„Time waits for no one“
In vielen Filmsparten unterwegs zu sein ist nicht nur abwechslugsreich, sondern hat auch den Vorteil, dass es viel häufiger vorkommt, dass mich ein Film so richtig umhaut. Animes sind so ein Feld abseits der üblichen Filmpfade. Viele Serien und Filme berufen sich auf die üblichen Standardvorlagen und sind schnell vorhersehbar. Aber vor 5 Jahren fiel mir ein Film in die Hände, der zu dem perfekten Unterhaltungsfilm im Anime-Bereich für mich wurde und es immer noch ist: SUMMER WARS (2009) von Mamoru Hosoda. Danach fing ich an, mir die alten Filme des Regisseurs zu besorgen und blieb mit seinen zükunftigen Filmen (AME & YUKI, THE BOY AND THE BEAST) auf dem Laufenden. Ich wurde nie enttäuscht. Letzte Woche legte ich einen seiner ersten Filme in den Blu-ray-Player DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG (2006) und soviel sei verraten, ich wurde wieder verzaubert.
Inhalt
In der ersten Filmszene hört man gleich die Zikaden singen und die Sicht schwenkt langsam auf drei Schüler, die sich auf einem Baseballfeld Bälle zuspielen. Es ist die 17-jährige Makoto mit ihren Freunden Chiaki und Kosuke. Die Ferien stehen vor der Tür inkl. Prüfungen, der Frage, was man an seinen freien Tagen machen soll und die alles entscheidende Frage nach der späteren Berufswahl hängen in der warmen Sommerluft. Aber bei der chaotischen Makoto ist das alles erst einmal nicht so wichtig. Sie ist immer auf dem Sprung und scheint nie müde zu werden, von ihrem gesunden Appetit ganz zu schweigen. Bei den schulischen Aufräumaktivitäten stürzt sie und landet auf einer Walnuss. Diese verleiht ihr die Fähigkeit, durch einen beherzten Sprung in die Vergangenheit zu reisen. Je größer der Sprung, desto weiter geht es in der Zeit zurück. Davon macht sie ordentlich Gebrauch, auch wenn es nur darum geht zum besseren Familienessen in der Woche zurückzuspringen. Dass die Veränderungen der Vergangenheit jedoch auch Auswirkungen auf Makotos Umfeld und Freunde haben, hält die Spannung der Geschichte immer aufrecht.
Freundschaft aus der eigenen Vergangenheit
DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG hat mich vor allem durch diese perfekt und natürlich inszenierte Freundschaft der drei Schüler beeindruckt. Was mich persönlich immer noch ein bisschen in den Wahnsinn treibt, ist die Frage: Wie hat das Mamoru Hosoda hinbekommen? Allem voran ist Makoto weit von einem, auf sein Aussehen bedachtes, Mädchen in diesem Alter entfernt. Sie ist locker, gibt sich dem Genuss von Essen ohne Angst vor Schonheitsidealen hin und ist sich nicht zu fein, beim Baseball spielen auch einmal dreckig zu werden. Dass die Freundschaft der Drei mit dem Thema Liebe in Konflikt gerät, kann ich hier schon verraten, aber das wird so locker, witzig und vor allem wunderschön ehrlich dargestellt, dass man selbst gern in die eigene Vergangenheit reisen möchte, um diese Zeit noch einmal zu erleben.
Warum fällt aber das Reisen in die Vergangenheit ausgerechnet in die Hände einer Schülern in diesem Alter? Es tritt nicht nur die Fähigkeit des Zurückspulen in das Leben von Makoto, sondern auch die erste Liebe. Wenn die erste Zuneigung beginnt, wird jede Gestik und jeder Satz auf die Goldwaage zur Analyse gelegt. Jeder Jugendliche würde gern die Möglichkeit besitzen, Gesagtes oder Getanes gegenüber der großen Liebe ungeschehen zu machen oder zu verändern.
Fazit
Dieser Anime überzeugt qualitativ mit seinen Zeichnungen, seiner Synchronisation und der Geschichte sicherlich Jeden. Einzig im Mittelteil verliert die Geschichte ein bisschen den roten Faden aus den Augen, aber das Ende ist so ehrlich und herzlich, dass dies längst vergessen ist. Mamoru Hosodas Filme lösen bei mir immer den Wunsch aus, sie gleich wieder sehen zu wollen. DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG macht hier keine Ausnahme. Ab damit in den Blu-ray-Player!
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter