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Cinemaps – Buchvorstellung

„Ein Atlas der 35 großartigsten Filme aller Zeiten“

Ich weiß, auf dem Sektor der Buchbesprechungen muss man sich immer objektiv und eloquent mit der Literatur auseinandersetzen, aber im Fall von CINEMAPS, welches aus der Zeichenfeder von Andrew DeGraff und aus der Schreibfeder von A. D. Jameson stammt, möchte ich meine Buchkritik doch auf einem etwas anderen Weg beschreiten.

Ich hatte von dem Buch noch nichts auf den üblichen werbewirksamen Medienkanälen gehört, sondern bin ihm ganz klassisch begegnet: Beim Schaufensterbummel. Als ich auf den Beginn einer Pressevorstellung wartete, drückte ich am frühen Morgen meine Nase an meinem Lieblingsbuchladen zu Filmbüchern (Bücherbogen am Savignyplatz in Berlin-Charlottenburg) platt. Das Geschäft hatte, zur Freude meines Geldbeutels, noch nicht offen, aber die Belegschaft gibt sich immer viel Mühe bei der Gestaltung ihrer Schaufenster. Da stach CINEMAPS mit seinem gelben Schriftzug im Leuchtreklame-Design und dem bunt gezeichneten Cover stark aus der Auswahl hervor. Bei genauerem Hinsehen entdeckte ich viele Objekte aus berühmten Filmen auf dem Einband, die sich alle in einer Art Filmklassiker-Traumland zusammengefunden hatten. „Ein Atlas der 35 großartigsten Filme aller Zeiten“ konnte man unter dem Titel lesen. Vielleicht trägt das Buch etwas dick auf, aber mein Interesse war geweckt, die Notiz im Smartphone war gesetzt und schnell ging es zur fast vergessenen Pressevorstellung weiter.

Ein paar Wochen später konnte ich das Buch, dank des großzügigen Verlag-Managements von Heyne Encore in meinen Händen halten und seitdem liegt es als Abendlektüre neben meinem Bett. Aber der Weg dorthin war erst einmal von Skepsis und Enttäuschung geprägt als ich durch die ersten Seiten blätterte. Die Zeichnungen im Buch konnten leider nicht mit der farbenprächtigen Qualität des Coverbilds mithalten. Ich bezweifelte gleich, ob denn überhaupt Details auf den einzelnen Film-Karten zu erkennen seien, da trotz des großen Formats (24 x 32 cm) nicht viele auffielen. Die Zeichnungen waren sogar, für mein digital verwöhntes und steriles Sehvermögen, etwas kindlich, aber der Eindruck war wie hinfort gefegt, als ich mir Zeit nahm und das Vorwort von Andrew DeGraff las. Aber erst einmal zum Buchkonzept:

Breakfast Club
Paths of the Club „The Breakfast Club“ (1985). Gouache and pen on paper, 8″x10″. © Andrew DeGraff

Inhalt

Es wurden 35 der großartigsten Filme ausgewählt. Dieser völlig subjektiven Auswahl muss ich zugestehen, dass man sie, trotz der seltsamen Wahl des Umfangs, kaum anzweifeln kann:

  • METROPOLIS (1927)
  • KING KONG UND DIE WEIßE FRAU (1933)
  • DER ZAUBERER VON OZ (1939)
  • DER UNSICHTBARE DRITTE (1959)
  • ZWEI GLORREICHE HALUNKEN (1966)
  • DIE RITTER DER KOKOSNUSS (1975)
  • DER WEIßE HAI (1975)
  • KRIEG DER STERNE (1977)
  • ALIEN (1979)
  • SHINING (1980)
  • DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK (1980)
  • JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES (1981)
  • STAR TREK II: ZORN DES KAHN (1982)
  • DIE RÜCKKEHR DER JEDI-RITTER (1983)
  • GHOSTBUSTERS (1984)
  • INDIANA JONES UND DER TEMPEL DES TODES (1984)
  • BREAKFAST CLUB (1985)
  • ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT (1985)
  • DIE REISE INS LABYRINTH (1986)
  • PREDATOR (1987)
  • DIE BRAUT DES PRINZEN (1987)
  • INDIANA JONES UND DER LETZTE KREUZZUG (1989)
  • EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN (1990)
  • TERMINATOR 2 (1991)
  • DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER (1991)
  • JURASSIC PARK (1993)
  • PULP FICTION (1994)
  • CLUELESS (1995)
  • FARGO (1996)
  • RUSHMORE (1998)
  • DER HERR DER RINGE (2001-2003)
  • SHAUN OF THE DEAD (2004)
  • STAR TREK (2009)
  • GUARDIANS OF THE GALAXY (2014)
  • MAD MAX: FURY ROAD (2015)

Meine Ehre ist fast gerettet, denn mir fehlt tatsächlich nur DIE REISE INS LABYRINTH (1986) auf meiner Gesehen-Liste und ich bin mir auch sicher, dass viele Fans locker bei mindestens der Hälfte der Filme mitreden können. Jeden dieser Filme hat Andrew DeGraff laut eigener Aussage ca. 50-mal gesehen und sich genauestens notiert, wo welche Figur hingeht bzw. welche Handlungsorte es gibt. CINEMAPS ist nämlich nicht nur eine Karte der Handlungsorte, sondern auch der Weg, den die Protagonisten beschreiten, ist auf den Karten erfasst, mit jeder noch so kleinen Kurve. So kann man die letzte senkrechte Fall-Linie King Kongs vom Empire State Building verfolgen oder den verrückten Handlungs-Twist kurz vorm Finale von MAD MAX: FURY ROAD auf der Karte nachvollziehen. Jeder Klassiker nimmt vier Seiten des Buchs ein, von denen jeweils die Erste die komplette Karte zeigt und die folgenden Seiten wichtige Details aus dieser hervorheben. Spätestens bei der HERR-DER-RINGE-Trilogie wünscht man sich die Karte ausklappen zu können, aber CINEMAPS bleib in seinem Aufbau streng. Zu jeder Karte hat A. D. Jameson einen Text geschrieben, welcher auf Besonderheiten eingeht. Hier liegt noch einmal ein ganz gewaltiger Mehrwert des Buchs, denn Jameson schreibt über Filme, wie man es gerne liest: Informativ und motivierend, so dass man diese sofort ansehen möchte. Hier geht es zu seinem Blog<-.

Leseprobe:

Der Twist

Von dem Wunsch am Schaufenster dieses Buch lesen zu wollen über die erste Enttäuschung der Film-Landkarten, fing ich an das Vorwort von DeGraff zu lesen und hier hat CINEMAPS mich gepackt. Sofort merkt man, dass viel Liebe zum Film dahintersteckt und jede Menge Arbeit am Zeichenbrett investiert wurde. Ja genau, jede dieser Karten ist handgezeichnet und koloriert (hier findet man mehr von seinen Illustrationen). In den Maßstäben, der Darstellung von Objekten und der Farbillustration der Landkarten steckt ein unglaublicher Aufwand und große Detailgenauigkeit, welches nicht in einer Zahl wiedergegeben werden kann. Der Wunsch, diese Karten in Originalgröße zu bestaunen und zum Beispiel mit dem Finger den Ghostbusters durch New York zu folgen, bleibt bestehen. Aber jetzt ist man diesen Kino-Meilensteinen, die die eigene Jungend geprägt haben, wieder völlig verfallen und man fängt spätestens jetzt an sich zu fragen, wo die Indiana-Jones-Trilogie in der eigenen Sammlung nochmal versteckt sind. Die raffinierte Farbgebung und die passende Darstellung sind gut überlegt, auch wenn sie nicht gerade mit heutigem Stil überzeugen können, was aber auch wieder in Ordnung ist, da es sich ruhig auf vergangenen Pfaden bewegen darf, denn dies ist Filmgeschichte. In der Karte zu DER UNSICHTBARE DRITTE sind zum Beispiel nur die Gebäude und Fahrzeuge auf einem weißen Hintergrund zu sehen, welche durch den Weg von Roger Thornhill (Cary Grant) verbunden sind. So wird die Verwechslungsgeschichte der Hauptfigur, die sich immer wieder an einem neuen Ort wiederfindet, auch zeichnerisch auf den Punkt gebracht. Der Text von A. D. Jameson ist ebenfalls ein Genuss und stellt Eve Kendall (Eva Marie Saint) als ersten James Bond zur Diskussion. Dieses Buch ist ein wahres Nerd-Sammelsorium.

North by northwest
North By Nothwest Passage „North By Northwest“ (1959) show all of the main location of the film as well as highlighting all the modes of transportation used by Cary Grant’s character, Roger Thornhill. Gouache on paper 22″ x 22″. © Andrew DeGraff

Fazit

CINEMAPS hat mich wie ein guter Film im ersten Moment gepackt, mich in meiner überheblichen Art zurechtgewiesen und begleitet mich derzeit als Lektüre vor dem Einschlafen, was aber immer eine dumme Idee ist, weil ich am liebsten aufstehen will, in die Sammlung greifen und mich von einem Klassiker wieder verzaubern lassen will. Dieses Buch ist mehr als ein Geschenk für Geeks und Nerds, sondern genau die richtige Motivation nicht mehr jedem aktuellen Streifen nachlaufen zu müssen, sondern lieber eine Verschnaufpause zu machen und noch einmal einen Lieblingsfilm zum x-ten Mal zu sehen.

 

CINEMAPS von A D Jameson
  • Originaltitel: CINEMAPS
  • Aus dem Amerikanischen von Berni Mayer
  • Mit Illustrationen von Andrew DeGraff
  • Hardcover, Pappband, 160 Seiten, 24,0 x 32,0 cm
  • ISBN: 978-3-453-27169-2
  • Preis: 30 € (bei Amazon bestellen)
  • Erschienen am 08. Oktober 2018 vom Heyne-Encore-Verlag

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