Dank Hollywood kennen wir uns mittlerweile besser in politscher US-Geschichte aus als mit der eigenen. Dank dem Thriller HUNT gibt es jetzt die Gelegenheit das eigene Wissen in südkoreanischer Geschichte aufzubauen. Und das sogar noch in spannender Weise. Es sei aber jeder hiermit gewarnt: HUNT ist ein harter Brocken von einem Polit-Thriller voller Unsympathen und einer Handlung, die immer wieder neu zu würfeln scheint. Aber das macht einen guter Spionagefilm eben aus: Doppel-, Tripel-Agenten und ein maroder politischer Apparat, in dem sie agieren. Die Geschichte Koreas zu dieser Zeit ist voller Verrat, Intrigen und Mordkomplotts.
Handlung
Anfang der 1980er Jahre lebt Südkorea unter der strengen Herrschaft einer Militärregierung. Vor allem die junge Bevölkerung fordert mehr Demokratie in den Regierungskreisen. Doch die Proteste werden immer wieder gewaltsam beendet. Gefahr geht aber auch von Nordkorea aus, die Militärdiktatur verübt immer wieder Anschläge auf das südkoreanische Staatsoberhaupt und die Regierungskreise sind mit Spionen unterwandert. In den Reihen des südkoreanischen Geheimdienstes soll es einen Maulwurf in einer Spitzenposition geben, der immer wieder geheime Militäroperationen an Nordkorea weitergibt – doch der sogenannte Donglim lässt sich einfach nicht fassen. Der Leiter des Auslands-Nachrichtendienstes, Park Pyong-ho (Lee Jung-jae) und der Leiter des Inlands-Nachrichtendienstes Kim Jung-do (Jung Woo-sung) werden unabhängig voneinander damit beauftragt in den Reihen der anderen Organisation nach dem Verräter zu suchen. Ab sofort gibt es weder Regeln noch Loyalität.
Folter und Dickschädel
HUNT ist gut besetzt, packend inszeniert und hat im Drehbuch einige Wendung zu bieten. Man muss natürlich bereit sein, den ganzen paranoiden Weg der beiden Hauptkonkurrenten mitzugehen, die sich immer wieder aufs Neue hinterfragen. Wer von ihnen ist Donglim oder ist dieser Spion nur eine Legende? In beiden Abteilungen wird nicht nur die Schmutzwäsche des andern durchsucht. Wenn es keine Informationen gibt, beschafft man sich welche mit brutalsten Mitteln. Das ist auch die größte Schwachstelle des packenden Thrillers, dass die Personen in diesem Szenario schlichtweg egal sind. Selbst die beiden Hauptfiguren Park und Kim sind solche emotionslosen Stahlbetonschädel, dass sie über gequälte Angehörige oder verletzte Kollegen nur müde hinwegsteigen. Wer solch einen Job macht, muss seine Gefühle tief in seinem Inneren begraben, aber das Publikum ist nun einmal nicht emotionslos und will etwas haben, um das es sich Sorgen machen kann. Der ganze Kampf muss sich auf für die Zuschauerinnen und Zuschauer lohnen. Zum Finale werden die wahren Beweggründe (Wiedervereinigung und Gerechtigkeit) doch noch in die Waagschale geworfen, aber da ist es bereits zu spät und die knallharte Action übernimmt. Vor allem der Aspekt der Folter stört ungemein, da mit solchen Methoden bekanntlich keine wahren Informationen zu holen sind, siehe THE REPORT (2019). HUNT spielt aber auch in einer anderen Zeit.
Geschichte vs. Fiction
Hauptdarsteller Lee Jung-jae führt sein Regiedebüt souverän aus. Zu den richtigen Zeitpunkten gibt es Rückblicke, um tiefer in das Netz der Geheimhaltung und der Persönlichkeiten einzutauchen. Zugegeben, es ist eine Herausforderung alles zu verstehen und auch manche Wendung sind schwer begreiflich, aber selbst in aktuellen Hollywood-Filmen, kommt man bei den Bösewichten schwer mit – wir reden von dir, MIP 7.1. Wer aber in HUNT am politischen Ball bleibt, wird mit einer vielschichtigen Geschichte belohnt, die zum Ende fast surreal anmutet.
Kann das alles so geschehen sein? Aber eine kurze Recherche beleuchtet, dass die Anschläge und Morde tatsächlich so in der Geschichte Südkoreas zu finden sind. Vielleicht wurde das Ganze mit Actionszenen übertrieben aufpoliert und die Massen an Anzugträgern, die immer wieder die Flure von Behörden überschwemmen, gehören zum südkoreanischen Kino eben dazu wie das elegante Nachladen im Feuergefecht. Unweigerlich lustig ist es hin und wieder, wenn Befugnisse mit schnellen Ohrfeigen beglaubigt werden. Ganz nach dem Motto, wer am lautesten schreit, hat auch das Sagen. Über solche Art der handgreiflichen Kommunikation freut man sich unweigerlich in diesem tief düsteren Thriller.
Fazit
HUNT ist nicht nur etwas für Spionagefilm-Experten. Der Film zieht durch seine verschlossenen Dualisten dank starker Besetzung immer wieder in seinen Bann. Für Vermutungen lässt die schnelle Inszenierung kaum Platz und die Actionszenen sind effektiv, wie auch zeitgemäß inszeniert. Definitiv einen Blick wert, aber für einfach gestrickte Mitläufer zu viel des doppelten Spiels.
Titel, Cast und Crew | Hunt (2022) OT: Heonteu |
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Poster | |
Release | seit dem 20.07.2023 im Steelbook (UHD + Blu-ray) und einzeln auf Blu-ray und DVD erhältlich. Direkt beim Label bestellen. |
Regie | Lee Jung-jae |
Trailer | |
Besetzung | Lee Jung-jae (Park Pyong-ho) Jung Woo-sung (Kim Jung-do) Heo Sung-tae (Jang Cheol-seong) Go Youn-jung (Jo Yoo-jeong) |
Drehbuch | Lee Jung-jae Jo Seung-hee |
Kamera | Lee Mo-gae |
Musik | Jo Yeong-wook |
Schnitt | Kim Sang-bum |
Filmlänge | 131 Minuten |
FSK | ab 16 Jahren |
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter