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Late Night with the Devil (2024) – Filmkritik

Um eine wachsende Menge Menschen hinter sich zu scharen, braucht der Glaube an Gut oder Böse vor allem eines: Kommunikationskanäle. Früher war es das Wort, später die Schrift und heute sind es Bits, Kurztexte, Videos und Influencer. Vor 50 Jahren hat jedoch nur ein Medium die größte Macht über jene, die artig den Wörtern und Bildern gehorchen: das TV. Sobald es dann zusätzlich noch um marktwirtschaftliche Interessen geht, muss sich alles der Zuschauerquote unterordnen. Die treibt man nach oben, wenn das Publikum förmlich danach giert, etwas Unerwartetes zu sehen. Staunen und Überraschung ziehen nach wie vor am besten Zuschauer in die ersten Reihen. In einem solchen Konflikt aus Weltsicht, Glaube und Profit baut sich LATE NIGHT WITH THE DEVIL als Mockumentary ein wohliges Eulen-Nest in den heimischen Kathodenstrahlröhren, um uns zu zeigen, wie weit ein Showmaster bereit ist, für seine Quote zu gehen.

© Capelight Pictures

Handlung

1977, Halloween, ein ganz besonderer Abend erwartet die Live-Aufzeichnung der Late-Night-Show „Night Owls“. Showmaster Jack Delroy (David Dastmalchia) will an diesem Abend endlich seinen Erzfeind in der Branche ausstechen: Johnny Carson. Hinter Delroy liegen jedoch turbulente Jahre voller Hochs und Tiefs. Manche geschahen sogar gleichzeitig. Zum Beispiel als er seine Frau Madeleine in der Show hatte, die unheilbar an Krebs erkrankte. Die Zuschauerquote ging an diesem emotionalen Abend durch die Decke, seine Frau starb wenige Tage danach. Nach einer kleinen Auszeit setzt Delroy immer mehr auf obskure und ungewöhnlichere Gäste. An diesem Abend treibt er den Puls des Übersinnlichen besonders nach oben. Christou (Fayssal Bazzi) soll die Gedanken des Publikums lesen und trifft auf einen bösen, übermächtigen Geist im Studio. Carmichel Haig (Ian Bliss) ist professioneller Magier und verrät zu gern die Tricks anderer „Betrüger“. Dann ist da noch June Ross-Mitchell (Laura Gordon), die Autorin des Buchs „Conversation with the Devil“. Sie hat ihr Studienobjekt dabei: Die junge Lilly D’Abo (Ingrid Torelli), ehemaliges Sektenmitglied und Teufelsbesessene. Ein interessanter und tödlicher Abend steht bevor.

© Capelight Pictures

Parallelen zu heute

Die 1970er Jahre in den USA haben Ähnlichkeiten mit dem aktuellen Jahrzehnt. Die Erdölkrise treibt die Benzinpreise nach oben und lange Schlangen bilden sich an den Tankstätten. Die Arm-Reich-Schwere geht weiter auseinander und die USA leidet unter einem Krieg, der Hunderttausende junger Soldaten am anderen Ende der Welt das Leben gekostet hat. Die Sendeanstalten zeigen das Grauen und die Angst rund um die Uhr. Obskure Fälle wie die Morde der „Manson-Family“ werden zu nationalen Gesprächsthemen. Die Angst vor mörderischen Sekten durchstreift das Land. Haustüren werden verriegelt, Menschen bleiben daheim und sehen noch mehr schreckliche Dinge im TV. Moderator Jack Delroy nutzt diese Sensationsgier und versucht mit besonders schrägen Gesprächspartnern die Stargäste seines Konkurrenten Carson zu schlagen.

© Capelight Pictures

LATE NIGHT WITH THE DEVIL ist ein Found-Footage-Film, der den letzten Abend der Night-Owls-Sendung zeigt. Interpretativ spannend ist der Film wegen seiner Hauptfigur, die sich besonders reibungsintensive Gäste einlädt und mit spitzbübischem Grinsen dem Geschehen auf der Bühne zuschaut. Auch die Autorin June und das besessene Opfer Lilly manipuliert er ganz subtil dahin, dass sie den Zuschauern eine „Show“ liefern, die sie nicht vergessen werden. Dieser angedeutete Exorzismus auf der Bühne erinnert in manchen Momenten unfreiwillig an die Parodie VON ALLEN GEISTERN BESESSEN! (1990) mit Leslie Nielson und Linda Blair. Das ist aber vor allem der Optik zu verdanken, die so authentisch gelungen, dass man in das 4:3 Bildformat förmlich abtauchen kann.

Produktion

Neben der Charakterstudie eines Entertainers mit dem Schlüssel zur Quotenhölle beeindruckt die gelungene Visualisierung des Showformats. Zum Großteil ist die Liveaufzeichnung zu sehen, mit den typischen Standard-Blickwinkeln, flachem Ton und engem Bildverhältnis. Wenn die Werbung jedoch beginnt, zieht LATE NIGHT WITH THE DEVIL seine Perspektive auf und führt uns in Schwarzweißbildern hinter die Bühne. Wie hören mit, was alles auf dem Spiel steht und welche Vermutungen sich bewahrheiten, wie zum Beispiel die Beziehung zwischen Delroy und Ross-Mitchell.

© Capelight Pictures

Die Optik und Akustik atmen in jeder Minute das 70er-Filmjahrzehnt. Die Produktion steht dem Ganzen um nichts nach. Es wird am Set geraucht, Magnetbänder genutzt und sogar in der Sendung vor- und zurückgespult. Unauffällige Effekte zu Beginn, steigern sich zu deftigen Momenten im Finale. Horrorfans werden hierauf vielleicht zu lange warten müssen, aber dafür präsentiert uns das Regie- und Autorenteam Cameron Cairnes und Colin Cairnes ein paar zünftige handgemachte Effekte bereit.

Fazit

Eine 70er-Jahre-Late-Night-Show als mediale Spielwiese für den Teufel. Der Konflikt zwischen Aberglauben und Übernatürlichem wird vom Showmaster wie auch Direktor dieser Manege gekonnt gegeneinander ausgespielt. Auf seinen letzten Metern hält LATE NIGHT WITH THE DEVIL leider zu wenig Substanz für mögliche Interpretationsmöglichkeiten parat. Dafür geht es mit praktischen Spezialeffekten im Finale in die Vollen. Den Titel „einer der besten Found-Footage-Filme“ hat sich LATE NIGHT WITH THE DEVIL ohne Zweifel verdient.

© Christoph Müller

// Gesehen zur Pressevorstellung am 06.05.2024

 

Titel, Cast und CrewLate Night With the Devil (2023)
Poster
ReleaseKinostart: 30.05.2024

ab dem 19.09.2024 im Mediabook (UHD + Blu-ray) erhältlich.

Direkt beim Label bestellen.
RegieCameron Cairnes
Colin Cairnes
Trailer
BesetzungDavid Dastmalchian (Jack Delroy)
Laura Gordon (June Ross-Mitchell)
Ian Bliss (Carmichael Haig)
Fayssal Bazzi (Christou)
Ingrid Torelli (Lilly D’Abo)
Rhys Auteri (Gus McConnell)
Josh Quong Tart (Leo Fiske)
Georgina Haig (Madeleine Delroy)
Steve Mouzakis (Szandor D’Abo
Gaby Seow (Sammy)
Christopher Kirby (Phil)
DrehbuchCameron Cairnes
Colin Cairnes
KameraMatthew Temple
MusikRoscoe James Irwin
Glenn Richards
SchnittCameron Cairnes
Colin Cairnes
Filmlänge93 Minuten
FSKab 16 Jahren

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