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Gladiator II (2024) – Filmkritik

„Sandalen-Bestseller“

Politisch punkten gerade jene, die von der „guten alten Zeit“ sprechen. Genau 24 Jahre nach Ridley Scotts Kino- und Oscarerfolg GLADIATOR (2000) inszeniert er eine Fortsetzung, die auf den Erfolgskonzepten der Vergangenheit beruht. Die Marketingabteilung verspricht ebenfalls nichts Neues in dieser Hinsicht, lediglich neue Gesichter in der Besetzung sind zu erkennen. Regisseur Scott und Drehbuchautor David Scarpa halten streng an der trügerischen Underdog-Story fest: Ein Mann, der seine vorherigen Privilegien ungerechterweise verliert, wird versklavt. Ihm wird die Chance geboten im blutigen Überlebenskampf seine Freiheit zurückzugewinnen. Wenn da nicht der neidische oberste Amtsinhaber wäre, denn es kann nur einer in der Gunst der Götter stehen. Für Maximus ging es damals nicht gut aus, aber für einen Krieger sicherlich ein Happy End: der Tod im finalen Kampf. Unsere Welt, Werte und Wahrnehmung haben sich jedoch in den letzten 24 Jahren weiterentwickelt. Warum sollte man also heute, derselben Geschichte des heldenhaften Soldaten, der dem Traum vom gerechten Rom hinterherjagt, Glauben schenken? Die Antwort bleibt uns GLADIATOR II bis zum Ende schuldig, aber zumindest ist man einigermaßen gut unterhalten.

© 2024 Paramount Pictures.

Handlung

Das römische Reich expandiert unerbittlich. An seiner Spitze stehen die Imperatoren-Zwillinge Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger). Dank ihres erfolgreichen Generals Marcus Acacius (Pedro Pascal) werden in immer ferneren Ländern die Fahnen Roms geschwenkt. Auf einem dieser Beutezüge sammelt das römische Heer den Kämpfer Lucius (Paul Mescal) ein. Er ist stark und unverletzt – bestes Material für die Gladiatorenkämpfe unter der Führung von Macrinus (Denzel Washington). Lucius‘ Bildung, Ausstrahlung und Rachegelüste bringen ihn ganz schnell zu den Spielen Roms. Jedoch befindet sich das Machtgefüge im Umbruch. Der Senat ist unzufrieden mit der tyrannischen Herrschaft der Imperatoren, die immer mehr durch ihren Machtdurst dem Wahn verfallen.

© 2024 Paramount Pictures.

Same Old, Same Old

Ridley Scott hat immer wieder in Interviews gemeint, wenn er auf die fehlende Korrektheit seiner Geschichtsepen (z. Bsp. THE LAST DUEL) angesprochen wurde, dass ihn historische Authentizität nicht kümmert, solange es gut aussieht und der Story dient. Historiker sollten auch bei GLADIATOR II auf einige „kreative Freiräume“ gefasst sein. Selbst das Kolosseum wird kurzzeitig zu einem Wasser-Arena umgebaut. Wen so etwas stört, sollte den Film sicherlich meiden.

Kommen wir zum Zweck der Mittel und irgendwie auch dem Initialisierungsfunken der ganzen Handlung: Frauen und Liebe bzw. Verlust, der gerächt werden muss. Der weibliche Einfluss bleib minimal, politisch wie auch ideologisch. Im Aspekt der Gleichberechtigung hat sich in unseren letzten 24 Film- und Serienjahren viel getan und für diese Fortsetzung wäre etwas mehr weiblicher Einfluss wünschenswert, nicht nur für die Zuschauerinnen.

© 2024 Paramount Pictures.

Was aber noch viel mehr stört, ist, dass GLADIATOR II um politische und gesellschaftliche Konzepte einen weiten Bogen macht. Aktuell wird mehr denn je verhandelt, wie viel Macht einzelne Menschen über eine ganze Gesellschaft haben dürfen und wie wenig Schuld einer großen Menge Menschen an bestehenden Ungerechtigkeiten tatsächlich zugeschrieben werden kann. Enorm viel Vermögen gehört Wenigen, ein Großteil schlägt sich durch, der Rest kämpft um die eigene Existenz. In der Handlung reden Würdenträger und Senatoren vom Leid der Bevölkerung und auch die ersten Texttafeln des Films reden von Hunger, Armut und Unzufriedenheit. Der Film zeigt es jedoch nicht. Weder eine kleine Nebenrolle darf vom einfachen Volk verkörpert werden, noch wird es gezeigt.

© 2024 Paramount Pictures.

Lediglich in einer kleinen Szene, wenn die Gladiatoren auf einem Karren nach Rom gefahren werden, erhält man eine Ahnung davon, wie es sein muss, dort ums Überleben zu kämpfen. Die Szene dient aber eher der Charakterisierung unseres Helden gegenüber seinen zukünftigen loyalen Männern. Wenn also immer wieder von sauberen Toga-Trägern behauptet wird, dass die Menschen frei sein wollen, fragt man sich, woher sie das überhaupt wissen. Von ihren Sklaven? Diese politische Scheinhandlung wird jedoch erst gegen Ende des Films deutlich, wenn der Bombast nachlässt, sich zwei Heere des gleichen Imperiums gegenüberstehen und Lucius versucht die Gemüter zu beruhigen – mit dem Versprechen von Ehre und Stolz. Soldaten sind eben auch nur einfache Männer.

© 2024 Paramount Pictures.

Fazit

Man spürt förmlich wie GLADIATOR II sein Publikum mit dem erfolgreichen Konzept seines Vorgängers zu manipulieren weiß. Zugegeben es wird dadurch auch nicht langweilig, aber unsere aktuelle politische Lage bringt nicht nur mehr Potential für Inhalt, sondern sollte auch kritischer hinterfragen, ob ein rachsüchtiger, elitärer Soldat der Hoffnungsschimmer für eine friedliche Gesellschaft sein kann.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewGladiator II (2024)
Poster
ReleaseKinostart: 14.11.2024
RegieRidley Scott
Trailer
BesetzungPaul Mescal (Lucius)
Pedro Pascal (Marcus Acacius)
Denzel Washington (Macrinus)
Connie Nielsen (Lucilla)
Joseph Quinn (Emperor Geta)
Derek Jacobi (Gracchus)
Fred Hechinger (Emperor Caracalla)
Rory McCann (Tegula)
Yuval Gonen (Arishat)
Tim McInnerny (Thraex)
DrehbuchDavid Scarpa
KameraJohn Mathieson
MusikHarry Gregson-Williams
SchnittSam Restivo
Claire Simpson
Filmlänge148 Minuten
FSKab 16 Jahren

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