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Coming Home in the Dark (2021) – Filmkritik

Das Filmerlebnis steht und fällt mit unserer Figurenidentifizierung . Gutes Beispiel sind Gangsterfilme, in denen man sich mit deren moralischen Ansichten nicht unbedingt anfreunden kann, aber vielleicht mit der Rolle des Außenseiters, des Unterdrückten oder weil die Hauptfigur in jeder Situation verdammt cool bleibt. COMING HOME IN THE DARK blockt sich für jede Art des Mitfühlens. Als Zuschauer ist man, wie die Figuren im Film, bewegungsunfähig und emotional verschnürt. In diesem Zustand muss man den Rachetrip über sich ergehen lassen. Handwerklich und darstellerisch ist alles auf sehr gutem Niveau, jedoch blockt das Drehbuch jeden Zugang. Immer wieder überlegt man, wie man selbst aus diesem Kidnapping entfliehen würde oder welche Rache-Filme man gerade lieber schauen würde. Aber zuerst ein kleiner Ploteinstieg.

© Capelight Pictures

Handlung

Jill (Miriama McDowell) und Hoaggie (Erik Thomas) machen mit ihren beiden Söhnen einen Ausflug in die neuseeländische Abgeschiedenheit. Beim Picknick tauchen zwei bewaffnete Landstreicher auf, erschießen kaltblütig die Söhne und entführen das Ehepaar. Mandrake (Daniel Gillies) und Tubs (Mattias Luafutu) scheinen gar nicht so willkürlich auf die Familie getroffen zu seinen. Hoaggie hat bereits an vielen Schulen als Lehrer gearbeitet, auch an einer, die durch Missbrauch in die Schlagzeilen geriet. Mandrake scheint das zu wissen. Eine Autofahrt durch die Nacht beginnt, mit der Suche nach Schuld und Sühne auf Seiten der Entführer wie auch Entführten.

© Capelight Pictures

Erzwungene Schockstarre

Eines der ungeschriebenen Filmgesetze hat COMING HOME IN THE DARK gleich zu Beginn gebrochen: Das Töten von Kindern. Das passiert jetzt nicht zum ersten Mal in der Filmgeschichte und selbst im erfolgreichen Blockbuster DER WEISSE HAI (1975) stirbt im ersten Filmdrittel ein Junge durch die Unterwasserbestie. Aber so emotionslos wie es in diesem Regiedebüt von James Ashcroft geschieht, ist es ein ordentlicher Schlag in den Magen der Zuschauerinnen und Zuschauer. Ab jetzt ist klar, die Entführer sind zu allem fähig. Das ist natürlich ein starker Auftakt und der Thriller hat direkt unsere Aufmerksamkeit, aber für die weitere Entwicklung werden ein paar Rezeptionsstraßen unpassierbar.

© Capelight Pictures
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Die Empathie für die Killer sinkt auf null. Man möchte sie bei jeder Gelegenheit mit bloßen Händen erschlagen. Dabei haben sie eine komplexe Vergangenheitsgeschichte im Gepäck, die es zu erzählen gilt. Alle, die über diesen ersten Akt der Grausamkeit hinwegsehen können, werden sicherlich noch eine spannende Fahrt mit den Killern haben, doch die anderen sind direkt in die Opferrolle der Eltern gedrängt und wollen Rache. Doch die gibt es nicht, denn Jill und Hoaggie erweisen sich als sehr hörig und nutzen selten die Gelegenheit zur Flucht. Man mag es als Schockstarre interpretieren, doch bei der Bedrohung mit einem Gewehr in einem Auto und zwei gegen zwei, lohnt es sich – vor allem, wenn eben der eigene Nachwuchs ausgelöscht wurde – auch das eigene Leben für die Vergeltung in die Waagschale zu werfen. Doch darauf müssen wir warten, denn es gibt ja noch ein Geheimnis…

© Capelight Pictures

Pädagogisch qualvoll

In der Autofahrt, die übrigens für ihre Fahrweise viel zu wenig Fliehkräfte im Innenraum aufweist, versucht man nun von der klaustrophobischen Stimmung abzulenken und die moralische Vergangenheit von Hoaggie auf den Prüfstand zu stellen. Welche Rolle hat er damals in diesem grausamen Heim für schwer erziehbare Kinder gespielt? Das führt unweigerlich zum Vertrauensbruch mit Ehefrau Jill – man fragt sich welche Beziehung die beiden eigentlich geführt haben – und endet unweigerlich in einem Menschenjagd-Finale. Problem ist jedoch, dass spätestens jetzt einem jede der Figuren völlig egal ist. Alle überleben = egal, jeder stirbt = egal, jeder Blutstropfen und jedes weitere unschuldige Opfer sind nicht mehr von Bedeutung, denn keiner – abgesehen von der Mutter, der man eher Naivität als Fehler ankreiden kann – hat eine Erlösung verdient.

© Capelight Pictures

Auf dem Papier und sicherlich auch in der zugrundeliegenden Kurzgeschichte, klingen brutale Erziehungsmethoden und tatenloses Zusehen als Rache-Triebfeder gut. Aber als Motive für gewissenlosen Kindermord ist das zu oberflächlich. Die Geschichte der Killer wird auch nur angerissen. Ein paar makabre Momente beschrieben und der Rest bleibt in der Fantasie der Rezipientinnen und Rezipienten. Man mag dafür auch keinerlei Ressourcen der eigenen Kreativität freigeben. Das Opfer der eigenen Kinder für die vergangen Taten ist im Aspekt des Drehbuchs einfach zu grob ausgearbeitet, was das hingeworfene Ende nur noch mehr besiegelt.

© Capelight Pictures

Fazit

COMING HOME IN THE DARK will mit einem frühen Schockmoment seine Zuschauerinnen und Zuschauer ordentlich vor den Kopf stoßen, um zu zeigen: Hier ist alles möglich. Jedoch verliert der Film dadurch jegliche Chance mitfiebern zu können. Die Passivität der Opfer kann zusätzlich zur quälenden Angelegenheit werden. Lieber im Dunkeln sitzen bleiben als hier mitfahren.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewComing Home in the Dark (2021)
Poster
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RegisseurJames Ashcroft
Trailer
BesetzungDaniel Gillies (Mandrake)
Matthias Luafutu (Tubs)
Miriama McDowell (Jill)
Erik Thomson (Hoaggie)
DrehbuchEli Kent
James Ashcroft
Vorlagenach der gleichnamigen Geschichte von Owen Marshall
KameraMatt Henley
MusikJohn Gibson
SchnittAnnie Collins
Filmlänge93 Minuten
FSKab 16 Jahren

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