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Die erste Fahrt zum Mond (1964) – Filmkritik

Fünf Jahre wird es noch dauern bis Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond wandeln, zumindest für die Kinozuschauer von DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND. Sie durften bereits das zukünftige Ereignis auf der Leinwand miterleben, dank Ray Harryhausens Spezialeffekten und Nathan Jurans Regie. Interessanterweise ist die filmische Mondlandung wesentlich internationaler abgelaufen, nämlich durch die UNO mit sowjetischen, britischen und amerikanischen Astronauten. Aber das ist nicht der einzige spannende Blick, den man auf diesen Science-Fiction-Klassiker werfen kann, wenn man ihn im 21. Jahrhundert anschaut. Die Rolle der Frau, erster Kontakt mit einer fremden Spezies, Gänse als Wachhunde und eine verrückte Erfindung, um die Schwerkraft zu überwinden sind nur wenige der vielen Details, die FIRST MEN IN THE MOON (man achte im Originaltitel auf das „IN“) zum Spaß für trübe Nachmittage auf dem Sofa machen. Stellt den Tee und das süße Gebäck bereit, wir reisen nach Großbritannien.

© Koch Films

Handlung

Die Vereinten Nationen haben es geschafft. Die ersten Menschen sind auf den Mond gelandet. Als ein Astronaut im Felsen der Mondlandschaft herumstochert, findet er eine verstaubte britische Flagge und ein altes Schriftstück. In diesem behauptet ein gewisser Prof. Cavor bereits 1899 den Mond für die damalige Königin Victoria entdeckt zu haben. Auf der Erde führt eine kurze Recherche zu Arnold Bedford (Edward Judd), der in einem Altenheim seinen paranoiden Geschichten nachgeht. Er behauptet mit Cavor und seiner damaligen Verlobten Kate (Martha Hyer) bereits auf dem Mond gelandet zu sein. Er warnt aber vor einem dunklen Geheimnis, welches sich unter der Oberfläche versteckt. Mit seiner Geschichte beginnt DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND erst richtig und es geht ins England Ende des 19. Jahrhunderts, wo der Wissenschaftler Prof. Cavor (Lionel Jeffries) ein Material entdeckt, das die Schwerkraft aufhebt und ihm ermöglicht zum Mond zu reisen.

© Koch Films

It’s Science

In den 1960er-Jahren war noch alles möglich. Der verrückte Professor Cavor stellt in seinem Schmelzofen im Wohnzimmer sogenanntes Cavorite her – als wissenschaftlicher Entdecker darf man ruhig seine namentlichen Spuren hinterlassen. Wenn es noch extrem heiß ist, lässt es sich mit einem Pinsel einfach auftragen und setzt bei dem bestrichenen Gegenstand die Gesetze der Schwerkraft außer Gefecht. Dass es auf der Basis von Helium entwickelt wurde, lässt Skeptiker Lügen strafen. Diese Idee ist so kindlich-naiv, dass man wieder 10 Jahre alt ist und ganz nah an den Fernseher heranrückt. Noch viel absurder wird die Idee, Cavorite für den Flug zum Mond zu nutzen. Nachdem er eine Kapsel gebaut hat – irgendetwas zwischen Tauchglocke und Tiefseebombe, aber natürlich innen mit schick abgesteppten, moosgrünen Samt verkleidet – hat Cavor auch eine Idee, diese enorme Kraft richtig einzusetzen: mit Rollläden. Streicht man einfach den Schwerkrafthemmer auf die Rollläden, die rings um die Mondkapsel angebracht sind, kann man durch Herunterlassen oder Hochziehen ihre Fähigkeiten an- und ausschalten. Quasi die Manövrierdüsen des 19. Jahrhunderts. Die Knoff-Hoff-Effekte werden uns immer mit so viel Charme und Unschuld in der Inszenierung verkauft, dass man die Entdeckungen nicht als totalen Quatsch abtun möchte. Und überhaupt, was wussten die schon im Jahre 1899.

DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND
© Koch Films

Wenn wir schon beim Thema Wissenschaft sind, muss man auch auf die fremde Lebensform der Seleniten eingehen. Unser Professor benennt sie einfach nach der griechischen Mondgöttin Selene, es sind aber eher eine Art intelligente Insekten. Ihnen ist es gelungen, unter der Mondoberfläche eine Atmosphäre zu erzeugen. Diese erzeugen sie mit einer Wasserfilteranlage – keine Ahnung, wo sie die Flüssigkeiten herbekommen haben. Sie gewinnen ihre Energie aus der Sonne, welche sie mit Prismen in die Höhlen leiten. Kristalle werden zu Hochleistungsrechnern und sogar zu einem Universalübersetzer wie aus STAR TREK. Wer sich immer gern von neuartigen Ansätzen aus dem Sci-Fi inspirieren lässt, wird hier sicherlich schmunzelnd zufriedengestellt werden.

© Koch Films

Rollen-Absurdum

DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND ist auch in ihrer Art der Rollenvergabe einen filmgeschichtlichen Blick wert, vor allem, wie die Schwerpunkte gelegt werden. Der Held, welcher in damaligen Filmen wie VERSUNKENE WELT (THE LOST WORLD, 1960) oder DER SECHSTE KONTINENT (THE EARTH’S CORE, 1976) mit erhobener Brust in der Not das Ruder noch herumgerissen hat, kommt hier zwar auch vor, jedoch auf eine extrem unsympathische Weise. Arnold Bedford verwickelt nicht nur seine Verlobte mit einem Hausverkauf zum Kapitalbetrug, sondern schlachtet auch gleich kommentarlos ein paar Mondbewohner ab. Dem Professor gelingt es zwar ihn aufzuhalten, aber da sind schon ein halbes Dutzend über die Klippe gegangen. Zum Finale beendet Arnold die erste Kommunikation mit außerirdischem Leben als „Zeitverschwendung“ und schleift den Professor hinfort. Er soll die Rollläden an der Mondkapsel reparieren. Zum Abschiedsgruß zischt die Kapsel durch die atmosphärische Schutzhülle ganz nach dem Motto: Egal, ob deren Sauerstoff entweicht, nicht mein Problem.

© Koch Films

Dann gibt es noch die gutgläubige Kate, die emanzipiert mit einem motorisierten Fahrzeug die Filmbühne betritt und beinahe den Briefboten über den Haufen fährt. Da sind wir auch schon im Frauenklischee jener Zeit angekommen. Sie wird zur Lachnummer, sorgt für Essen in Form von lebendigen Hühnern wie auch Bier und Gin für ihren Arnold und muss stets beschützt werden. Vor dem Showdown muss sie sich sogar noch einmal kurz in der Ecke ausruhen, kann aber danach gleich eine ganze Sauerstoffflasche allein tragen. Leider hat ihre Rolle null Einfluss auf die Handlung, aber Martha Hyer (VERDAMMT SIND SIE ALLE) hat sichtlich Spaß am Weltraumabenteuer und so wollen wir sie auf keinen Fall missen.

DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND

Kommen wir zur eigentlichen Hauptfigur wie auch tragischen Helden in DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND. Professor Cavor ist zu Beginn noch als komische Figur angelegt und wuselt mit seinen verrückten Ideen und Gedankensprüngen nur so umher. Er hat sogar ein Herz für Tiere und entlässt seine „Wachgänse“ in die Freiheit kurz bevor die Kapsel durchs Gewächshaus donnert. Er bewährt sich als ernsthafter und moralisch aufrichtiger Wissenschaftler. Captain Janeway wäre froh gewesen, ihn in der Crew der Voyager 400 Jahre später zu haben. Er erkennt sofort die Zusammenhänge der Bewohner im Mondreich und möchte einen friedlichen Kontakt herstellen. Mit viel Mut und Forscherneugier gelingt es ihm auch. Er bleibt sogar zurück und tötet durch seinen Schnupfen, den er sich vor dem Start auf der Erde geholt hat, alle Seleniten – hier sind die Drehbuchautoren Nigel Kneale und Jan Read schlau am Werk. Im Großen und Ganzen ist alles schlüssig erzählt, wenn man von naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten einmal absieht. Aber das zeichnet Science-Fiction eben aus, der Blick hinter den Horizont, egal, wie absurd er manchmal sein mag.

Fazit

DIE ERSTE FAHRT ZUM MOND verstolpert sich in ihrer Kernaussage gewaltig, es sei denn, man nimmt die Handschrift eines Nihilisten einfach hin. Die Menschheit kommt wahrlich nicht gut weg. Filmgeschichtlich zeigt sich ebenfalls die amerikanische Paranoia gegenüber kommunistischer Denkweise. Aber gerade diese unterschiedlichen Blicke auf das Science-Fiction-Abenteuer als Vertreter seiner Zeit machen enormen Spaß als auch die absurden Techniken, wie zum Beispiel Taucheranzüge als Raumanzüge. Vor allem die Spezialeffekte von Ray Harryhausen in seinen Anfängen des großen Showbiz sind spektakulär und detailreich. Wer mit minutenlangen Monsterkämpfen in seinen späteren Filmen nichts anfangen kann, wird hier mit Extraterrestrischen verzaubert werden. Filmtipp für aufgeschlossene Nostalgiker.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewDie erste Fahrt zum Mond (1964)
OT: First Men in the Moon
Poster
Releaseseit dem 23.02.2017 auf Blu-ray

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RegisseurNathan Juran
Trailer
BesetzungEdward Judd (Arnold Bedford)
Martha Hyer (Kate)
Lionel Jeffries (Prof. Cavor)
Miles Malleson (Dymschurch)
Norman Bird (Stuart)
Gladys Henson (Pflegerin)
Hugh McDermott (Richard Challis)
Betty McDowall (Margaret Hoy)
Buchvorlagebasiert auf dem Roman DIE ERSTEN MENSCHEN AUF DEM MOND von H.G. Wells
DrehbuchNigel Kneale
Jan Read
KameraWilkie Cooper
FilmmusikLaurie Johnson
SchnittMaurice Rootes
Filmlänge103 Minuten
FSKab 12 Jahren

3 Gedanken zu „Die erste Fahrt zum Mond (1964) – Filmkritik“

  1. Da habt Ihr aber einen ziemlichen Unsinn zusammengeschrieben. Lance Armstrong, den Rad-Doping-König mit Neil Armstrong zu verwechseln…geht schon gut an.
    Dann wird nicht auf H. G. Wells (Die Zeitmaschine) verwiesen, der „First Men In The Moon“ geschrieben hat. Die Charaktere im Film sind recht genau die im Buch, und Wells war gegenüber den Menschen sehr skeptisch eingestellt. Ausserdem war er Sozialist und stellte die arbeitsteilige Insekten- Gesellschaft auf dem Mond den egoistischen Auswüchsen von Bedford und Cavor gegenüber. Die Hauptfigur ist ein ganz und gar nicht anständiger Charakter, und das ist auch im Buch so- hier wird auf Thackeray’s „Barry Lyndon“ parodistisch Bezug genommen. Der Sohn von H. G. Wells hat die Dreharbeiten übrigens besucht.
    Die arme Martha Hyer wurde vom „Front Office“ der Columbia ins Drehbuch hineingeschrieben, damit ein weiblicher Charakter vorkommt, ebenso wie bei „Mysterious Island“, beides reine Männergeschichten im Original. Ray und der Produzent Schneer waren nicht glücklich damit, mussten das aber akzeptieren.
    Die absurd-komische Technik mit den Rolläden und dem „Cavorit“ ist haargenau die im Buch beschriebene, und die Filmemacher haben das 1:1 umgesetzt. Wie modern- perfekter Steampunk-für Fans dieses Genres überhaupt DER Film….Die Idee, das ganze mit einem Prolog in die damalige Gegenwart einzuleiten, war angesichts der bevorstehenden echten Mondlandung sicher nicht verkehrt, es ist recht geschickt gemacht.
    Der Film ist kein „früher“ Harryhausen, sondern eher in der mittleren Schaffensperiode anzusiedeln. Die relativ wenigen animierten Szenen haben damit zu tun, dass dieser Film nicht mit Ray’s üblicher Projektionstechnik gemacht wurde, sondern in Breitwand / Panavision, was es nötig machte, andere Techniken zu verwenden, die aufwendiger waren. Ausserdem hatte Harryhausen mehr als genug damit zu tun, die Mondszenen optisch aufzuwerten und die Szenen im Weltraum zu animieren.
    Der Film ist noch immer sehenswert, auch wegen der schauspielerischen Leistung von Lionel Jeffries, der als kauziger Cavor ein kleines Kabinettstückchen abliefert. Übrigens auch sehr gut synchronisiert.

    1. Hallo, das mit Lance ist natürlich Quatsch von mir und korrigiert.
      Ich habe nie den Anspruch alle Informationen, die es über einen Film gibt, zusammenzutragen. Schaffe ich auch gar nicht. Aber für viele Details wurden ja jetzt von ihrer Seite gesorgt.

  2. isabella deste gonzaga (pseudonym)

    No ja, schlecht ist der Film nicht, nur vollkommen bescheuert.
    Er unterhält ziemlich kurzweilig und wer sein Hirn während des
    Films abschaltet und Chips und Cola dabei hat – und n Freund oder
    ne Freundin, wirds ein unterhaltsamer Abend.

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