„Ein Kampf ohne Gewinner“
Man könnte jetzt filmhistorisch umfangreich ausholen und analysieren, warum sich das Martial-Arts-Filmgenre im letzten Jahrzehnt massiv verändert hat. Aber ich denke, so eine filmwissenschaftliche Analyse trifft bei Genrefans nicht wirklich auf Interesse und außerdem würde es den Rahmen dieser Filmkritik sprengen. Man sollte einfach nur im Hinterkopf behalten, dass Jet Li, Jackie Chan oder Donnie Yen nicht mehr so massiv für Aufsehen sorgen, sondern vielmehr die jungen Wilden aus Indonesien. Vielleicht fehlt ihnen der Glanz jener Stars und deren akrobatische, fast schon zirkusartige Stunts, aber dies wollen sie auch gar nicht, denn ihnen geht es um Härte, Gewalt und ein Realismus, der einen glauben lässt, alles hätte sich so zugetragen. Hier gibt es kaum Humor, keine Frau in Not und Sonnenschein ist rar gesät. BUYBUST von den Philippinen will genau diese Faktoren erfüllen und capelight spricht auf der Packung ihres Home Entertainment-Releases sogar von einer Mischung aus THE RAID und SICARIO. So etwas wollen wir natürlich gern sehen, dann mal los in die Slums der philippinischen Hauptstadt Manila.

Inhalt
Ein guter Actionfilm muss in einer paar Sätzen die Handlung auf den Punkt bringen und jede Menge Spannung versprechen. Das Eliteteam um Nina Manigan (Anne Curtis) wird frisch nach deren Ausbildung zu einer Drogenübergabe auf Razziatour geschickt. Die findet aber überraschenderweise in den Slums von Manila statt, die ihre eigenen Gesetze haben. Ein großer Zaun um das Gebiet deutet schon darauf hin, dass die Polizei hier nicht viel zu sagen hat. In den aus Wellblech und anderem Müll zusammengezimmerten Irrgärten aus Hütten geraten sie in jener Nacht in einen Hinterhalt, wobei der anhaltende Monsunregen ihr kleinstes Problem ist.

Action, Action und Action
Vielleicht fängt BUYBUST etwas zu sachte an. Die Figuren der Eliteeinheit werden in den bekannten Trainings-Filmmontagen ausgebildet, aber hier wollen die Charaktere einem noch nicht so richtig ans Herz wachsen. Dies beginnt erst, wenn sie um ihr Leben kämpfen. Im Mittelpunkt steht Nina, die von Anne Curtis gespielt wird, sie kämpft und prügelt sich größtenteils ohne Stuntfrau-Unterstützung durch den Film. Curtis ist in dieser Kinoregion eher für romantische Komödien bekannt, aber hier kann man definitiv ihrer physikalischen Arbeit Anerkennung zollen. Was bei BUYBUST ebenfalls positiv auffällt ist, dass die Zweikämpfe realistisch inszeniert sind. Es gibt keine dramaturgisch perfekte Choreographie, keine minutiös getimte Akrobatik, sondern hier wird im Schlamm um das eigene Leben gekämpft. Zweite, vielleicht auch ungewollte, Hauptrolle geht an Brandon Vera, der den stoischen und unverwüstlichen Rico Yatco spielt. Ein paar mehr trockene One-Liner auf seinen Lippen und man könnte schon von einem neuen Dwayne Johnson sprechen, nur ohne Komik-Attitüde.

Das Setting an sich ist ungeheuer interessant, aber auf Grund des international vergleichbaren sparsamen Budgets und der recht körperbetonten Kameraführung, kommt es nicht gänzlich zum Zuge. Die nachgebauten Irrwege, das Einwirken des Monsuns und die aus Müll gebauten Wohnungen sind neben der Action interessant zu erkunden, aber durch die Shaky-Cam kann man wenig davon genießen. Dafür hat das Sound-Design-Team aber ganze Arbeit geleistet und sorgt für ein physikalisches Erlebnis durch deren Akustik. Die Empfehlung sei hiermit auch gegeben BUYBUST im Originalton mit Untertitel zu sehen. Zwar sind die deutschen Synchronsprecher keine B-Mannschaft, jedoch kommen viel mehr Umgebungsgeräusche in OV zu Vorschein. Ganz groß fährt der Film noch einmal zum finalen Kampf auf, wenn sich Nina durch die Gänge, Verschläge, und Dächer in einer One-Take-Plansequenz prügelt. Diese ist wirklich fein inszeniert und tröstet über den schwachen Filmstart hinweg.

Mediabook

Auch wenn mich der Film, vor allem in seiner politischen Aussage, nicht gänzlich überzeugt hat, hilft das Mediabook von Capelight darüber hinweg. Das Cover von Vincent Aseo ist wunderbar gelungen und auch der Booklet-Text von Daniel Wagner redet BUYBUST und dessen Regisseur Erik Matti mehr Substanz zu, als ich im Film erkennen konnte. Dies kann aber auch formabhängig von mir gewesen sein. Das Bild ist trotz der dunklen Aufnahmen gestochen scharf und der Ton in OV mit 5.1 Surround ein echtes Erlebnis. Was ich wirklich seltsam fand, war der finale Dialog mit dem Big-Boss, dieser war leider asynchron trotz Originalsprache. Ich vermute mal, hier wurde die Szene vom Filmteam nachsynchronisiert, weil die Tonaufnahmen es vom Dreh nicht hergegeben haben. Dies hat mir auch den Twist zum Ende in seiner Überraschung etwas entmachtet. Die Blu-ray verfügt über 45 Minuten Extras mit einem guten Einblick hinter die Action des Films. Trotz alledem kann BUYBUST sich über dieses schöne Release sehr glücklich schätzen und ich freue mich, es in meine Filmsammlung aufnehmen zu können.
Fazit
Leider reicht es nur für eine Empfehlung für Fans von harten Überlebenskämpfen, die auch mit Schusswaffen-Gefechten etwas anfangen können. An die wichtigen Instanzen wie SICARIO und THE RAID, die auf der Rückseite des Mediabooks so verführerisch als Vergleich herangezogen werden, reichte es leider nicht heran. Aber es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung und der Fokus von Filmfans sollte ruhig auf den Regisseur und die Besetzung gelegt werden, denn hier kommt sicherlich noch mehr.
Chefredakteur
Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter