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Cobra Kai – Staffel 2 | Serienkritik

In Staffel 2 von COBRA KAI stehen sich nicht mehr nur die beiden Kontrahenten Johnny Lawrence und Daniel LaRusso gegenüber. Die zehn Folgen befassen sich mit den unterschiedlichen Lehransätzen und festigen die unterschiedlichen Karatestile bzw. die Qualitäten der Dojos. Wer jetzt einen erhöhten Fokus auf den Kampfsport erwartet und weniger Soap-Drama, kommt zumindest bei den ersten Folgen auf seine Kosten. Danach schlägt die Telenovela-Schlange zu und stampft die Nostalgieserie in die altbekannten Bahnen der künstlichen Cliffhänger-Systematik. Es wird konzentriert auf die letzte Folge hingearbeitet, wobei der erfahrene Serienzuschauer schon ahnt, dass es einige Schicksalsschläge geben wird, deren Überwindung erst in Staffel 3 zum Tragen kommen.

© Sony Pictures Television & EuroVideo

Handlung

Um die Gemüter nach dem All Valley Turnier wieder anzuheizen, taucht Johnny Lawrences (William Zabka) alter Cobra-Kai-Sensei John Kreese (Martin Kove) auf. Der Erfolg des Dojos ist ihm zu Ohren gekommen und nun will er als Co-Trainer Einfluss nehmen. Johnny gibt ihm eine zweite Chance, aber der militärische Drill und knallharte Führungsstil von Kreese sät böses Blut unter den Schülern. Außerdem bekommt das Dojo mit Tory Nichols (Peyton List) eine zweite weibliche kampfstarke Unterstützung. Die ehemalige Kickboxerin macht dem Champ Miguel (Xolo Maridueña) auch gleich schöne Augen.

COBRA KAI Staffel 2
© Sony Pictures Television & EuroVideo

Währenddessen testet Daniel LaRusso (Ralph Macchio) alle möglichen Marketing-Strategien an seinem wiedereröffneten Miyagi-Dojo. Aber um mehr als seine zwei Schüler, Tochter Samantha (Mary Mouser) und Robby Keene (Tanner Buchanan), zu unterrichten, ist es noch ein langer Weg. Seine erhöhte Aufmerksamkeit für den Karateunterricht bringt zudem Spannungen in die harmonische Ehe der LaRussos.

Nostalgie ade

Wenn zu Beginn der zweiten Staffel noch kleinere Nostalgieeinlagen die Folgen bereichern, wie OVER THE TOP (1987) als Karate-Hausaufgabe, Johnny’s Blick in die Welt des Internets inklusive Dating Apps oder eine Schlägerei in der Shopping-Mall, verkommen die letzten vier Folgen zum Kitsch. Immer wieder tauchen in den letzten Folgen Beziehungshindernisse auf wie: Der eine hat was gesehen, der andere interpretiert es völlig falsch und sie ist eifersüchtig auf die andere, obwohl, bla, bla, bla. Leider wird auf solch künstliche Muster Wert gelegt, die in TV-Serien wie DALLAS perfektioniert wurden. Immerhin wird die beliebte Amnesie nicht als Mittel zum Neuanfang genutzt, aber in der letzten Folge sind wir schon sehr nah dran.

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Dabei macht COBRA KAI Staffel 2 zunächst alles richtig. Neue Charaktere kommen hinzu, Randfiguren treten in den Vordergrund wie Miguels Mutter Carmen (Vanessa Rubio) oder Demetri (Gianni DeCenzo), der die Freundschaft zu Hawk auf die Probe stellt. Auch den Oberschurken John Kreese aus der Versenkung zu holen, macht durchaus Sinn, da Johnny Lawrence erkennt, dass der ursprüngliche Bad-Ass-Weg des Cobra Kai nicht immer der richtige ist. Kreese schüttet Kerosin in die Konflikte und sorgt für neue Spannungen. Auch wenn man sich bei der Hintergrundgeschichte von Kreese einen kleinen Twist aus den Fingern gesaugt hat, ist er für einen komplexen Kontrapunkt nicht interessant genug. Ein solch eindimensionaler Bösewicht funktioniert 2020 nicht mehr. Zu Beginn noch als Trainer, der Pokale fürs Mitmachen verteufelt, verwandelt er sich innerhalb eines Wimpernschlags zu einem Finish-Him-Sensei und gründet einen radikalen Cobra-Kai-Flügel im armeegrünen Trainingsraum. Er wirkt wie ein Fremdkörper gegenüber den feingeschriebenen Charakteren von Johnny und Daniel und ist selbst mit Nostalgiebrille kaum ernst zu nehmen.

COBRA KAI Staffel 2
© Sony Pictures Television & EuroVideo

Zwei Dojos, zwei Marketingstrategien

Zu Beginn macht es vor allem Spaß zu sehen, wie beide Dojos versuchen Aufmerksamkeit zu erreicht. Cobra Kai mit dem Champion Miguel als Showrunner, Merchandise wie Sweatshirts und Handtücher machen aus den Teenagern Werbeflächen und sogar das Muscle Car wird zur mattschwarzen Kobra umlackiert. Daniel mit dem Miyagi-Do-Karate setzt eher auf Autohaus-Werbekonzepte und kommt so gar nicht in unserer Trend-Gesellschaft an. Auch seine Vorstufe des Trainings in Form von Gartenarbeit und Autos polieren macht wenig Sinn. Schön zu sehen, dass LaRusso mit einer sehr gelungenen Angel-Szene erkennt, dass Passivität in seiner Schülerwahl eher sein Stil ist. Die größte Herausforderung in Form von Klugscheißer Demetri als dritter Schüler, lässt nicht lang auf sich warten und bringt auch LaRusso aus dem Gleichgewicht.

COBRA KAI Staffel 2
© Sony Pictures Television & EuroVideo

So bilden sich zwei unterschiedliche Teams wie auch Schulcliquen. Man darf nicht vergessen, dass die Hauptaufgabe der Kids die Schule sein sollte, aber in den großen Sommerferien ist das erst einmal irrelevant. Alles kumuliert auf einen fein choreographierten ersten Schultag in Folge zehn hin, in dem die Karateschüler dank Hitze des Sommers richtig Dampf ablassen. Die letzte Episode von Staffel 2 macht auch ungeheuren Spaß, würde da nicht die Soap-Dramedy in den letzten zehn Minuten ihre Zähne zeigen.

© Sony Pictures Television & EuroVideo

Der wahre Schurke: Telenovela

Spätestens, wenn die verliebten Teenagerpärchen mit kitschigen Instagramfiltern ihre Drehbuchvorlagen erfüllen und Johnny mit seinen alten Freunden auf Biker-Tour im THE-RANCH-Studiogelände geht, fragt man sich, wo der Kampfsport und die komplexe Charakterentwicklung bleiben, die in Staffel eins noch großgeschrieben wurden. Jetzt passieren immer wieder Dinge, die wie kurz vor Drehbeginn ins Script geschrieben wirken, wie zum Beispiel Ronnys Mutter, die auf einmal zu sich selbst findet oder Mutter Amanda LaRusso, die ihre Tochter als vorhersehbar und vertrauensvoll einschätzt und Samatha sich völlig irrational in selbstzerstörerische Partystimmung stürzt. Was vor allem erzürnt, sind die letzten Schüsse aus dem Cliffhanger-Munitionslager. Im Staffelfinale wird alles unlogisch zerbrochen, was mühevoll aufgebaut wurde. Ein paar Das-könnte-noch-passieren-Hinweise werden wie Dekoration über diesen Serien-Eisbecher gestreut, der jedem Cobra-Kai-Fan bis zum Start Staffel 3 dahinschmelzen wird.

COBRA KAI Staffel 2
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Die Blu-ray von Nameless

Es ist durchaus möglich Spannung für eine weitere Staffel zu erzeugen und dennoch einen guten Abschluss zu finden, wie gute Animes (HAIKYU!!, ONE PUNCH MAN) beweisen. Aber hier wird auf altbekannte Dramaskills gesetzt nur um zu vermitteln, dass die ganze dritte Staffel mit dem Scherben aufsammeln beschäftigt sein wird. Entweder man entscheidet sich der Serie Realität einzuhauchen, indem man Figuren aus dem Spiel nimmt oder man bleibt auf dem lockeren Niveau einer Coming-Of-Age-Geschichte mit Nostalgiereferenz. Der Balance-Akt aus Unterhaltung und Drama gelingt hier nicht. Vor allem der Aspekt der Verantwortung von Karate als Waffe, kann man sich nur noch mühsam herbeisinnieren. Einem Kampf aus dem Weg zu gehen, erkennt auch nur der, der schon einmal diese Macht ungerechtfertigt ausgespielt hat. Aber das Ende von Staffel zwei ist deutlich über das Ziel hinausgeschossen.

© Sony Pictures Television & EuroVideo

Hinzukommt der stümperhafte Einsatz von Musik ganz nach Tradition der Telenovela. Die Melodien und E-Gitarren-Referenzen an die 1980er gehen gut ins Ohr, aber für eine 15-sekündige Überleitung zur nächsten Szene ist das zu wenig. Außerdem scheint die Musik von Leo Birenberg und Zach Robinson bei Netflix Gefallen gefunden zu haben, denn einige Stücke sind auch in der Doku-Mini-Serie über die Glanzphase der Chicago Bulls zu hören: THE LAST DANCE (2020).

Fazit

Insgesamt leider eine Enttäuschung: COBRA KAI Staffel 2 macht zu Beginn noch alles richtig, tritt dann aber in die Falle der endlosen Konflikterzeugung des Streaming-Serienformats. Auch den jungen Liebesgeschichten fehlt jede Chemie, sie sind eher ein Abbild glattgebügelter, digitaler Teenagerprofile. Vermutlich fehlte unter dem Erfolgsdruck die Zeit für ein komplexes und gutgeschriebenes Drehbuch. Auch das Wachstum der jungen Darsteller ließ wahrscheinlich keine Produktionspause zu. Das ist sehr schade, denn auch wenn sich die Serienmacher nicht mehr für Kampfsport interessieren, sind jetzt vor allem die Hauptdarsteller Ralph Macchio und William Zabka in Staffel 2 schauspielerisch so richtig gut aufgewärmt.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewCobra Kai (2018- )
Poster
RegisseureJon Hurwitz
Hayden Schlossberg
Jennifer Celotta
Josh Heald
Steve Pink
Michael Grossman
Lin Oeding
Releaseab dem 17.12.2020 auf Blu-ray und DVD, sowie im limitierten Mediabook

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Trailer
OmU
OmU
BesetzungMary Mouser (Samantha LaRusso)
William Zabka (Johnny Lawrence)
Tanner Buchanan (Robby Keene)
Jacob Bertrand (Hawk)
Ralph Macchio (Daniel LaRusso)
Xolo Maridueña (Miguel Diaz)
Courtney Henggeler (Amanda LaRusso)
Gianni Decenzo (Demetri)
Nichole Brown (Aisha)
Owen Morgan (Bert)
Martin Kove (John Kreese)
Hannah Kepple (Moon)
Griffin Santopietro (Anthony)
Aedin Mincks (Mitch)
Joe Seo (Kyler)
Vanessa Rubio (Carmen)
DrehbuchJosh Heald
Jon Hurwitz
Hayden Schlossberg
KameraCameron Duncan
Paul Varrieur
D. Gregor Hagey
MusikLeo Birenberg
Zach Robinson
SchnittZack Arnold
Nicholas Monsour
Jeff Seibenick
Spencer Houck
Jordan Goldman
Bartholomew Burcham
Ivan Victor
Im StreamBei Netflix verfügbar.
FilmlängeStaffel 1 à 10 Folgen mit ca. jeweils 30 Minuten
Staffel 2 à 10 Folgen mit ca. jeweils 30 Minuten
Staffel 3 à 10 Folgen mit ca. jeweils 30 Minuten
FSKab 12 Jahren

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