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Iron Mask (2019) – Filmkritik

Jackie Chan und Arnold Schwarzenegger, zwei Ikonen der Filmgeschichte. Der eine prägte das Hong-Kong-Actionkino mit Unterhaltung und spektakulären Stunts über viele Jahrzehnte und darüber hinaus. Der andere, der drei verschiedene Biografien schreiben könnte (Bodybuilder, Politiker und Schauspieler), prägte das amerikanische Actionkino der 1980er- und 1990er-Jahre und spielte ebenfalls Millionen in die Kassen der Studios. Beide, nun im gehobenen Alter (Chan geb. 1954 und Schwarzenegger geb. 1947), dachten wahrscheinlich immer schon einmal daran, einen gemeinsamen Film zu drehen und den Traum vieler Actionfans mit Nostalgiebrille zu verwirklichen. Bedauerlich, dass es IRON MASK geworden ist. Denn der Zahn der Zeit hat im neuen Jahrtausend ein paar Löcher bekommen. Es geht dabei nicht um die Gesundheit der beiden Darsteller, denn die sind körperlich immer noch besser drauf als so manch 20-jahriger Elitestudent. Es geht eher darum, wie Filme in den 2020er-Jahren entstehen.

IRON MASK (2019)
© Koch Films

Aktuell gibt es eigentlich nur noch drei Produktionstypen:

  1. Der bekannte Multi-Millionen-Fettes-Filmstudio-Franchise-Blockbuster
  2. Das anspruchsvolle Arthaus-Autoren-Kino, wo jeder Teilnehmer hofft, später bei Typ Nr. 1 gecastet zu werden, um die Rechnungen zu bezahlen.
  3. Die sehr effektiven Produktionsfabriken aus Asien, die großes Kino verkaufen, aber leider nur warmen Aufguss bieten, bei denen ehemalige Stars wie Bruce Willis oder Nicolas Cage stempeln gehen.
IRON MASK (2019)
© Koch Films

Man ahnt es in welche Kategorie, die hier erhoffte Goldmünze der Legenden, die so manch Jugendzimmer tapeziert haben, fällt. Die chinesisch-russische Filmproduktion IRON MASK wollte auf irgendeine Weise Mantel-Und-Degen-Film mit asiatischer Martial-Arts-Mythologie zu einem Kinospektakel für die ganze Familie verrühren. Leider reichte die geistige Umnachtung der Produktions-Bosse nur dafür aus, sich die beiden Schauspielhelden vertraglich zu sichern, damit zumindest das Kinoplakat mit deren Konterfei internationale Aufmerksamkeit erhaschen konnte. Der Rest, was einen guten Film sonst noch ausmacht, wurde achtlos in einen Mixer gehauen mit unscharfen CGI-Effekten aufgefüllt und zu einer zähen Masse aus Fremdscham und verwirrenden Ideen für den deutschen Heimkino-Markt nun auf Scheibe geklatscht.

© Koch Films

Handlung

Einer chinesischen Legende nach wuchsen die Wimpern eines mächtigen Drachen in die Erde und keimten als heilende Kräuter. In den Händen von Magiern wurden die Pflanzen zu Tee. Der half bei gesundheitlichen Problemen und spülte als Exportgut reichlich Gold in die Kassen der Teebauern. Doch schwarze Magier stahlen diese Kraft mitsamt dem Drachen, der nun in Ketten schlafend seine magischen Kräfte in die ausbeuterischen Hände einer zweigesichtigen Hexe (Li Ma) fließen lässt. Nur ein Drachenmeister, dessen Tochter und eine Prinzessin können den Drachen kontrollieren. Doch der Meister (Jackie Chan) steckt im Knast, genauer gesagt im Tower of London, und die Prinzessin (Xingtong Yao) ist in Russland verschwunden. Zum Glück ist der Drachenmeister nicht allein im Kerker, denn ein Mann mit eiserner Maske (Yuri Kolokolnikov) ist sein Mitstreiter in Ketten und lockt eine Brieftaube vom Wissenschaftler Jonathan Green (Jason Flemyng) an, die beiden den Weg in die Freiheit ermöglichen wird. Doch zuerst müssen sie am Gefängnisdirektor James Hook (Arnold Schwarzenegger) vorbei.

© Koch Films

Bitte einmal mit allen Soßen

Wer jetzt bei der Handlungsbeschreibung denkt, dass es sich hier schon über den weitumspannenden ersten Akt handelt, irrt sich. Denn dies sind gerade einmal die ersten 10 Minuten des zweistündigen Action-Fantasy-Abenteuers. Hinzu kommt noch eine Vielzahl an Nebenfiguren, die recht aufwändig ins Drehbuch gekritzelt wurde, aber im Finale direkt auf die Ersatzbank rutscht. Das gilt vor allem für die beiden Showrunner, die sich noch zu Beginn ein eisenstarkes Kräftemessen liefern dürfen, aber dann im alten Europa zurückbleiben. Denn es soll nach Geldgeber Russland (5 Min.) und dann endlich ins königliche China (die ganzen Restminuten) gehen. So geschieht der Wechsel vom britischen Luftschloss aus kleinen Studioaufnahmen und einem Computerhintergrund eines alten Anno-PC-Spiels zum großen Studio mit vielen echten Statisten und mehr Requisiten als man zählen kann. Als Bonus gibt es jetzt auch ein paar originelle Ideen, die leider als einziges innovatives Highlight verbleiben: die vier schwarzen Magier, die mit Steinen, Rauch, Blitzen und Schall ihre Gegner reihenweise auf die Bretter schicken. Eine feine Symbiose aus Kostümbild und dezenten digitalen Effekten machen die vier gesichtslosen Dämonen ungemein beeindruckend.

IRON MASK (2019)
© Koch Films

Kampf soll nicht alles sein, so musste auch noch Verrat, eine nervige Verlobte (Anna Churina), Genderpower einer Prinzessin, ein digitales Flug-Monchichi, irgendwelche Dorfrebellen und eine unlogische Showdown-Strategie mit hineingequetscht werden. Ach ja, einen Disney-Song gibt es auch noch, der, sobald man sich darauf eingestellt hat mit einen „genug gesungen“ der Dorfwachen harsch beendet wird. Und immer, wenn man es sich auf dem Trashlevel gemütlich gemacht hat, gibt es noch so manch cleveren Clou, der einen dann doch wieder überrascht, aber sofort wieder vergessen wird, weil die nächste Szene aus dem Random-Drehbuch-Shuffel geschossen wird. Bei diesem unbedeutenden Effektgeballer kehren die Gedanken an Chan und Schwarzenegger zurück, die immer noch im Kerker des ersten Akts sitzen und sich bestimmt verrückte Geschichten von Früher erzählen. Dort würde man als Zuschauer wesentlich lieber die Kamera aufstellen als diesem UHD-farbübersättigtem Finale beizuwohnen. Sagen wir es mal in Filmvertrieblerisch: Nachdem der Mann mit der eisernen Maske selbige von sich reißt, geht diese Filmreise nur noch in die Kategorie Quotenproduktion im russisch-chinesischem Auswertungsfenster über.

Die letzte Szene stimmt umso trauriger, da Schwarzenegger und Chan doch noch vom Cateringtruck vor den Greenscreen gezerrt werden, um den Zuschauer mit einem Fremdscham-Moment in den Abspann zu entlassen. Puh und Schluchz!

© Koch Films

Fazit

Langweilig ist der Film zu keiner Minute, aber am Ende bleibt nur noch ein: Total schade.

Man soll mit einem schönen Gedanken den Tag beenden und so versuchen wir es bei diesem Verriss mit der ersten Filmszene von IRON MASK, die ohne eine Zeile Dialog den Hauch von Kinomagie verströmt: Jackie Chan sitzt mit dem Mann mit der eisernen Maske und einem fremden Großväterchen an die Wände gekettet im Gefängnisturm. Alle drei sind an ihren Handgelenken über lange Ketten durch Ösen verbunden. Das Essen und etwas Wasser wird in Schalen von den Wärtern in die Zellenmitte gestellt. Mit buddhistischer Ruhe hebt Chan erst den einen Arm, damit sein Zellenkollege zum Essen in der Mitte kommt und dann den anderen Arm für seinen anderen lebenslangen Begleiter. Beide stürzen sich auf die Nahrung ohne etwas für den übrig zu lassen, der selbstlos seine Ketten gelockert hat. Ihn nährt die im Osten aufgehende Sonne.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewIron Mask (2019)
OT: Tayna pechati drakona
Poster
RegisseurOleg Stepchenko
Releaseab dem 27.05.2021 auf Blu-ray, DVD und im Mediabook

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Trailer
BesetzungJason Flemyng (Jonathan Green)
Xingtong Yao (Cheng Lan)
Jackie Chan (Meister)
Arnold Schwarzenegger (James Hook)
Anna Churina (Miss Dudley)
Yuri Kolokolnikov (Mann mit der eisernen Maske)
Li Ma (Hexe)
Pavel Volya (Menshikov)
Christopher Fairbank (Grey)
Yu Li (Treasurer)
Rutger Hauer (Ambassador)
DrehbuchDmitry Paltsev
Alexey A. Petrukhin
Oleg Stepchenko
KameraIvan Gudkov
Man-Ching Ng
FilmmusikAleksandra Maghakyan
SchnittArseny Syuhin
Petr Zelenov
Filmlänge120 Minuten
FSKab 12 Jahren

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