„Die Hyäninnen der Wall Street“
Finanzhaie, Investment-Banker, Hedgefonds-Manager, Millionen-Dollar-Broker und CEOs der Wall Street spielen jeden Tag mit Millionen Dollar an den Finanzmärkten. Bekanntlich lassen sie es nach Feierabend ordentlich krachen, natürlich nur, um dem Adrenalinspiegel wieder herunterzufahren. Es stellt sich die Frage, was zuerst da war: Die mediale Vorlage, so leben zu müssen oder das Verlangen, bei dem skrupellosen Umgang mit Vermögen, automatisch nach Dienstschluss genauso mit Geld um sich zu werfen? Und wo geht das besser als im Stripclub? Die freizügigen Tänzerinnen sind in gewisser Weise abhängig vom Erfolg ihrer Kunden. Wenn diese auf dem Aktienmarkt so richtig Kohle scheffeln, zeigen sie sich in den Clubs generös. 2008 ging es für den Finanzmarkt steil bergab und der Dollarregen rund um die Stripteasestange ließ nach. Damals hieß es für die Ladies kreativ zu werden, damit weitere Dollars fliegen, egal mit welchen Mitteln. Klingt nachvollziehbar und ist genauso von Samantha Barbash und Roselyn Keo begangen worden. HUSTLERS erzählt diese Geschichte im Filmformat und ist auch noch prominent besetzt.

Inhalt
Destiny (Constance Wu) arbeitet sich als die Neue im Strip Club die Hacken ab. Jeder will etwas von ihrem Geld: Der Manager, der Türsteher, der DJ und für Großmutter soll auch noch etwas übrigbleiben. Eines Tages trifft sie auf die Königin im Geschäft, Ramona (Jennifer Lopez), und ist wie alle anderen gefesselt von ihrer federleichten, aber kurvenreichen Performance. Beide freunden sich an und Ramona nimmt sie zur Seite und bringt ihr die Tricks bei, wie man die Wall-Street-Typen ordentlich ausnimmt. Durch die Finanzkrise 2009 kommen aber immer weniger in den Club, um ihre Scheine unter Unterwäsche zu schieben. Ramona, Destiny und ein paar andere Ex-Stripperinnen beschließen, die großen Bosse – die haben nämlich alle noch ihren Job – und damaligen treuen Kunden jeden Abend ordentlich auszunehmen, mit viel offenherziger Kleidung und Narkotika im Drink der Kreditkarteninhaber. Belohnung nach einem erfolgreichen Beutezug: Shopping für die nächste Abschleppnummer.

Den Spieß umdrehen
Frauen sollen ja bekanntlich in Clubs immer auf ihre Getränke achten, damit nicht irgendwelche Vergewaltiger Drogen in ihre Drinks mischen. In HUSTLERS wird der Spieß einfach umgedreht und man muss gestehen, es ist eine wahre Freude zu sehen, wie die Ladies sich eine glänzende Geldkarte nach der anderen aus den Jackettaschen der betäubten Manager angeln. Dass sie es für sinnlosen Konsum dann wieder auf dem Kopf hauen, ist natürlich nicht so clever. Aber das ist die verbreitete Kultur des Konsums in den USA. Man möchte ihnen immer wieder zurufen: Leg doch etwas Geld für schlechte Zeiten beiseite. Aber die Investmentbanker haben das ja auch nicht getan. Einen Monat arbeitslos und schon kann keiner mehr seine Hypothek bezahlen. Somit übernimmt die Bande um Ramona die schlechten Angewohnheiten ihrer Opfer, was das Unternehmen unweigerlich gegen die Wand fahren lässt. Vor allem der Aspekt des verkehrten Rollenverhältnisses macht dem aufgeschlossenen Zuschauer großen Spaß.

Erotik vs. Optik
Jennifer Lopez soll täglich bis zu sechs Stunden Sport gemacht haben, um in diesem Film körperlich zu glänzen und verdammt nochmal, sie tut es. Aber im Vergleich zu den Herren aus dem Team MAGIC MIKE werden die Performances weit zurückgefahren. Das muss aber auch geschehen, damit das Verbrechen und die Persönlichkeiten das Herz der Geschichte werden. Für die männlichen Zuschauer etwas schade, aber stets im Sinne des Schauspiels. Zu Beginn sind die Clubszenen stilvoll im Glanz von 2007er Musikvideos gehalten. Das macht die Regisseurin Lorene Scafaria genau richtig, um ein bisschen Distanz zu unserer Zeit zu gewinnen und der Soundtrack der damaligen Charts verrichtet dröhnend die Zeitzeugenaufgabe.

In der zweiten Filmhälfte will Scafaria dann doch zu sehr auf Dokumentation und investigativen Journalismus mit der Hilfe von Julia Stiles als Reporterin setzen, was aber nach dem ganzen Glamour kaum noch überzeugt. Das Ende kommt im Galopp sehr vorhersehbar um die Ecke und wird von weiteren Zeitsprüngen mit Spannung aufgemotzt. Das klappt aber nur bei unerfahrenem Kinopublikum, der Rest sieht bekannte Filmreferenzen.

Schauspielerische Wärme
Was die Inszenierung noch sehr ungeschickt macht, gleichen Constance Wu und Jennifer Lopez herzlich aus. Es gibt kaum einen Moment, in dem man ihnen ihre Rolle nicht glaubt, trotz prolliger Pimp-Kleidung und perfektem großflächigem Make-up. Die Darstellerinnen, wie auch die echten Robin-Hood-Stripper (hier könnt ihr den Artikel in Englisch im „The Cut“ lesen), sind starke Frauen, die ordentlich vom Ruhm genascht haben, um an ihrem Konsumrausch zu scheitern, wie viele schon vor ihnen.

Fazit
Ein lockeres, unterhaltsames Biopic-Drama, ohne sich zu sehr in die Richtung eines künstlerischen Extrems zu wagen. HUSTLERS blitzt einmal mit ganz großer Filmmagie auf, wenn kurz vor dem Wall-Street-Crash noch einmal ein Prominenter den Club betritt. Der Musiker Usher kommt sympathisch in die Pole-Dance-Kurve und alle Damen feiern den Star mit einem Gruppenstrip. Da steckt so viel Freude über die alltägliche Ablenkung drin, das kann nur so geschehen sein.
Titel, Cast und Crew | Hustlers (2019) |
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Poster | ![]() |
Release | Kinostart: 28.11.2019 ab dem 10.04.2020 auf Blu-ray und DVD Ihr wollt den Film bei Amazon kaufen? Dann geht über unseren Treibstoff-Link: |
Regisseur | Lorene Scafaria |
Trailer | |
Besetzung | Constance Wu (Destiny) Jennifer Lopez (Ramona) Julia Stiles (Elizabeth) Mette Towley (Justice) Wai Ching Ho (Destinys Großmutter) Emma Batiz (12-jährige Juliet) Vanessa Aspillaga (Manuela) Trace Lysette (Tracey) Marcy Richardson (Star) Keke Palmer (Mercedes) Lili Reinhart (Annabelle) Cardi B (Diamond) Jay Oakerson (DJ) |
Drehbuch | Lorene Scafaria |
Kamera | Todd Banhazl |
Schnitt | Kayla Emter |
Filmlänge | 110 Minuten |
FSK | ab 12 Jahren |
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter