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Lady Vengeance (2005) – Filmkritik

Der Durst nach Rache kann erst richtig gut in einem Gefängnis gedeihen. Keinerlei Ablenkung, die eigene Situation als stetige Motivation und viel Zeit, um über Vergeltungspläne nachzudenken. Im letzten Film der Vengeance-Trilogie von Park Chan-wook, werden detaillierte Rachepläne nicht nur im Knast geschmiedet, sondern zudem von einer Frau. LADY VENGEANCE ist jedoch vielschichtiger, was nicht nur an der mit Zeitsprüngen versetzten Geschichte liegt, sondern er zeigt, wie unterschiedlich sich Rache entwickelt und wie schwer es ist daran festzuhalten.

© Capelight Pictures

Handlung

Die Entführerin und Kindesmörderin Lee Geum-ja (Lee Yeong-ae) kommt nach über 13 Jahren Haft frei. Frau Geum-ja hat sich vorbildlich im Gefängnis benommen und scheint ein neuer Mensch. Das ist sie auch, ein Racheengel, denn sie hat das Kind damals nicht umgebracht und will nun Vergeltung am eigentlichen Mörder Mr. Baek (Choi Min-sik) verüben. Hilfe bekommt sie von ihren vielen ehemaligen Mithäftlingen, die alle bereits vorher entlassen wurden. „Die Hexe“, wie sie im Gefängnis genannt wurde, hat dort einige Dinge getan, wegen denen es nun an der Zeit ist, Gefallen einzufordern. Doch zuerst sucht sie ihre Tochter, die wegen ihrer Festnahme zur Adoption freigegeben wurde. Ob eine Mutter immer noch zu Rache fähig ist?

© Capelight Pictures

Im Zick-Zack-Kurs

Wer mit Zeitsprüngen und Ortswechseln in Filmen Probleme hat, kann mit LADY VENGEANCE seine Meisterprüfung ablegen. Zum stetigen zeitlichen Wechsel kommen auch noch raffinierte parallel erzählte Handlungsbögen hinzu. Die Geschichte beginnt mit der Entlassung aus dem Gefängnis. Auf Geum-ja wartet ein Priester mit einem Stück Tofu als reinigende Nahrung und Zeugnis nie wieder Schlechtes zu tun. Sie lehnt die symbolische Nahrung ab, noch ist sie nicht so weit. Die Umsetzung der Rachepläne wird immer wieder mit Rückblenden ins Gefängnis unterbrochen, wie sie ihren Mithäftlingen hilft und von ihnen fast schon als „Heilige“ angesehen wird. Wenn man denkt, das Konzept mit dem Blick in die Gefängniszeit zieht sich bis zum Ende durch, wird mit einer Reise nach Australien alles wieder auf Neustart gesetzt.

LADY VENGEANCE (2005)
© Capelight Pictures

Sie findet dort ihre Tochter, in Verrücktheit der Mutter nicht unähnlich, und beginnt ein neues Leben, indem sie sie nach Seoul holt. Dann geht es noch einmal ganz weit in die Zeit zurück und der Fall der Entführung wird erzählt. Es ist ungemein fesselnd dem Film zu folgen, weil Park Chan-wook seine Handlung inhaltlich wie auch visuell anspruchsvoll vorantreibt. Es gelingt ihm ebenfalls jeden Mitreisenden an die Hand zu nehmen und der Geschichte zu folgen. Wenn die alles entscheidende Rachetat bevorsteht, wird noch einmal alles anders und die Protagonistin erkennt, dass sie nicht allein das Anrecht auf Vergeltung hat. Wie ein Stück Torte muss es geteilt werde. Schuld zu teilen ist auch vielleicht die einzige Lösung, nicht daran zugrunde zu gehen.

© Capelight Pictures

Style vs. Stil

Persönlich bin ich immer wieder erstaunt, wenn ich LADY VENGEANCE wieder einmal sehe, wie grob doch die Aufnahmen sind. Die Räume sind dreckig, die Gesichter nicht perfekt geschminkt und jede Kleidung wirkt bereits getragen. Aber dann denke ich nach ein paar Wochen wieder an die Muster der Tapete, den Ledermantel mit hohem Kragen, die detaillierten Torten oder die feinen Schneeflocken, die zart über dem Finale schweben. Regisseur Park Chan-wook zeigt eine brutale Reise in das Innerste der Selbstjustiz, lässt uns aber nach ein paar Wochen verklärt an eine künstlerische Odyssee denken. Die schönen Momente lässt man doch lieber in seinen Erinnerungen ruhen als die brutalen.

LADY VENGEANCE (2005)
© Capelight Pictures

Der Schlusspunkt zum Thema Rache

Nach SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE (2002) und OLDBOY (2003), stellt Park nun im letzten Teil seiner Vengeance-Trilogie eine Frau in den Mittelpunkt ohne Klischees abzuklopfen. Ein paar Referenzen an die beiden Filme gibt es ebenfalls, wie die Nierenspende, „gute und schlechte Entführungen“ und Darsteller Choi Min-sik aus OLDBOY darf hier den gewissenlosen Bösewicht geben. LADY VENGEANCE, der im Original CHINJEOLHAN GEUMJASSI heißt, was so viel wie „Die gutherzige Frau Geum-ja“ bedeutet, ist trotz der Thematik ein recht positiver Abschluss. Bei MR. VENGEANCE überlebt keine der Figuren das Filmende und in OLDBOY ist es ähnlich bzw. ein Überleben ist nur mit Gedächtnisverlust möglich. In LADY VENGEANCE kommt die Rache von Geum-ja nicht vollends zur Geltung, sie überlässt anderen den Vortritt, denen viel größeres Leid zugefügt wurde als die lange Gefängniszeit. Dennoch schwebt ein Hauch Verzweiflung über der Heldin, wenn sie am Ende ihr Gesicht in einen großen weißen Tofukuchen – die Referenz zum Filmbeginn – taucht und schluchzend ihre Verzweiflung schreit.

LADY VENGEANCE (2005)
© Capelight Pictures

Das Mediabook

2021 ist es so weit und die Rachetrilogie schließt in den Händen des Berliner Labels Capelight Pictures ab. Der Film erscheint weltweit erstmalig auf UHD inklusive HDR10+ und Dolby Vision in einem Mediabook (UHD + BD + Bonus-BD). Das Bild beruht auf einer neuen Abtastung der Original-Negative aus Korea. Sehr interessant, dass gegenüber der 2012-er Blu-ray von 3L ein anderes Farbspektrum entstanden ist. Die Farben tendieren jetzt eher ins rötliche. Das passt zum diabolischen Lidschatten von Frau Geum-ja. Das Bild ist zudem wesentlich schärfer, das Filmkorn enthalten und die Schwarzwerte besser. Somit eine klare Empfehlung für das UHD-Mediabook, auch wenn man nur die Blu-ray abspielen kann.

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Neben einem Booklettext von Robyn Kerkhof gibt es noch zwei hörenswerte Audiokommentare, einen mit Regisseur und Hauptdarstellerin sowie einen mit dem Kameramann und Art Director. Auf einer Bonus-Blu-ray ist LADY VENGEANCE in der Fade-to-Black-and-White-Version zu sehen. In dieser entsättigen sich die Farben zum Filmende immer weiter, bis nur noch monochrome Spektren zu sehen sind, abgesehen von ein paar Farbklecksen. Für Wiederholungstäter sicher eine Art den Film zu erleben.

© Capelight Pictures

Fazit

Ein starker Abschluss, wenn man Park Chan-wooks Rache-Triple gefolgt ist. Insgesamt einer der besten, wenn nicht DER beste Rachefilm in dem eine Frau im Mittelpunkt steht. Komplex erzählt ohne verkopft zu sein, stilsicher gedreht ohne künstlich zu wirken und nachdenklich aber nicht deprimieren. Was ein bisschen erschreckend ist, dass die Karriere von Hauptdarstellerin Lee Yeong-ae nicht steil nach oben ging, obwohl sie sich in LADY VENGEANCE virtuos die Seele aus dem Leib spielt. Aber lieber ein Meisterwerk als ein Dutzend belanglose Rollen in anderen Filmen.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewLady Vengeance (2005)
OT: Chinjeolhan geumjassi
Poster
Releaseab dem 13.08.2021 im Mediabook (UHD + Blu-ray) und auf DVD

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RegisseurPark Chan-Wook
Trailer
BesetzungLee Yeong-ae (Lee Geum-ja)
Kim Byeong-Ok (Priester)
Kim Bu-seon (Woo So-young)
Ra Mi-ran (Oh Su-hee)
Lee Seung-shin (Park Yi-jeong)
Choi Min-sik (Mr. Baek)
DrehbuchPark Chan-Wook
Jeong Seo-kyeong
KameraChung Chung-hoon
MusikChoi Seung-Hyun
Jo Yeong-wook
SchnittKim Jae-beom
Kim Sang-beom
Filmlänge115 Minuten
FSKab 16 Jahren

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