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Der Schnüffler (1983) – Filmkritik

„Agent wider Willen“

Im Jahr 1983 steckte man noch mit halbem Fuß im Kalten Krieg. Es war ein Kampf Ost gegen West, Kommunismus gegen Kapitalismus und auch der Geheimdienste KGB und CIA. Vor allem das geteilte Berlin stellte in dieser Zeit förmlich ein Paradebeispiel und einen makabren Spielplatz für beide dar. Jeder ernsten Situation darf man aber auch mit Humor begegnen und das macht Dieter Hallervorden alias Didi in DER SCHNÜFFLER auch. Der Titel wird wortwörtlich genommen, denn hier wird ein Taxifahrer durch Schnüffeln an einer geheimen Flüssigkeit zum Super-Agenten. Die Spionage-Parodie ist angeleiert.

© Turbine Medien

Handlung

West-Berlin, Herbert Böckmann, Taxifahrer. Eine ruhige Nacht. Endlich Kundschaft im Rotlichtmilieu. Drei Herren winken Herbert heran. Der Mittelmann wird von beiden gestützt, hat wohl zu sehr gefeiert. Die Herren frachten den Fußlahmen auf die Rückbank. Herbert soll ihn nach Hause fahren, nach Ost-Berlin. Ein Hundert-Mark-Schein im Voraus verbessert Herberts Laune über die weite Fahrt und den unangenehmen Grenzübergang. Als er sein Ziel erreicht hat und seinem Fahrgast die Tür öffnet, fällt ein lebloser Körper aus dem Auto. Dem Mann wurde in den Kopf geschossen. Sofort sind sowjetische Agenten zur Stelle und bringen den Taxifahrer in einen Verhörraum.

© Turbine Medien

Als er nach einer langen Nacht voller Befragungen wieder freigelassen wird, fällt er in West-Berlin kurz darauf in die Hände der Amerikaner. Gleiches Spiel im Verhörraum, nur dieses Mal mit kaugummikauenden Beamten. Herbert kommt wieder raus und als er seinen Vorfall bei der Polizei meldet, landet er gleich in der Klapsmühle. Herbert Böckmann ist aber nicht verrückt, sondern straßenschlau und entkommt der Psychiatrie. Jetzt muss er nur noch herausfinden, wie er aus dem Agenten-Katz-Und-Maus-Spiel rauskommt. Gut, dass sich die Psychologin Anna (Catherine Alric) in ihn verliebt hat und ein Zaubermittel für den Normalbürger ohne Geheimdienstfähigkeiten in der Handtasche bereithält. Aus Herbert Böckmann wird Herbert Melbourne.

© Turbine Medien

Mehr oder weniger als Satire

In der Zeit von DER SCHNÜFFLER war Dieter Hallervorden anscheinend noch für alles zu haben. Vielleicht lockten ihn die Produzenten auch damit, endlich in die Rolle von James Bond schlüpfen zu dürfen. Zum großen Finale fliegen die Kugeln und Böckmann, Herbert Böckmann, darf im Smoking ausweichen. Von dem ganzen Geschnüffel hat man ihm wohl erst beim Drehbeginn erzählt. Wenn Didi einen dicken Zug aus dem geheimnisvollen Fläschchen nimmt, erinnert das eher an eine Koksnase als an Talent-Tuning. Ab der Filmhälfte scheint auch jeder im Filmteam die Hoffnung auf einen guten Film über Bord geworfen zu haben oder jeder durfte mal am Supermittel riechen. Denn ab hier schwingt die Geschichte von rechts nach links, seltsame Orte werden besucht, Didi darf einen französischen Gassenhauer trällern und zum Finale bringt man noch die blödesten Filmeinfälle auf die Leinwand.

© Turbine Medien

Schade, dass DER SCHNÜFFLER ab der Filmmitte in die Blödelei abdriftet und schon gar nicht mehr politisch oder gesellschaftskritisch sein will. Zu Beginn erfreut man sich noch an den absurden Klischees der Agenten und Gegenüberstellungen. Auch Einwohner von Berlin kommen in den Genuss einer kleine Zeitreise, abgesehen vom Flughafen Tegel, denn der sieht heute noch genauso aus. Catherine Alric als Frau-Von-Interesse macht eine gute Figur und spornt sogar Hallervorden an, die Brust herauszustrecken. Aber das alles geht leider zum großen Finale flöten und man steckt voll drin in den Didi-Spinnereien. Für eine Agentenparodie ist DER SCHNÜFFLER zu unkreativ bzw. ihm fehlt gänzlich das Timing für Komik. Wenn man Komödien wie AGENT NULL NULL NIX (1997) oder SPIONE WIE WIR (1985) liebt, wird man hier nur einen laschen Abklatsch vorfinden.

© Turbine Medien

Die Blu-ray

Die Turbine-Steel-Collection

Wen DER SCHNÜFFLER nicht überzeugen kann, das Release von Turbine Medien tut es allemal. In feinster HD-Qualität präsentiert sich das neu abgetastete Bild. Der Ton hat ein paar leichte Dynamikprobleme, kommt aber rausch- und knisterfrei. Die Extras sind wieder mit knapp zwei Stunden umfangreich. Besonderes Augenmerk sollte man auf den Clip legen, wenn Dieter Hallervorden aus seiner Stasi-Akte vorliest.

© Turbine Medien

Fazit

Für Fans von Hallervorden ein sinnvolles Upgrade auf Blu-ray oder ein guter Neukauf. Allein das Bonusmaterial ist hier schon die Euros wert. Für alle anderen etwas sperrig und substanzlos durch die klamaukige zweite Hälfte. Aber dafür überzeugt die erste Hälfte mit Berliner Charme und ein paar Ami- und Sowjet-Witzen.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewDer Schnüffler (1983)
alternativ: Didi - Der Schnüffler
Poster
Releaseab dem 21.02.2020 auf Blu-ray (Steel-Collection) auf 1.000 Stück limitiert
Direkt bei Turbine bestellen
Und ab dem 28.08.2020 auf Blu-ray und DVD

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RegisseurOttokar Runze
Trailer
BesetzungDieter Hallervorden (Herbert Böckmann)
Catherine Alric (Anna)
Tilo Prückner (Fred)
Anton Diffring (Colonel Henderson)
Siegfried Wischnewski (Colonel Protopopov)
Peter Kuiper (Dimitri)
Nikolaus Dutsch (Großer Klaus)
Charles Regnier (Mr. X)
Siegfried Kernen (Professor Prätorius)
Joachim Wichmann (Kommissar Runge)
Gustl Bayrhammer (Herr Huber)
Martha Mödl (Frau Huber)
Hans Schellbach (Boris Stravinski)
Utz Richter (Major Mahlke)
Eddie Constantine (Gregori Ustinov)
DrehbuchChristian Rateuke
Hartmann Schmige
MusikWilhelm Dieter Siebert
KameraMichael Epp
SchnittGela-Marina Runne
Filmlänge91 Minuten
FSKab 12 Jahren

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