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Kalifornia (1993) – Filmkritik

Brad Pitt, wer? So ging es mir Mitte der 1990er-Jahre als ich KALIFORNIA in der Fernsehzeitung entdeckte. David Duchovny, der sagte mir etwas. In dieser Zeit sehnte ich jede Woche eine neue Folge der Fernsehserie AKTE X herbei oder freute mich auf jede Wiederholung. Aber in einem brutalen Roadmovie kannte ich den Verschwörungsnerd und FBI-Agent Mulder nicht. Das musste mit KALIFORNIA nachgeholt werden. Jetzt, in den 2020ern, kennen Duchovny die wenigsten, aber Brad Pitt ist ein Superstar, nicht nur auf der Leinwand, sondern auch als Produzent. Eine gute Gelegenheit mit der neuen Blu-ray im Mediabook von Capelight Pictures noch einmal auf Zeitreise zu gehen, denn perfekt habe ich den Film nicht in Erinnerung, eher als unangenehm, und das ist er auch heute noch.

© Capelight Pictures

Handlung

Carrie (Michelle Forbes) und Brian (David Duchovny) haben das langweilige Leben in der spießigen Einöde der USA satt und wollen einen Neustart an der Westküste. Carrie, die provokante Aktfotografin, bekommt keine Galerie für eine Ausstellung und der erfolglose Autor Brian leidet unter mangelnder Inspiration. Er schreibt ein Buch über die berühmtesten Serienkiller der USA und will auf der Fahrt nach Kalifornien ein paar Tatorte besuchen. Carrie soll Fotos machen. Die Reisekasse ist jedoch mager und so nehmen sie das Trailerpark-Pärchen Early (Brad Pitt) und Adele (Juliette Lewis) auf die tagelange Reise mit. Early ist jedoch ein waschechter Psychopath, der gegen seine Bewährungsauflagen verstößt. Ein blutiger One-Way-Trip auf den Spuren von Mördern beginnt, wobei einer bereits mitfährt.

© Capelight Pictures

Die 1990er

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Bevor wir zu den Rollenklischees kommen und den Dingen, die in diesem blutigen Thriller stören, dass Tolle vorneweg: KALIFORNIA ist ein optisches Prachtstück seiner Zeit. In den 1990ern hat man noch viel Zeit für gute Bilder, selbst bei so kleineren Produktionen, aufgewendet. Das Filmmaterial wird mit Kontrasten, Licht und Farbspektren perfekt ausgereizt. Sintflutartiger Regen und glühende Hitze lassen uns Betrachter in die düstere Welt eintauchen. Zusätzlich hat der Locationscout seine Aufgabe bestens erfüllt. Hässliche Cafés, schräge Tankstellen und abgerockte Motels bringen apokalyptische Stimmung in den mittleren Westen der USA. Die menschenverlassenen Szenerien steuern auf ein Finale hin, das auf einem nuklearen Testgelände stattfindet. Die verwahrlosten Häuser und gesichtslosen Schaufensterpuppen werden zu stummen Zeugen des spannenden Showdowns.

© Capelight Pictures

Neben dem Kameramann Bojan Bazill (A CURE OF WELLNESS, 2016) kann man sich am einfallsreichen Schnitt von Martin Hinter (FULL METAL JACKET, 1987) erfreuen. Ihm gelingen mühelose Verbindungen zwischen verschiedenen Handlungsorten und immer mit dem nötigen Druck auf dem Spannungspedal. Wenn man an die 1990er denkt, fällt mir auch der besondere Körperkult ein, der sich selbst in KALIFORNIA wiederfindet. Die Darsteller sind fit, Brad Pitt lässt seine Bauchmuskeln selbst als schmieriger Hinterwäldler spielen. Aber auch das Designer-Pärchen Carrie und Brian, die in schwarzer Kleidung die intellektuelle Künstlerkaste vertreten, lassen gern die Hüllen fallen. In heutigen Produktionen so nicht mehr zu finden.

© Capelight Pictures

Rollenbilder

Damals hat mich vor allem die unangenehme Stimmung der Mitfahrt gestört. Das Drehbuch verrät zu schnell wozu Early fähig ist und seine lüsternen Blicke auf Carrie stören auch noch heute. Was heute aber auffällt, ist, dass es ein Film der starken Frauen ist. Die Persönlichkeiten der Männer, der eine ist ein gewissenloser Killer, der andere bewundert Serienmörder, entwickeln sich kaum weiter. Die naive Adele, grandios dargestellt von Juliette Lewis, wächst trotz ihrer geistigen Einschränkungen über sich hinaus. Carrie hat die stärkste Persönlichkeit im Film. Nicht nur, dass sie den Schritt zur Mörderin nicht geht, sondern als Geisel einen kühlen Kopf bewahrt. Darstellerin Michelle Forbes findet die richtige Mischung aus selbstbestimmter Frau und gefühlsstarker Persönlichkeit. Dennoch bedient sich KALIFORNIA zu gern an bestimmten Stereotypen.

© Capelight Pictures

Das Künstlerpaar legt stets ihre elitäre Attitüde an den Tag und das Hinterwäldlerpaar bringt immer wieder ihre fehlende Bildung auf den Tisch. Zusätzlich wird Early als handfester, rassistischer Südstaaten-Patriarch gezeigt, der seine Frau schlägt und unter strenger Kontrolle hält. Seine Regeln für Adele gelten aber nicht für ihn selbst. Das Bier am Morgen ersetzt das Frühstück. Aber nicht nur Geschlechter-Abbilder werden bedient, auch Brian, der inflationäre Erzähler aus dem Off, lässt uns an seinen inhaltsleeren Beschreibungen teilhaben. Brian ist Schriftsteller, dass muss natürlich bedeuten, dass er die Geschichte moderiert. Leider hat er aber wenig Sinniges zu sagen. Aber auch hier gelten seine eigenen Regeln anscheinend nicht: „Wenn ich ein guter Autor werden will, muss ich die Klischees ignorieren“, dabei lebt er selbst sein größtes. Es fehlt nur noch die Schreibmaschine im Handschuhfach.

© Capelight Pictures

Fazit

KALIFORNIA lebt jede Sekunde die 1990er-Jahre, wenn sich dieser Roadtrip durch die grandios fotografierten Lost Places in den USA bewegt. Darsteller und die Inszenierung von Dominic Sena (NUR NOCH 60 SEKUNDEN, 2000) bewegen sich handwerklich auf hohem Niveau. Jedoch leidet die Geschichte an ihrer unfokussierten Handlung. Für die Psyche des lebenden Serienkillers, der mit im Auto sitzt, interessiert sich das Drehbuch kaum, sondern beackert bekannte Redneck-Killer-Klischees. Am Ende wird man den Eindruck nicht los, dass der Film lieber auf bekannten Schienen fährt, als das er wirklich in den Kopf eines Killers vordringen möchte.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewKalifornia (1993)
Poster
Releaseseit dem 13.05.2022 im Mediabook (Blu-ray & DVD) und auf DVD erhältlich.

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RegisseurDominic Sena
Trailer
BesetzungBrad Pitt (Early Grayce)
Michelle Forbes (Carrie Laughlin)
Juliette Lewis (Adele Corners)
David Duchovny (Brian Kessler)
Sierra Pecheur (Mrs. Musgrave)
John Dullaghan (Mr. Musgrave)
DrehbuchStephen Levy
Tim Metcalfe
KameraBojan Bazelli
MusikCarter Burwell
SchnittMartin Hunter
Filmlänge118 Minuten
FSKab 18 Jahren

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