„Wuxia gonna do?“
Schwertkampffilme gibt es wie fallendes Laub im Herbst. Irgendwo zwischen perfekter Ausstattung, großen Emotionen, politisch bedeutungsschwerem Unterbau und Massengeschnetzel scheint die Inspiration dabei über die Jahre ein wenig verlorengegangen zu sein. Ein tänzerischer Bildersturm wie Zhang Yimous HERO fällte eben nicht alle Monde vom Filme. BROTHERHOOD OF BLADES zeigt auf ganz eigene Weise ambitionierte Handarbeit, statt runterproduzierter Fließbandware.
Der Wuxia-Vertreter von 2014 enthält alle oben genannten Charakteristika und hat mich doch überrascht. Dabei sind es gar nicht die Kampfszenen, oft selbstzweckhaftes Aushängeschild des Genres, welche das Historiendrama so außergewöhnlich machen. Tatsächlich sind sie beinahe der einzige Makel in einem ansonsten irritierend guten Film. Denn leider werden die eigentlich gut choreographierten Actionmomente auch hier durch zu schnelle Schnittfolgen und mittelmäßige Computereffekte sabotiert. Ersteres stört den Genuss am Spektakel, was schade ist, wo doch gerade das asiatische Actionkino stets die Bastion echter Kampfkunst war, bei der nichts mit Techniktricks kaschiert werden musste. Letzteres beeinträchtigt schlichtweg die Integrität der visuellen Umsetzung. Denn BROTHERHOOD OF BLADES ist nicht nur bei Kostümen und Kulissen hochwertig ausgestattet, sondern auch edel bebildert. Da sollte es im Geburtslandes des Feuerwerks eigentlich drin sein, die Pyrotechnik vorort zu zünden, anstatt sie später in der Mittagspause nachträglich am Rechner einzufügen.
Wo der Film allerdings als Lehrstück für das Adrenalinkino herhält, ist in der sinnvollen Einbindung der Actionszenen in die Erzählung. Es wird nicht ununterbrochen gemetzelt, um das Publikum aus der Trance zu wecken. Physische Konflikte erwachsen aus der Handlung und treiben diese voran. Ein Tod oder ein abgeschlagener Arm haben hier dann auch wirklich Gewicht (es sei denn, es trifft die gemeinen Fußsoldaten, die in Scharen niedergestreckt werden), weil alle Involvierten bedeutender Bestandteil der Geschichte sind.
Diese spielt im China des Jahres 1627 und handelt von den drei Kaiserlichen Assassins (die werden wirklich so genannt) Shen Lian (Chang Chen), Jin Yichuan (Li Dongxue) und Lu Jiangxi (Wang Qianyuan), die im Auftrag des Kaisers das Oberhaupt (Chin Shih-Chieh) der ehemals machthabenden und nun rebellierenden „Eunuchenclique“ (der Name ist ebenfalls original aus dem Film) umbringen sollen. Eine Aufgabe, welche die drei eingeschworenen Schwertmeister zunächst als Gelegenheit wahrnehmen sich Ansehen, Status und Geld zu verdienen und damit einen Ausweg aus ihren individuellen Problemen zu finden. Unversehens werden sie jedoch mit einem Dilemma konfrontiert, auf dessen beiden Seiten sie um ihr Leben fürchten müssen.
Dramaturgische Triebkraft ist somit das Schicksal der drei unglückseligen Soldaten und weniger der Ausgang des politischen Ränkespiels, in welches sie verstrickt werden. Dabei sind Shen, Lin und Lu erfreulich vielschichtige Figuren. Sie alle verfolgen einen Traum oder versuchen einen Schatten aus der Vergangenheit loszuwerden und gleichzeitig überbeschreitet jeder von ihnen dafür moralische Grenzen. Sie sind jedoch keine coolen Antihelden, die für die richtige Sache gerne mal das Gesetz biegen, um sich dann mit unwiderstehlichem Spitzbubencharme aus der Affäre zu grinsen. Ihre Wünsche und Fehlbarkeiten lassen sie – abgesehen von ihren überirdischen Kampffähigkeiten – wahrlich menschlich wirken.
Diese Komponente verliert der Film zu keiner Zeit und vermittelt dabei durchweg eine bedrückende Atmosphäre, dass womöglich nicht alle Beteiligten heil aus der Sache rauskommen. Zwar hätte man sich noch etwas Zeit nehmen können, um gerade ein paar Nebencharaktere zu vertiefen oder den Ursprung der Bruderschaft zwischen den drei Hauptfiguren zu beleuchten. Im Endeffekt war das aber nicht wirklich nötig und der Film muss ausdrücklich für sein ausgewogenes Tempo gelobt werden. Regisseur Lu Yang zeigt hier selbstbewusst, dass er weiß, wann ein Charaktermoment zu Ende erzählt ist und wann es nicht noch eine Actionszene braucht. Im Endeffekt ist BROTHERHOOD OF BLADES somit ebenso anspruchsvoll wie unterhaltsam. Doch aufgepasst, in weiten Teilen nimmt sich der Film wie ein echter historischer Politthriller aus und verlangt demgetreu gerade zu Beginn ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, ist also nichts für müde Geister.
Fazit
Veritables Drama im Gewand eines Actionfilms, dass seine Kampfszenen geschickt einsetzt, vor allem jedoch mit ambivalenten Charakteren und vielschichtiger Erzählung fesselt. Ein Glücksgriff.
Titel, Cast und Crew | Brotherhood of Blades (2014) OT: Xiu chun dao |
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Poster | |
Release | ab dem 18.09.2015 auf Blu-ray und DVD erhältlich Ihr wollt den Film bei Amazon kaufen? Dann geht über unseren Treibstoff-Link. |
Regisseur | Yang Lu |
Trailer | |
Darsteller | Chen Chang (Shen Lian) Mi Yang (Bei Zhai) Yi Zhang (Lu Wenzhao) Shih-Chieh King (Wei Zhongxian) Jiayin Lei (Lun Pei) Zhilei Xin (Ding Baiyang) Dong-xue Li (Jin Yichuan) Shi Shi Liu (Zhou Miaotong) Yuan Nie (Zhao Jingzhong) Qianyuan Wang (Lu Jianxing) |
Drehbuch | Shu Chen Yang Lu |
Musik | Nathan Wang |
Kamera | Qiming Han |
Schnitt | Yiran Tu Liyun Zhu |
Filmlänge | 112 Minuten |
FSK | ab 16 Jahren |