder oder die, die mit einem Waffenembargo von der UN belegt wurden, müssen auf Zwischenhändler zurückgreifen. Und das gefährliche Geschäft mit den Tötungswerkzeugen ist äußerst lukrativ.

LORD OF WAR (2005)
© Capelight Pictures

Handlung

Die ukrainische Familie Orlov fängt ein neues Leben in Brighton Beach, New York an. Unter dem Deckmantel jüdische Flüchtlinge zu sein, dürfen sie einreisen und eröffnen ein Restaurant. Die Söhne Yuri (Nicolas Cage) und Vitaly (Jared Leto) wissen nichts mit ihrem Leben in „Little Odessa“ anzufangen. Als Yuri einen Mafiamord mit ansehen muss, ist er von den Waffen und Kugeln fasziniert. Nicht etwas in ihrer Funktion, sondern aus einer kaufmännischen Perspektive. Nach seinen ersten illegalen Waffengeschäften mit kleineren Umsätzen will Yuri in die Oberliga aufsteigen: Den internationalen Waffenhandel. Der wird von wenigen eiskalten Geschäftsmännern geführt, unter anderem von Simeon Weisz (Ian Holm).

© Capelight Pictures

Nachdem sich Bruder Vitaly eher für Koks und leichte Frauen interessiert, versucht Yuri seine Jugendliebe, das Supermodel Ava Fontaine (Bridget Moynahan), mit viel Luxus um den Finger zu wickeln. Als Yuris Schulden ihn zu erdrücken drohen, passiert ein Wendepunkt im Geschäft: 1991 löst sich die Sowjetunion auf. Millionen Waffen gelangen nun nicht mehr nach Russland zurück und die Orlovs haben zum Glück einen Onkel als General in der Ukraine. Es gibt nun Unmengen an Waffen zu verkaufen und die konfliktreichen Staaten in Afrika tauschen sie begierig gegen Diamanten ein. Doch Interpol in Form von Musteragent Jack Valentine (Ethan Hawke) ist Yuri auf den Fersen.

LORD OF WAR (2005)
© Capelight Pictures

So werden Geschäfte gemacht

Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol (GATTACA) ist vor allem ein visueller Erzähler. Allein schon der Prolog von LORD OF WAR, in dem der logistische Weg einer Gewehrkugel aus der Fabrik in den Kopf eines afrikanischen Jungen per Point-of-View verfolgt wird, bringt die Welt des Waffenhandels auf den Punkt. Protagonist Yuri durchbricht immer wieder die Vierte Wand und spricht zu uns Zuschauern, lehrt uns seine Business-Regeln und findet gekonnt zynische und wahre Worte. Wenn Yuri sich wieder zu einer aktiven Figur wandelt, wird er zum Geschäftsmann und Waffenlobbyisten. Seine Rhetorik erinnert an die von Nick Naylor (Aaron Eckhart) in THANK YOU FOR SMOKING (2005). Yuri meint zum Beispiel, dass es ihm lieber ist, wenn die Kugeln ihr Ziel verfehlen. Ob er es aus moralischem oder wirtschaftlichem Interesse so meint, muss jeder selbst ergründen. Stück für Stück wird seinem Gewissen immer weiter auf den Zahn gefühlt. Sicher gibt es plakative Klischeemomente, an denen das Schauspiel von Nicolas Cage nicht unschuldig ist, aber es ist schon bemerkenswert, wie sehr sich die Hauptfigur an ihre Berufung klammert. Sie wird am Ende allein sein und ein Schicksal wie das ihrer Konkurrenten Simeon Weisz rückt immer näher.

© Capelight Pictures

Die Cage-Show

Auf zehn Filme mit Nicolas Cage kommt meist ein guter. LORD OF WAR ist so ein Treffer. Sein stoischer, gewissenloser Anzugträger ist wie ein Fremdkörper im Kriegsschauplatz. Es hallt der Vergleich des Waffenhändlers mit einem Vertreter nach: Man läuft sich die Hacken ab und sucht das Geschäft. Die Ware scheint noch zu Beginn beliebig bis auch sie den Weg in seine Hände findet und genutzt wird. So wird im Filmverlauf aus einem Businessman an fremden Orten eine Art Mephisto, der kistenweise Tod und Gewalt hinter sich herzieht. Er betätigt nicht den Abzug, aber legt jedem finanziell liquiden Käufer eine Waffe in die Hand. Die Nachfrage erzeugt sich von allein. Cage als Yuri Orlov (laut Andrew Niccol eine Fusion aus fünf echten Waffenhändlern der Geschichte) verkörpert den American Dream in dem man nur genug Fleiß und Willen benötigt, dann wird man es schaffen. Zu Beginn noch einen Schuldenberg vor sich herschiebend, ist seine Karriere in Zeiten des Turbokapitalismus ein Musterbeispiel, um noch mehr Schuldner zu generieren.

© Capelight Pictures

Kino des Wohnzimmers

Zum Kinostart lief es für LORD OF WAR eher durchschnittlich am Ticketschalter. Das Produktionsbudget konnte jedoch eingespielt werden. Über die letzten Jahre entwickelte sich der Film nicht nur durch seinen bissigen Zynismus zu einem Filmtipp, sondern auch wegen der anscheinend unantastbaren Thematik. Waffenhandel, vor allem in Form von Exporten der westlichen Regierungen, ist in der Filmwelt immer noch ein Tabu und maximal als Komödie wie WAR DOGS (2016) zu begutachten. 2021 war es nun an der Zeit den Film auf höchstem Bild- und Ton-Niveau vielleicht sogar einer neuen Generation Filmfans zu präsentieren, denn das Geschäft mit dem Krieg ist immer noch traurige Realität. Capelight Pictures veröffentlicht LORD OF WAR zum ersten Mal in UHD mit Dolby Atmos und Dolby Vision.

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Der Filmsammler darf zwischen 2-Disc-Steelbook (UHD + Blu-ray) und 2-Disc-Mediabook (UHD + Blu-ray + Booklet) wählen. Bei beiden gibt es umfangreiches Bonusmaterial wie einen Audiokommentar, ein Making-of, entfallene Szenen oder Einblicke in die Spezialeffekte. Empfehlung liegt auf dem Mediabook, nicht nur wegen dem Booklet, sondern dem stilvollen Cover und dem Spotlack-Titelschriftzug.

© Capelight Pictures

Fazit

LORD OF WAR hat nichts an Sprengkraft im Bewusstsein seiner Zuschauer verloren. Immer noch erstaunlich wie man den wirtschaftlichen Handel des Todes verdrängt, aber ohne Probleme durch die Kriegsnachrichten scrollen kann. Der Film, der stetig wahre Ereignisse zitiert, ist unterhaltungstauglich inszeniert und bildend zugleich, ohne zu intellektuell sein zu wollen. Der Hauptfigur folgt man noch zu Beginn aus Sympathie, versteht ihre amoralischen Floskeln und bekommt am Ende die Quittung für das Belächeln der Situation. Danach sieht man die Schlagzeilen wieder in einem anderen Licht.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewLord of War (2005)
Poster
Releaseab dem 20.08.2021 im Mediabook und Steelbook (UHD + Blu-ray)

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RegisseurAndrew Niccol
Trailer
BesetzungNicolas Cage (Yuri Orlov)
Bridget Moynahan (Ava Fontaine)
Jared Leto (Vitaly Orlov)
Ian Holm (Simeon Weisz)
Ethan Hawke (Jack Valentine)
Eamonn Walker (Andre Baptiste Senior)
Sammi Rotibi (Andre Baptiste Junior)
DrehbuchAndrew Niccol
KameraAmir Mokri
MusikAntonio Pinto
SchnittZach Staenberg
Filmlänge122 Minuten
FSKab 16 Jahren

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