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Der Manitou (1978) – Filmkritik

Bei einem Hubschrauberabsturz stirbt Regisseur William Girdler im Alter von 31 Jahren, kurz nach Beendigung seines Films DER MANITOU. Girdler war von Anfang an, ein umtriebiger und kreativer Filmkünstler. In sechs Jahren veröffentlichte er neun Filme, schrieb Drehbücher und komponierte mehrfach die Musik zu seinen Filmen.

© Koch Films

William Friedkins DER EXORZIST (1973) befreite den Horrorfilm aus der Nische, in der er jahrelang lebte. Ein Jahr später versuchte sich Girdler am selben Thema mit seinem Film ABBY (1974). Sein erfolgreichstes und bekanntestes Werk dürfte GRIZZLY (1976) sein, der im Fahrwasser von Spielbergs DER WEISSE HAI (JAWS, 1975) entstand. Mit der Hoffnung einen großen Knüller an der Hand zu haben, sicherte sich Girdler die Rechte zu Graham Mastertons Roman THE MANITOU, den er dann prompt umsetzte. In Deutschland ist die Literaturverfilmung auch unter dem Alternativtitel SUPER ZOMBIE: DIE GEBURT DES GRAUENS bekannt. Girdlers DER MANITOU wirkt wie aus der Zeit gefallen, eingestaubt, um nicht zu sagen altmodisch und über weite Strecken langatmig. Dieser behäbige, fast schon langweilige Spannungsaufbau war weit verbreitet zu dieser Zeit. Ähnliches gibt es ebenfalls bei LANDHAUS DER TOTEN SEELEN (BURNT OFFERINGS, 1976) oder HEXENSABBAT (THE SENTINEL, 1977) zu bewundern. Wo William Girdlers Werk nur Langeweile erzeugt, besitzen oben genannte Filme eine düstere, gefährliche Atmosphäre, die den Zuschauer psychisch bedroht und fordert.

© Koch Films

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Im Nacken von Karen Tandy (Susan Strasberg) wächst schnell ein mysteriöser Tumor heran. Doktor Hughes (John Cedar) und sein Team haben keine Erklärung dafür. Erst bei genauerer Betrachtung entpuppt sich der Tumor als ein Fötus. Karen bittet ihren ehemaligen Freund Harry Erskine (Tony Curtis) um Hilfe. Schnell ist klar, dass es sich um einen 400 Jahre alten indianischen Zauberer (ein sogenannter Manitou) handelt. Dieser Manitou versucht mit aller Macht durch Karens Körper wiedergeboren zu werden. Erskine sucht den Indianer John Singing Rock (Michael Ansara) auf und bittet um Rat.

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„Wozu braucht ein weißer Mann unsere Magie?“

Das Drehbuch ist nicht sonderlich innovativ, lediglich Karens Tumor, in dem der Manitou (Medizinmann, Geist, Dämon) die erneute Wiedergeburt anstrebt, hält die Story am Laufen. Ein Konflikt, der alles lebendiger wirken lässt, wird von Girdler unzureichend ausgespielt: Auf der einen Seite der Betrüger Harry Erskine, der sich als Wahrsager für reiche Frauen aufspielt und sie um ihr Geld erleichtert. Auf der anderen der Medizinmann John Singing Rock, der die alten Mysterien und Zaubersprüche seines Volks nicht nur kennt und beherrscht, sondern daran glaubt. Betrüger gegen Gläubiger, US-Amerikaner gegen Indianer. Das hätte Potenzial gehabt. Stattdessen liefert Girdler uns den modernen Indianer, wie ihn die US-Amerikaner am liebsten Sehen: als treuer Gefolgsmann seines weißen Herren.

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Spannung kommt erst gegen Ende auf, wenn alt gediente Götter plötzlich weichen müssen, da sie zu schwach gegen das Böse sind. Zugunsten eines neuen Gotts: der Technik. Der Konflikt, der schon länger schwelt, bricht zwischen Religionen und der Wissenschaft hervor. Was folgt, ist der Kampf zwischen Moderne und Vergangenheit, zwischen Glauben und Wissenschaft. So verwundert es nicht, dass am Ende die Technik die Oberhand behält. Selbst die ehemals als „Götter in Weiß“ betitelten Ärzte streichen früh die Segel. Gott und alle anderen Glaubensrichtungen werden vom Thron gestoßen.

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Die Menschheit betet nun ein neues, mächtigeres Götzenbild an. Hier begann unsere Abhängigkeit von Strom und Technik auf allen Ebenen und über die Jahre wurde dieses Angewiesen-Sein stetig erweitert. Smartphones und Computer, Facebook und YouTube, Raketen und Hightech-Waffen, das sind die neuen Erlöser. Wunderbar wird diese Auseinandersetzung in der aktuellen TV-Serie AMERICAN GODS (2017-) zelebriert. Schnell wird den Protagonisten klar, dieser Kampf ist nicht zu gewinnen. Ein Sieg gegen den Manitou verlagert das Problem nur auf einen unbekannten, neuen Körper, in dem eine erneute Wiedergeburt stattfindet, immer und immer wieder. Das Finale ist nicht wirklich spektakulär zu nennen. Die Effekte erscheinen altbacken und billig. Das bekamen Filmfreunde ein Jahr zuvor in KRIEG DER STERNE (STAR WARS) wesentlich besser serviert.

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Negativ empfand ich das Ergebnis der Restauration des Filmmaterials. Es gibt Phasen, in denen die Bilder knackscharf sind, dann folgen Aufnahmen, die grobkörnig und leicht verwaschen erscheinen. Inwieweit das schlechte Ausgangsmaterial an dem schwachen Ergebnis schuld war, kann hier nicht wirklich geklärt werden. Die Farbpalette ist eintönig wie der Film und beschränkt sich vorwiegend auf erdfarbene und graue Töne.

© Koch Films

Fazit

Die Regie von William Girdler ist hölzern und umständlich, der schwache Spannungsbogen trägt zweifellos mit dazu bei. Die Schauspieler bleiben blass, trotz ihrer vorhandenen Klasse und setzen keinerlei Akzente. Ein schwaches Drehbuch sowie dünne Dialoge schaffen keineswegs Abhilfe. Zu sehr versucht Girdler den Exorzisten mit indianischen Mythen zu vermengen, dabei verliert er sich in unnötige Diskussionen und zu wenig Handlung.

© Stefan F.

Titel, Cast und CrewDer Manitou (1978)
OT: The Manitou
Poster
Releaseab dem 30.04.2020 auf Blu-ray im Mediabook

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RegisseurWilliam Girdler
Trailer
BesetzungTony Curtis (Harry Erskine)
Michael Ansara (John Singing Rock)
Susan Strasberg (Karen Tandy)
Stella Stevens (Amelia Crusoe)
John Cedar (Dr. Jack Hughes)
Burgess Meredith (Dr. Snow)
Buchvorlagebasiert auf dem Roman THE MANITOU von Graham Masterton
DrehbuchWilliam Girdler
Jon Cedar
Thomas Pope
KameraMichel Hugo
FilmmusikLalo Schifrin
SchnittBub Asman
Filmlänge104 Minuten
FSKab 12 Jahren

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