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Keine Zeit zu sterben (2021) – Filmkritik

Willkommen zurück Mr. Bond

Bereits bevor die ersten Projektorlampen in den nächsten Tagen angehen und auf den Leinwänden dieser Welt der 25te Bond anläuft, hat der wohl bekannteste britische Spion eine unmögliche Mission hinter sich gebracht. Mehrmals wurde der Kinostarttermin verschoben, über ein Jahr mussten Inhalt und Details des neuen Films geheim gehalten werden. Dazu gab es Übernahmeversuche von großen Streaming-Anbietern, Probleme mit Werbepartnern und daraus folgende Nachdrehs. Für seinen letzten Auftritt als Spion Ihrer Majestät hatte sich Schauspieler Daniel Craig (JAMES-BOND-REIHE, KNIVES OUT) sicherlich ein entspannteres Umfeld gewünscht. Dennoch, JAMES BOND – KEINE ZEIT ZU STERBEN kommt vorerst exklusiv in die Kinos und das allen Widrigkeiten zum Trotz. Allein hierfür gebührt dem ohnehin angeschlagenen Produktionsstudio MGM der Respekt der Kinofans. Für alle, die nochmal eine Gedankenstütze benötigen, haben wir alle Bondfilme aufgelistet.

KEINE ZEIT ZU STERBEN (2021)
James Bond (Daniel Craig) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film. Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED.

Handlung

Nachdem James Bond (Daniel Craig) seinen größten Widersacher Ernst Stavro Blofeld (Christoph Waltz) in ein Hochsicherheitsgefängnis verfrachtet und damit den Kopf der Unterweltorganisation Spectre unschädlich gemacht hat, genießt der ehemalige Spion seinen Ruhestand. Gesellschaft bekommt er hierbei von der bezaubernden Ärztin Madeleine Swann (Léa Seydoux). Doch die Zweisamkeit der beiden findet ein jähes Ende, als Spectre einen Anschlag auf Bond verübt. Bond wurde verraten, aber von wem? Die Vermutung liegt nah, dass es die Frau ist, die noch am Morgen neben ihm lag. Nur knapp entkommen Bond und Madeleine den Handlangern von Spectre und ihre Wege trennen sich kurz darauf. Wieder allein verschwindet Bond von der Bildfläche.
Aber was wäre die Welt ohne ihren Superspion? Dem Agenten wird selbst sein Ruhestand nicht gegönnt. Fünf Jahre nach dem Verrat von Madeleine wird er wieder von der CIA kontaktiert. Eine hoch effektive biologische Waffe wurde aus einem Geheimlabor entwendet. Auch der MI6 ist involviert, allerdings verzichtet man hier vorerst auf die Hilfe von Bond, so schließt sich Bond der CIA an. Es gilt die Waffe wiederzubeschaffen und die Hintermänner unschädlich zu machen.

KEINE ZEIT ZU STERBEN (2021)
James Bond (Daniel Craig) und Dr. Madeleine Swann (Léa Seydoux) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film. Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED.

007, nicht nur eine Nummer

Es ist nun länger schon bekannt, dass KEINE ZEIT ZU STERBEN das Ende der Daniel-Craig-Ära sein wird. Der aktuelle Bond-Darsteller wirft bereits mit seinem ersten Auftritt CASINO ROYALE (2006) mehrere altbekannte Konventionen über Bord. Dreckiger, grober, aber auch verletzlicher zeigt sich der neue Bond gegenüber seinen Vorgängern. KEINE ZEIT ZU STERBEN führt diesen Weg weiter und konzentriert sich für große Strecken auf den Mensch James, der hinter dem Agenten steht. Das dürfte vor allem auch am Einfluss von Regisseur Cary Joji Fukunaga liegen. Bereits seine vorangegangenen Regiearbeiten (TRUE DETECTIVE, MANIAC) werden von nachdenklichen, fast gebrochenen Charakteren dominiert. Wofür lohnt es sich noch zu kämpfen und was ist der Preis, den man dafür zahlen muss? Das sind Fragen, die sich Bond hier zum ersten Mal stellen muss. Fast schon vergessen sind die alten Tage des kühlen und emotionslosen Agenten. Diese neue Verletzlichkeit und Intimität von Bond wird nicht jedem Fan gefallen, bringt aber etwas Neues in das sonst sehr eng gestrickte Korsett der Filmreihe. Der neue Ansatz ist, da die Chemie zwischen Daniel Craig und Léa Seydoux (MIDNIGHT IN PARIS, THE LOBSTER) nicht richtig passen möchte, nur bedingt ein Mehrwert für die Figur Bond. Aus der kurzen Liaison des Vorgängerfilms SPECTRE (2015) wurde in der Zwischenzeit eine handfeste und intime Beziehung. Als Zuschauer wird einem diese Beziehung vorgestellt, ohne dass wir deren Entstehung nachvollziehen können. Besonders wenn man sich als Vorbereitung noch einmal die älteren Craig-Bonds anschaut, wirkt diese Beziehung unglaubwürdig. Im Hinblick auf den weiteren Verlauf der Handlung und auch deren Konsequenzen, hätte man den Zuschauer hier nicht vor vollendete Tatsachen stellen sollen.

KEINE ZEIT ZU STERBEN (2021)
James Bond (Daniel Craig) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film.Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED..

Abseits von neuen Pfaden ist das Herzstück eines jeden Bonds die Action und dazu zählt sicher auch KEINE ZEIT ZU STERBEN. Hier kann der von Fukunaga inszenierte Film punkten, Schauplätze verstreuen sich über den ganzen Globus mit weiten Landschaftsfahrten und Gefechte in engen Räumen. Agent gegen Bösewicht, es gibt keine Kompromisse. Es wird viel geboten und davon ist zum Glück nur wenig aus dem Computer generiert. Das zum großen Teil Stunts und Action nicht animiert, sondern handgemacht sind, ist besonders bei großen Blockbustern nicht mehr selbstverständlich. Das erfreut jeden Cineast und soll hier auch nochmal lobend erwähnt werden. Allerdings muss auch ein Bond sich mit der Konkurrenz vergleichen lassen und die kommt aktuell aus dem Hause Paramount Pictures. Die MISSION-IMPOSSIBLE-Reihe hat mit FALLOUT die Blaupause für einen bombastischen Agentenstreifen hingelegt. Bei aller Liebe zum britischen Spion, muss man hier fair bleiben und sagen: Die anderen haben es ein Tick besser gemacht. Aber auch im Hinblick auf die eigene Vergangenheit der letzten Dekade hatten die Bond-Filme bereits bessere Schauplätze und deutlich einprägsamere Bilder. Ich denke hier besonders an die kalten, kargen Weiten der nördlichen Highlands des Skyfall-Anwesens. KEINE ZEIT ZU STERBEN fehlt genau so etwas. Aber sind wir mal ehrlich, das ist Meckern auf hohem Niveau.

M (Ralph Fiennes), Moneypenny (Naomie Harris) und Tanner (Rory Kinnear) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film. Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED.

Wer stiehlt hier Bond die Show?

Eines meiner persönlichen Highlights und eine Überraschung ist die Schauspielerin Ana de Armas (BLADE RUNNER 2049, KNIVES OUT). Der leider kurze aber dennoch sehr gelungene Auftritt als Paloma, ein Neuzugang der CIA, macht besonders Freude. Nicht nur stimmt die Harmonie zwischen Hauptdarsteller Craig und der jungen Schauspielerin, der Zuschauer bekommt ebenfalls eine sympathische humorvolle Figur, die in ihrer Actionsequenz vollen Einsatz zeigt. Armas, die bisher eher durch ihre ruhigen Rollen bekannt geworden ist, überrascht vollkommen. Gern hätte sie noch mehr Screentime erhalten können und auf Twitter werden bereits die ersten Stimmen für ein Solo-Spin-Off laut. Ebenfalls unerwartet, aber in diesem Fall enttäuschend, ist der Auftritt des Bösewichts. Der durchaus talentierte und einzigartige Rami Malek (MR. ROBOT, BOHEMIAN RHAPSODY) verkommt in KEINE ZEIT ZU STERBEN zu einer verblassten Randfigur. Malek, der sich als Lyutsifer Safin fast schon krampfhaft in die Bedeutsamkeit zu spielen versucht, kommt in den wenigen Szenen, die er spielen darf, kaum zur Geltung. Die neue Figur aus den Schatten wird wohl nicht in den Olymp der Bösewichte aufsteigen, sondern sang- und klanglos in die Schatten zurückkehren. Selbst Christoph Waltz (DJANGO, INGLOURIOUS BASTERDS) als Ernst Stravro Blofeld prägt den Film durch einen einzigen Auftritt mehr als Malek über die ganze Spielzeit. Vergeudetes Potenzial für einen doch im Grunde interessanten neuen Bösewicht und tollen Schauspieler.

Safin (Rami Malek) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film. Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED.

Die Figur Safin bleibt aber nicht allein in der Belanglosigkeit. Ebenfalls eine kleine Enttäuschung ist die Figur Nomi (Lashana Lynch). Erstaunlich, wurde sie doch lang als mögliche Nachfolgerin des britischen Agenten gehandelt. Für diesen Job fehlen dem Charakter allerdings die nötigen Ecken und Kanten. Die talentierte Schauspielerin Lashana Lynch (CAPTAIN MARVEL, MATILDA) wird lediglich als Witze- und One-Liner-Charakter eingesetzt und darf sich innerhalb der Geschichte nicht beweisen. Fast schon als Running-Gag wird hier nebenbei eine Rivalität über die Agentennummer 007 zwischen Bond und Nomi aufgebaut. Selbst als die Agentin dann zu einer eigenen Mission abseits der Kamera entsandt wird, muss am Ende Bond persönlich den Bösewicht zur Strecke bringen. Alles was bleibt, ist ein weiterer Spruch von Nomi als Kommentar und die Handlung wird weitergeführt.

Nomi (Lashana Lynch) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film. Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED

Dass in einem Bond-Film der ein oder andere One-Liner fällt, ist natürlich nichts Neues und gehört auch irgendwie zum Agentendasein, allerdings übertreibt das Drehbuch von KEINE ZEIT ZU STERBEN es zeitweise zu sehr. Fast schon wie eine Parodie ist der Film zu häufig künstlich humorvoll. Dem gegenüber steht die anfangs beschriebene Ernsthaftigkeit und Sinnkrise Bonds. Der durchweg ernste Grundton des Films wird immer wieder unpassend gebrochen und somit geschmälert. Besonders da die Witz-Trefferquote wohl eher bei 50/50 liegt. Dann doch lieber weiter mit der Walther PPK hantieren.

Solide und gekonnt trifft hingegen Komponist Hans Zimmer (GLADIATOR, DUNKIRK) den Score. Die musikalische Untermalung ist durchweg stimmig und begleitet das Geschehen. Wirklich einprägsam bleibt der Score allerdings wie so vieles andere vom Film nicht. Etwas zu routiniert lässt Zimmer hier seine Arbeit erklingen und bis auf ein, zwei Stücke, bleibt der Wiedererkennungswert gering. Ich hätte mir ein wenig Überraschung oder melodische Spielerei gewünscht, denn, wie die Sets des Films, ist auch die Musik zwar hochwertig, aber nichts Besonderes. Am Ende ist das wohl auch eine Frage der Erwartungshaltung.

James Bond (Daniel Craig) und Felix Leiter (Jeffrey Wright) // EON Productions and Metro-Goldwyn-Mayer Studios film. Credit: Nicola Dove. © 2021 DANJAQ, LLC AND MGM. ALL RIGHTS RESERVED.

Fazit

Was bleibt von der letzten Daniel-Craig-Mission übrig? Natürlich ein hochwertiger und unterhaltsamer Actionfilm und ein würdiger Abschluss. Es reicht aber bei weitem nicht zum besten Bond, vor allem wenn die eigenen Erwartungen zu hoch sind. Besonders für ein Finale ersehnt man sich neue Höhenflüge. Das erreicht KEINE ZEIT ZU STERBEN nicht wirklich und so endet die Craig-Saga ohne den gewünschten Knall. Der Film macht vieles anders, aber zu vieles gleich. Das sollte man akzeptieren und es sei prophezeit, dass der Film, wie bereits andere Franchise der letzten Jahre, die Fangemeinde spalten wird. Es wird viele enttäuschte Gesichter geben, aber hoffentlich noch mehr begeisterte. Eins ist allerdings unumstößlich: Dieser Bond ist für die große Leinwand gemacht und diesen Platz hat er sich hart erkämpft.

© Eric

Titel, Cast und CrewJames Bond 007: Keine Zeit zu sterben (2021)
OT: No Time to Die
Poster
RegisseurCary Joji Fukunaga
ReleaseKinostart: 30.09.2021
ab dem 30.06.2022 auf UHD, Blu-ray und DVD

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Trailer
BesetzungDaniel Craig (James Bond)
Rami Malek (Lyutsifer Safin)
Léa Seydoux (Madeleine Swann)
Lashana Lynch (Nomi)
Ralph Fiennes (M)
Christoph Waltz (Ernst Stavro Blofeld)
Ben Whishaw (Q)
Naomie Harris (Eve Moneypenny)
Jeffrey Wright (Felix Leiter)
Billy Magnussen (Logan Ash)
Ana de Armas (Paloma)
David Dencik (Valdo Obruchev)
Rory Kinnear (Tanner)
DrehbuchNeal Purvis
Robert Wade
Cary Joji Fukunaga
Phoebe Waller-Bridge
FilmmusikHans Zimmer
KameraLinus Sandgren
SchnittTom Cross
Elliot Graham
Filmlänge163 Minuten
FSKAb 12 Jahren

Ein Gedanke zu „Keine Zeit zu sterben (2021) – Filmkritik“

  1. du hast es ja oben schon geschrieben, es ist genau das eingetreten was ich befürchtet habe: die background story von mission impossible (ab film drei) war schlüssiger. ich hatte hier den eindruck, dass die sache nicht richtig durchdacht war um am ende schlüssig zu sein. das setting war ok aber im gegensatz zu anderen bond filmen irgendwie nix besonderes. mir fehlte da der aha effekt. alles in allem war es ok. für einen abschluss und neubeginn leider eher mau.

    meiner meinung nach war skyfall der beste dicht gefolgt von spectre.

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