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Dotterbart (1983) – Filmkritik

Am liebsten zieht die britische Komikertruppe Monty Python die alten Genre-Kamellen durch den Kakao. Der Mittelalterfilm (DIE RITTER DER KOKOSNUSS, 1975), der Monumentalfilm (DAS LEBEN DES BRIAN, 1979) und das wilde Medley aus existenziellen Fragen (DER SINN DES LEBENS, 1983). Ebenfalls 1983 ging es dem Piratenfilm mit DOTTERBART (YELLOWBEARD) an den Kragen. In überspitzter Manier aus verrührter Blödelkomik und bissiger Gesellschaftskritik wird munter über alles hergezogen. Den imperialen Engländern geht es genauso an den Kragen wie den selbstverliebten Spaniern mit ihrer Gier nach Gold im Auftrag des Herrn. Aber auch der Pirat, der gern im Abenteuerfilm als Kämpfer gegen das Establishment als Held dargestellt wird, kommt in DOTTERBART nicht gut weg. Die titelgebende Hauptfigur wirbelt wie ein irres Fellknäuel durch die Geschichte, sticht alles nieder und rupft an jedem Rockzipfel. Kein Wunder nach 20 Jahren Gefängnis. Ein Raubtier sperrt man auch nicht ein.

Dotterbart (Graham Chapman) // © Capelight Pictures

Handlung

Im Jahre 1687 auf den Meeren der Freibeuter: Über 500 Mann soll der Pirat Dotterbart (Graham Chapman) schon auf dem Gewissen haben. Am liebsten überfällt er spanische Segelschiffe, da hier immer ausreichend Gold und Juwelen zu holen sind. Doch eines Tages gelingt es dem britischen Empire ihn festzunehmen und ins Gefängnis von London zu sperren. Nach 20 Jahren in diesem Drecksloch soll er nun endlich entlassen werden. Viele Jahre der Folter und Spionage durch seine Zellengenossen haben den erfolgreichen Piratenkapitän nie den Standort seines Schatzes verraten lassen. Kurz vor der Entlassung besucht ihn Petty (Madeline Kahn), die ihm nicht nur erzählt, dass er einen Sohn hat und sie die Schatzkarte auf dessen Kopfhaut tätowiert hat, sondern dass dieser auch noch Gärtner ist. Das kommt einem Verrat an den Genen seines Vaters gleich.

Dotterbarts Entlassung wird auch noch von Commander Clement (Eric Idle) unterbunden und somit ist das Maß voll. Er bricht aus und will seinen Schatz finden. Ein Rattenschwanz von Verfolger zieht hinter ihm her, die alle scharf auf eine Truhe voller Juwelen sind: der britische Geheimdienst rund um Commander Clement, der ehemalige Bootsmann Mr. Moon (Peter Boyle) mit dem glubschäugigen Gilbert (Marty Feldman) und irgendwie auch der eigene Sohn Dan (Martin Hewitt) mitsamt seiner Mutter. Segel setzen und auf in die Karibik.

© Capelight Pictures

Nicht ganz Monty Python

Den satirischen Olymp erreichte die britische Künstlergruppe Monty Python in den 1970er-Jahren. Die sechs Mitglieder Graham Chapman (1941–1989), John Cleese (* 1939), Terry Gilliam (* 1940), Eric Idle (* 1943), Terry Jones (1942–2020) und Michael Palin (* 1943) gingen später erfolgreiche, aber getrennte Wege. DOTTERBART enstand nach dieser ersten Trennung. Graham Chapman schrieb neben seiner Hauptrolle auch das Drehbuch zusammen mit Peter Cook und Bernard McKenna. Mel Damski wurde auf den Regiestuhl gesetzt. In Nebenrollen sind immerhin zwei weitere Pythons zu finden: Eric Idle als britischer Gegenspieler im Auftrag der Majestät und John Cleese als blinder Informant. Diesem Umstand verdankt die Komödie mehr Fokus aus nur einer kreativen Hand, der von Chapman. Es fehlt ihr aber auch am Witzefeuerwerk der Flying-Circus-Kreativschmiede. Immer wieder gibt es einige Leerstellen, die heute schnell müde machen, aber dann gibt es wieder extreme Um-die-Ecke-Witze, dass die Freude groß ist, wenn man sie entdeckt.

Der blinde Pew (John Cleese) // © Capelight Pictures

Die Schatzkarte zu den Gags

Die Sorte von versteckten Jokes setzt ein hohes Maß an Mitdenken voraus. Das beste Beispiel ist die Szene mit einem Gastauftritt von David Bowie: Der Chef des britischen Geheimdienst Clement entführt Betty, um an den Plan zu Dotterbarts Schatz zu kommen. Sie wird Steuerbord im Fahrwasser mitgezerrt. Irgendwann bringt sie David Bowie in die Kapitäns-Kajüte, sie will gestehen. Die Figur von Bowie hat eine Haifischflosse auf dem Rücken. Jetzt erst gelingt es dem Zuschauer sich die vorherige Szene, die nicht zu sehen war, zusammenzureimen. Bei gutem filmischen Erzählen ist es wichtig Momente auszulassen und sie der Fantasie des Zuschauers zu überlassen. Hier geschieht es auch, aber zu Gunsten der mitdenkenden Komik.

© Capelight Pictures

Die deutsche Synchronisation

Wenn das hochtrabende britische Vokabular auf die harschen Worte von „Yellowbeard“ trifft, macht die Originalversion schon viel Spaß, aber die deutsche Synchronisation legt noch einen drauf. Den virtuosen Sprachgebrauch des sogenannten Schnodderdeutsch aus der Dialogregie von Rainer Brandt möchte man immer wieder mitschreiben, um seinen eigenen Sprachgebrauch zu erweitern. Da wird die Schwester der Königin gekonnt als „tapezierter Knochen“ bezeichnet oder der Schurke mit „Nimm deine von Popeln kampunierten Griffel von meinem Gold!“ zurechtgewiesen. Vor allem Dotterbart bringt einen Spruch nach dem anderen, der ein Grinsen in unsere politisch-korrekte Welt zaubert: „Vergewaltigt wird später, mein Sohn. Zuerst werden mal ein paar umgebracht!“. Auch der Running Gag Frauen an Bord zu schmuggeln, wird in den 96 Minuten nie alt: „Weiber an Bord bringen Unglück, das ist wissenschaftlich erwiesen.“

© Capelight Pictures

Piratenparodie fürs Heimkino

Zum ersten Mal in Deutschland erscheint nun DOTTERBART, auch bekannt unter dem Titel MONTY PYTHON AUF HOHER SEE, auf Blu-ray in einem Mediabook. Das Independent-Label Capelight Pictures hat sich schon für alle Arten von Monty Python Klamauk gerühmt: MONTY PYTHON’S FLYING CIRCUS, JABBERWOCKY und DIE WUNDERBARE WELT DER SCHWERKRAFT. Auch bei DOTTERBART ist die Bild- und Ton-Qualität gelungen in die 2020er-Jahre transformiert worden, ohne deren Herkunft zu verschleiern. Der Film ist ungekürzt, deswegen gibt es drei recht lange Szenen in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln. Ein Booklet-Text von Jack Arnold geht auf Produktionsspurensuche in dieser Collector’s Edition mit zwei Covervarianten.

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Highlight der Extras ist der Mitschnitt des Oratoriums zu DAS LEBEN DES BRIAN auf einer Bonus-Blu-ray: NOT THE MESSIAH: HE’S A VERY NAUGHTY BOY aus dem Jahre 2009. Insgesamt ist die Edition wieder ein gelungenes Preis-Leistungs-Verhältnis, wie schon oft beim Berliner Label.

© Capelight Pictures

Fazit

Man muss auf jeden Fall ein Fan des Humors sein, sonst hustet man nur ein paar trockene Lacher aus oder schläft ein. Für Fans der Komikerkunst aus dem Hause Monty Python ist der Spaß auf hoher See vortrefflich. Allein schon das inszenierte Schlachtfinale inklusive Säuretümpel ist ein Heidenspaß und die deutsche Schnodderdeutsch-Synchronisation macht DOTTERBART zu einem lockeren Spaß für den Sonntagnachmittag oder nach zu viel Bier im Hochsommer. Prosit oder Kielholen!

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewDotterbart (1983)
OT: Yellowbeard
Poster
RegisseurMel Damski
Releaseab dem 02.07.2021 im Mediabook (Blu-ray+DVD) mit zwei Covervarianten und DVD

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Trailer
BesetzungGraham Chapman (Dotterbart)
Peter Boyle (Moon)
Cheech Marin (El Segundo)
Tommy Chong (El Nebuloso)
Peter Cook (Lord Lambourn)
Marty Feldman (Gilbert)
Martin Hewitt (Dan)
Michael Hordern (Dr. Gilpin)
Eric Idle (Commander Clement)
Madeline Kahn (Betty)
James Mason (Captain Hughes)
John Cleese (blinder Pew)
Kenneth Mars (Mr. Crisp and Verdugo)
Spike Milligan (Flunkie)
Stacey Nelkin (Triola)
DrehbuchGraham Chapman
Peter Cook
Bernard McKenna
KameraGerry Fisher
FilmmusikJohn Morris
SchnittWilliam Reynolds
Filmlänge96 Minuten
FSKab 12 Jahren

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