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Stranger Things Buch FINSTERNIS

Finsternis – Die Wahrheit über Jim Hopper | Buchkritik

„Brennender Asphalt“

Hätte man mich gefragt, welche Figur der Netflix-Serie STRANGER THINGS ich am besten finde, ich hätte ganz unabhängig des Buches, das ich nun vorstellen möchte, folgendes geantwortet: Jim Hopper, Joyce Byers und Nancy Wheeler. Aber hinsichtlich der Vorgeschichte der jeweiligen Figur ist James Hopper definitiv der interessanteste. Dementsprechend voller Eifer nahm ich mir den Original-Netflix-Roman FINSTERNIS von Adam Christopher vor. Einen Wimpernschlag später fand ich mich im vor Hitze glühenden New York der 70er Jahre wieder. Aber eins nach dem anderen.

Inhalt

Die Geschichte beginnt am 26. Dezember 1984 in dem Leser bekannten Hawkins. Elfi und Hopper verbringen ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest, ganz klischeetreu bei dichtem Schneefall, in Hoppers Hütte. Beide genießen die ruhigen Stunden, auch wenn besonders die Weihnachtszeit für Hopper nicht einfach ist. Zu viele negative Erinnerungen an seine Familie plagen seinen sowieso schon unruhigen Geist. Doch Elfi wäre nicht Elfi, wenn sie ihn nicht mit lauter Fragen von seiner Schwermut abzulenken wüsste. Und so beginnt Hopper zu erzählen. Über seine Vergangenheit. Den Vietnamkrieg. Die ersten Gehversuche als Veteran in der Funktion eines Cops in einem Polizeipräsidium in New York. Über seine Familie, die sich aus der Beengtheit der Kleinstadt Indianas, in die zerrüttete Großstadt rettet, um dort die gemeinsame Erfüllung zu finden.

Im Juli 1977 wird New York von einem Serienmörder heimgesucht, welcher sich allem Anschein nach Ritualmorde auf die Fahnen geschrieben hat. Hopper beginnt mit seiner Partnerin Delgado zu ermitteln, sieht sich aber schnell durch das FBI in seinen Bemühungen behindert. Doch einen Jim Hopper hält das nicht auf. Heimlich setzen die beiden ihre Nachforschungen fort und finden sich bald in einem Bandenkrieg in apokalyptischem Ausmaß wieder. In letzter Minute kann der Cop den Drahtzieher daran hindern, die ganze Stadt gewaltsam einzunehmen. Dabei wird jedoch klar, dass die beiden deutlich mehr verbindet als sie trennt.

Stranger Things Buch FINSTERNIS
Stranger Things FINSTERNIS: Ein NETFLIX-Original von Adam Christopher

Kritik

Auch die zweite literarische Adaptation hat, genauso wie die erste, ihre Daseinsberechtigung. Ich ziehe den Hut vor den Autoren, die das Stranger-Things-Universum ausbauen, colorieren und uns die Figuren noch etwas näherbringen. Trotzdem stehlen sie der Serie nicht die Show.

Ganz sanft wird der Leser in die Geschichte von FINSTERNIS geschubst. Er kuschelt sich gemeinsam mit Hopper und Elfi in die gemütliche Hütte und lauscht der Geschichte. Er muss sich nicht anstrengen, sein Gehirn kennt die Figuren bereits, muss nichts dazuerfinden, weiß genau, wie alles aussieht. Die Schauspieler wandern vom TV-Bildschirm direkt in die Gedanken des Lesers und er kann sich ganz darauf konzentrieren, worüber Jim Hopper nun zu erzählen beginnt. Zwischendurch spricht Elfi die Neugier des inneren Kindes an und stellt Fragen, die sich ein Erwachsener, aus anerzogener Höflichkeit, nicht traut zu fragen. Dem Autor (Adam Christopher) gelingt es formidabel, der Figur Hoppers Tiefe zu geben und dem Leser zu zeigen, dass es tatsächlich einen glücklichen, ausgeglichenen Familienvater in seiner Vergangenheit gab. Des Weiteren lernt der Leser nun endlich Hoppers Frau Diane und seine Tochter Sara kennen. Beide sind nur Randfiguren. Jedoch ermöglicht der Autor Adam Christopher mit Hilfe dieser zwei Figuren, einmal mehr zu verstehen, weswegen Hopper einen so ausgeprägten Beschützerinstinkt hat. Auch alle anderen Figuren sind bedacht gewählt und beschrieben. Besonders Hoppers Partnerin Delgado übernimmt eine Schlüsselrolle in der Geschichte. Sie ist das weibliche Pendant zu ihm und ist ebenso durch die Hölle gegangen. Auch wenn sie nicht in Vietnam war, so hat sie als Migrantin und als eine der ersten weiblichen Detectives einiges über sich ergehen lassen müssen. Sie kontert hart und weiß sich zu behaupten, zeigt aber trotzdem Sanftheit, als Hopper sie bittet, auf seine Familie aufzupassen.

Ich weiß nicht, wie das New York der 70er-Jahre aussah, doch Adam Christopher nehme ich seine Beschreibung einer gebrochenen, armen und von jeglicher politischen Kontrolle verlassenen Stadt ab. In den reichen Bezirken (Manhattan) tobt das Leben. Doch besonders Bezirke wie die Bronx werden sich selbst überlassen und es regiert das alte Gesetz: „Der Stärkere überlebt.“ Die Polizei ist hoffnungslos unterbesetzt und keiner der übrigen Cops fährt freiwillig Streife durch die Mülldeponie-Bezirke der Stadt. Die Darstellung dieses Aspektes der Geschichte ist sehr gelungen und ich fühlte mich beim Lesen ebenso unbehaglich, als würde ich tatsächlich durch die mit Schlaglöchern übersäten Straßen der Bronx gehen. Den heißen Asphalt unter den Füßen, mit dem Atem der nächsten Gang im Nacken.

Soviel zum Setting, nun zur Geschichte: Trotz der detailreichen Beschreibung der Charaktere, habe ich mich mit der Geschichte etwas schwergetan. Der Anfang ließ sich leicht lesen, ob der vielen neuen und spannenden Gesichtspunkte. Auch der Schlussteil zog mich nochmal intensiv in seinen Bann, weil er nicht vorauszusehen war. Doch der Mittelteil erschien mir etwas zäh. Es ist eben doch eine Ermittlungsgeschichte. Das soll nicht heißen, dass ich nicht gern Krimis lese aber dann muss das Ganze kompakt und knackig formuliert sein. Adam Christopher schafft es kaum, die Aufmerksamkeit des Lesers mit der Suche nach Hinweisen bezüglich des Mordfalls zu erringen. Zudem wird die ganze Sache bis ins Unermessliche und leider auch Unglaubwürdige gesteigert. Eine Mordserie, ein toter FBI-Agent, die Fusion sämtlicher New Yorker Gangs, der Aufbau einer Privatarmee, die unter einem verrückten Superhirn die Stromversorgung lahmlegt und schließlich wie eine Welle apokalyptisch über die gesamte Stadt rollt. Zudem ist der Drahtzieher natürlich nicht nur ein Superhirn, sondern weiß auch alles über psychologische Kriegsführung und Gehirnwäsche. Mir scheint, der Autor wollte tief in die Trickkiste greifen, konnte sich jedoch nicht so recht für einen entscheiden. Vielleicht sollte auch eine ebenso spektakuläre Geschichte, wie es STRANGER THINGS ist, erzählt werden. Doch mir persönlich war das zu viel. Genau wie in Gwenda Bonds Buch SUSPICIOUS MINDS schien die Devise: „Bringt so viele unterschiedliche Aspekte wie möglich unter.“ Meiner Meinung nach, ist das nicht der richtige Ansatz. Als ich mir das Buch zur Hand nahm, tat ich das aus dem heimlichen Wunsch heraus, endlich mehr darüber zu erfahren, wie und warum Hoppers Tochter zu Tode gekommen ist und was danach mit der Beziehung zu Diane geschah. Leider ist das eine andere Geschichte und soll wohl ein andermal erzählt werden.

Adam Christopher – selbst großer Fan der Serie – schrieb diese Geschichte in Zusammenarbeit mit Netflix. Mit 528 Seiten hat er da ein recht umfangreiches Werk erschaffen, welches außerdem auch ein sehr überlegt illustriertes Cover aufweist.

Auch diese Adaptation lege ich jedem STRANGER-THINGS-Fan, der mehr über die Figuren erfahren möchte, ans Herz. Mögt ihr zusätzlich noch Geschichten rundum New York, Cops, Action und ein bisschen Gefühl, dann ist das euer Buch. Man muss sich etwas Zeit nehmen, wird aber mit einer spektakulären Geschichte und einem detaillierten Setting belohnt.

© Paula

Stranger Things Buch FINSTERNIS

  • STRANGER THINGS: FINSTERNIS
  • Übersetzt von Melike Karamustafa
  • Paperback , Klappenbroschur
  • 528 Seiten, 13,5 x 20,6 cm
  • ISBN: 978-3-328-10491-9
  • Erschienen am 18. Juni 2019
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