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L.I.S.A. – Der helle Wahnsinn (1985) – Filmkritik

Im Jahr 1985 stellte Commodore den Amiga 1000 vor – den bis dato leistungsstärksten Computer für daheim. Eine kleine Revolution steckte in der Architektur des Personal Computers und beflügelte die Fantasie seiner Nutzer. Vor allem die junge Generation, die sich ja bekanntlich schnell an neue Technik gewöhnt, entdeckte eine Welt, in der alles möglich ist. Aber wenn man 15 Jahre alt ist und in der Schule eher zu den Trotteln und Außenseitern gehört, bringt so eine Wundermaschine wohl kaum die erste Liebe ins heimische Jugendzimmer. Sollte man meinen. In L.I.S.A. – DER HELLE WAHNSINN testen zwei Jungs die Grenzen der 80er-Jahre-Computerleistung bis an den Rand der Überlastung aus, nur um endlich mal ein Mädchen kennenzulernen, es zu küssen und … mit ihm zu duschen. Was auch immer, Hauptsache sie macht Aerobic. John Hughes Coming-of-Age-Komödie ist ein wirrer Spaß der pubertären Sorte. In manchen Momenten schlecht gealtert, aber dann wieder für einen amerikanischen Film so ungestüm unkonservativ, dass es eine wahre Freude ist mit Lisa, Gary und Wyatt durch die amerikanischen Suburbs zu cruisen.

Wyatt (Ilan Mitchell-Smith) und Gary (Anthony Michael Hall) // © Capelight Pictures

Handlung

Die beiden Freunde Gary (Anthony Michael Hall) und Wyatt (Ilan Mitchell-Smith) hängen in ihrem Schuljahrgang etwas hinterher. Nicht beim Lernstoff, sondern in Sachen Coolness. Das Selbstvertrauen bekommt immer wieder durch Streiche ihrer Mitschüler wie Ian (Robert Downey Jr.) und Max (Robert Rusler) einen Dämpfer. Für Mädels scheinen sie sowieso Luft zu sein. Den beiden Nerds stehen die Hormone aber bis zum Hals und deswegen programmieren sie ihren Computer eine sexy Traumfrau zu entwerfen. Leider hat der PC von Wyatt nicht genug Rechenleistung und deswegen wird das Pentagon per Telefonkabel angezapft. Kenntnisse aus den FRANKENSTEIN-Filmen bringen noch eine Barbiepuppe mit Stromkabeln ins Spiel und die Wissenschaft kann sich im Kreis drehen. Frankensteins Braut, die erschaffene Lisa (Kelly LeBrock), sieht nicht nur unglaublich gut aus, ist intelligent und hat Humor, nein, sie kann auch wie ein Flaschengeist jeden Wunsch erfüllen, angefangen bei dem Duschen. Auf so viel geballte Jungenfantasie kommen Wyatt und Gary erst einmal gar nicht klar.

Lisa (Kelly LeBrock)  // © Capelight Pictures

Covergirl vs. Frauenpower

Wenn Lisa zum ersten Mal durch die Tür schreitet, werden sicher beiden Geschlechtern im Publikum die Kinnlade runterfallen. Schöner kann ein 80er-Jahre Körper nicht aussehen. Nachdem die Jungs mit Lisa geduscht haben – sie frisch eingeseift und die beiden Burschen in Hose und Socken – gibt Lisa dem kleinen Wyatt etwas Kuss-Nachhilfe. Übung macht bekanntlich den Meister. Aber schon hier merkt man, dass die Traumfrau ihren eigenen Kopf hat und deswegen geht es erstmal in die nächste Kneipe. Lisa schnippst ein paar gefälschte Führerscheine hervor und in ihrem rosafarbenen Cabrio, sie lässt sich chauffieren, geht es in die nächste Bar. In den 80er-Jahren hat sich die betuchte Mittelschicht am Stadtrand ihr Traumhaus gebaut und die Innenstadt wird vom restlichen Amerika belebt, wie auch diese Bar, welche voll mit Afro- und Lateinamerikanern ist. Die zwei Jungs und ihre Augenfang-Begleitung – hier fragt man sich bereits, wer wen begleitet – schreckt die Blues-Spelunke nicht ab und der Alkohol fließt flaschenweise.

Max (Robert Rusler) und Ian (Robert Downey Jr.) // © Capelight Pictures

Am nächsten Morgen ist der Wandel von der hörigen sexy Gespielin aus dem Rechner zur Chefin völlig vollzogen, denn jetzt wurden die Kleider getauscht. Während Wyatt im engen und augenscheinlich kneifenden Aerobic-Outfit von Lisa erwacht, trägt sie einen bequemen langen Pyjama. Jetzt hat sie das Sagen, für die Geschichte, das Image der Jungs und die nächste Party. Die Erwartungen an ein höriges Dummchen, was in den schmierigen Fingern von zwei Teenagern umhergereicht wird, bleibt unerfüllt und das macht L.I.S.A. – DER HELLE WAHNSINN auch heute noch zum taffen Film. Auch wenn der böse Bruder Chet – grandioses Overacting von Bill Paxton, der sich nur ein Jahr später zu Private Hudson in ALIENS (1986) weiterentwickelt – tierisch nervt, ist die Komödie erfrischend unamerikanisch.

Chet (Bill Paxton) // © Capelight Pictures

Sicher bleibt alles oberhalb der Gürtellinie, aber es ist eine wahre Freude zu sehen, wie den Erwachsenen bei der aufkommenden Sexualität ihrer Kinder regelmäßig der Hut hochgeht. Bis zur Spitze wird es getrieben, wenn eine Atomrakete wie ein Phallus durchs Jugendzimmer steigt und das Dach anhebt. Die spießigen Großeltern werden durch Lisa in Starre versetzt, genau in dem Moment, wo sie sich am meisten aufregen und Prügel an die Partygäste verteilen.

© Capelight Pictures

Es gibt immer wieder Filmreferenzen von DIRTY HARRY bis MAD MAX (sogar mit Originalcast), wie es sich für ein popkulturelles Kunstwerk gehört und am Ende wird für die beiden Nerds dann doch noch alles schön. Sie haben es sich auch verdient, denn sie sind über ihren Anspruch an Modellmaßen der Hochglanzmagazine unter der Bettmatratze hinweggekommen. Und das zeichnen die John-Hughes-Filme (THE BREAKFAST CLUB, EIN TICKET FÜR ZWEI) eben aus, trotz wildester Comedy-Elemente, auch etwas Moral zu entwickeln. Jungs entdecken, dass die Traumfrau aus den Medien, vielleicht doch nicht die erste Liebe ersetzen kann.

© Capelight Pictures

Das Mediabook

Capelight hat zum John-Hughes-Doppelschlag ausgeholt. Neben L.I.S.A. – DER HELLE WAHNSINN, erscheint zeitgleich DAS DARF MAN NUR ALS ERWACHSENER (1984) ebenfalls auf Blu-ray im Mediabook. Das Bildmaster überzeugt (Anm. Ich hatte leider vier Mal kurzes Pixelrauschen und hoffe es geht euch anders). Besonderheit ist der drei Minuten längere Extended Cut, bei dem sogar die Original Synchronsprecher noch einmal für ein paar Szenen gewonnen werden konnten. Außerdem gibt es die TV-Fassung COOLER ZAUBER MIT LISA (90 min) ebenfalls auf der Blu-ray. Hinzu kommen noch eine knappe Stunde Bonus mit Interviews, Making of und der Doku IT’S ALIVE RESURRECTION WEIRD SCIENCE (2013). Ein 24-seitiges Booklet von Jenny Jecke verrät, warum Lisa die einzig hilfreiche Erwachsene im Schaffen von John Hughes darstellt. Der Film spielt übrigens in der fiktiven Stadt Shermer, die den Fans des Autors und Regisseurs sicherlich bekannt sein wird. Nicht lang überlegen, kaufen!

John Hughes // © Capelight Pictures

Fazit

Feinsten punkigen Vorstadtzwirn, aufgedonnerte Haare, eine gigantische Party, die das Piano durch den Schornstein fegt, all das hat L.I.S.A. – DER HELLE WAHNSINN zu bieten. Auch wenn ein paar Witze nicht ganz das Feuerzeug zur Lunte führen, überstrahlt eine Kelly LeBrock, die nicht nur zum Anstarren gut aussieht, sondern selbstbewusst durch dieses testosterone Teenage-Cinderella-Abenteuer ihre Frau steht. 80-Jahre-Gehimtipp!

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewL.I.S.A. - Der helle Wahnsinn (1985)
OT: Weird Science
Poster
Releaseab dem 28.08.2020 im Mediabook (Blu-ray + DVD)

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RegisseurJohn Hughes
Trailer
BesetzungAnthony Michael Hall (Gary Wallace)
Kelly LeBrock (Lisa)
Ilan Mitchell-Smith (Wyatt Donnelly)
Bill Paxton (Chet Donnelly)
Suzanne Snyder (Deb)
Judie Aronson (Hilly)
Robert Downey Jr. (Ian)
Robert Rusler (Max)
Vernon Wells (Lord General)
Britt Leach (Al Wallace)
Barbara Lang (Lucy Wallace)
Michael Berryman (Mutant Biker)
Ivor Barry (Henry Donnelly)
DrehbuchJohn Hughes
KameraMatthew F. Leonetti
FilmmusikIra Newborn
SchnittChris Lebenzon
Scott K. Wallace
Mark Warner
Filmlänge94 Minuten (Kinoversion)
97 Minuten (Extended Cut)
FSKab 12 Jahren

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