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Bloodsport (1988) – Filmkritik

„Nostalgieschlag“

Jeder hat seine Leichen im Keller. In diesem Fall spreche ich von Lieblingsfilmen, die – objektiv betrachtet – schlecht sind. Schlecht im Sinne von Darstellern, Kamera, Schnitt, Inszenierung und Drehbuch. Selbst filmhistorisch lässt sich diesem Flop nichts abgewinnen. ABER, wer BLOODSPORT im richtigen Alter (ca. 10 bis 14 Jahre) und der richtigen Zeit (Ende 1980er – Anfang 1990er Jahre) gesehen hat und vielleicht noch Interesse am Kampfsport zeigte, wird sich in diesen mittlerweile zum Kultfilm avancierten Martial-Arts-Streifen verliebt haben. Selbst, wenn man den Film bereits unzählige Male in jungen Jahren durch den Videorekorder geleiert und später unzählige bessere Filme dieser Art gesehen hat, man denke an die Fließbandproduktion der Shaw Brothers und der Hongkong-Fabrik Golden Harvest, zieht einen BLOODSPORT heute noch in seinen Bann. Stets mit einem Schmunzeln auf den Lippen und Dialogzeilen wie „Das Kumite ist für Kämpfer, nicht für Menschen, die Zeitung lesen.“, genießt man diesen Jugendtraum. Die naive Geschichte, die permanente Zurschaustellung von Jean-Claude Van Dammes durchtrainiertem Körper und der primitiven Gut-Böse-Konflikt, geben dem Ganzen ordentlich Zucker. 2023 ist es so weit und jeder BLOODSPORT-Fan kann sich dank des deutschen Labels Capelight Pictures einen seiner liebsten Filme in prächtiger Qualität ins heimische Kino holen.

Handlung

Alle fünf Jahre findet das Kumite statt. Ein internationaler Vollkontakt-Wettkampf, bei dem der stärkste Kämpfer der Welt gesucht wird. Dieses Mal wird der dreitägige, blutige Wettstreit in Hongkong stattfinden. Der Amerikaner Frank Dux (Jean-Claude Van Damme) wird ebenfalls teilnehmen, um seinen Lehrmeister Senzo Tanaka (Roy Chiao) zu ehren, der ihn in seinen Kampfkünsten unterwiesen hat. Die Teilnahme an einem illegalen Kampfsportturnier in Übersee sehen Dux‘ Vorgesetze, die US-Army, nicht gern und so schicken sie Helmer (Norman Burton) und Rawlins (Forest Whitaker) auf dessen Fersen. In Hongkong angekommen, trifft Dux auf den bärtigen Mitstreiter Ray Jackson (Donald Gibb) und die schöne Journalistin Janice (Leah Ayres). Für den einen entsteht so etwas wie Freundschaft und für die andere so etwas wie Liebe. Um den Titel zu gewinnen, muss er nicht nur alle Beziehungen ausblenden, sondern auch den brutalen Muskelberg Chong Li (Bolo Yeung) umhauen. Und der macht es ihm nicht leicht.

© Capelight Pictures

Einfach vom Gemüt

Es ist geradezu erschreckend wie geradlinig BLOODSPORT erzählt wird. Motivation des Protagonisten, check, etwas Grundspannung durch Verfolger, check, Love Interest, check und einen fiesen Endgegner, check. Keine der unterschiedlichen Stationen wird näher beleuchtet und keine der Rollen bekommt eine tiefere Charakterzeichnung, abgesehen von der Hauptfigur. Aber auch bei Dux hakt man nur die üblichen Eckpunkte ab: Als Junge von seinem Trainer auf den rechten Weg geführt, überschreitet er westliche und östliche Kulturen mit Hilfe des Kampfsports, uneingeschränkte Verehrung des Meisters und ausgeprägte moralische Vorstellung treiben ihn an. Weshalb der Meister sterbenskrank und dessen Sohn früh verstorben ist, wird nicht verraten. Auch die Eltern von Dux bleiben gesichtslose Weinbauern(?).

© Capelight Pictures

Warum wir jetzt der Hauptfigur folgen und mit ihr sympathisieren, liegt allein an Jean-Claude Van Dammes Charisma. Seine diebische Freude, wenn den Verfolgern die Puste ausgeht, sein zurückhaltendes Auftreten und natürlich sein verhältnismäßig fairer Kampfstil – abgesehen von dem Spagat-Tiefschlag an seinen vorletzten Gegner – Autsch. Selbst den Grobian Jackson, der gleich in seinem ersten Kampf ohne jegliche Technik für ordentliche Blut auf der Matte sorgt und dem sofort definierten Fiesling Ghong Li mit dem Tod droht, gleicht Van Damme mit einem breiten Grinsen spielend aus. Seine schauspielerischen Fähigkeiten reichen auch nur aus, um entweder gut drauf, grüblerisch oder kämpferisch zu spielen. Das reicht uns, wir wollen hier keine komplexe Charakterentwicklung, keine Transformation von Schwächen zu Stärken. Kämpfer Dux ist bereits als Meister angereist und wird als solcher den Ring verlassen. Wir wollen nur sehen mit welchen coolen Moves er sich bis dorthin durchkämpft.

© Capelight Pictures

International

Es gibt zwei Aspekte, die in BLOODSPORT auch heute noch begeistern, wenn man einmal die Nostalgiebrille zur Seite legt. Zum einen ist das Kumite als internationaler Wettstreit auch wirklich als solcher zu erkennen. Allein schon die Intro-Sequenz, in der wir sehen, wie sich die Teilnehmer weltweit auf das Kumite vorbereiten, macht nicht nur Spaß, sondern zeigt die Vielseitigkeit des Kampfsports von Lateinamerika über Afrika bis hin zum eisblockzerschlagenden Südkoreaner. Kämpfer Dux ist in der Hinsicht eine Besonderheit, ein Hybrid, wenn man so will. Ein amerikanischer Junge mit Migrationshintergrund, der bei einer japanischen Familie aufgenommen wird und sich dort durch ein traditionsreiches Training zum Ziehsohn entwickelt. Selbst Meister Tanaka, das letzte Glied in einer jahrhundertelangen Tradition des Tanaka-Klans, in der Techniken vom Vater zum Sohn weitergegeben werden, gibt immer wieder den Hinweis, seinen Kampfstil offen zu halten und neuen Techniken gegenüber aufgeschlossen zu sein.

© Capelight Pictures

Diese Freiheit wird in BLOODSPORT erzählerisch leider nicht mehr in den Kämpfen aufgegriffen, aber zumindest wird dieser Gedanke in unsere Köpfe gepflanzt und bleibt im Wettstreit bestehen. Wie erwähnt reist Dux mit seinem Handwerkszeug (Spagat, Trittstärke, blinder Angriff und Verteidigung) an, mit dem er auch gewinnt. Er lernt nichts Neues aus dieser Fülle von Kampfsportarten. Die einzige Entwicklung, die man vielleicht entdecken möchte, ist seine gesteigerte Konzentrationsfähigkeit. Die anderen Kämpfe im Wettstreit bringen einiges, zumindest für die 1980er-Jahre, an coolen neuen Kampftechniken mit. Inszeniert wird das Ganze stets wie ein sportlicher Zusammenschnitt. Die besten Moves und die brutalsten K.O.s werden uns gezeigt. Selbst die Kämpfe der Hauptfiguren sind zeitlich gebrochen und die Zeitlupen verstärken den Eindruck einer Berichterstattung.

© Capelight Pictures

Ein zweiter Aspekt, der BLOODSPORT heute noch authentisch wirken lässt, ist der Drehort. Das Filmteam drehte in Hongkong, genauer gesagt in der Slumsiedlung Hak Nam, welche 1993 bereits abgerissen wurde. Eine düstere, dreckige und beeindruckende Welt aus endlosen, dichten Wohnblocks, durch die sich die westliche Cannon-Filmproduktion schlängelt. Die Kamera folgt den dunklen Gassen in denen dichte Pipelines aus Kabeln und Rohren an den Decken entlangführen. Manchmal erinnert es an die Atmosphäre japanischer Animes aus der gleichen Ära. Außerdem wird offen damit umgegangen, dass der Organisator die Mafia (Triaden) ist und man sich zweifellos auf gesetzlosem Territorium bewegt. Neben schreienden Zeitlupenaufnahmen eines muskulösen Van Damme bleiben auch die urbanen Perspektiven im Gedächtnis, wie zum Beispiel die Spagat-Meditation-Kata, die Dux weit über der Metropole aus Wolkenkratzern genießt. Aufnahmen wie diese, machen BLOODSPORT auch geschichtlich zu einer realen Abbildung, was neben der Best-Of-Charakteristik seines Genres, den Film immer noch sehenswert macht.

© Capelight Pictures

Kampfsport-Filmsammler

Mit einer Ultra-HD-Weltpremiere bringt Capelight Pictures BLOODSPORT ins Heimkino. 5.1 Sound in Deutsch, Englisch sogar mit Dolby Atmos, und eine ausgewogene Restaurierung des Bildes nach neuer 4K-Abtastung zeigen den Film in noch nie gesehener Qualität. Hier ist nix totgefiltert oder übersättigt. BLOODSPORT sieht aus wie frisch aus dem 1988er Kopierwerk direkt auf die Leinwand gezogen. Zudem ist beim Ton gegenüber den vorherigen Releases einiges verbessert worden. Vor allem der Score von Paul Hertzog, der für das Nostalgiegefühl essenziell ist, kommt kräftig zur Geltung. Es gibt zwei Mediabook-Editionen mit Ultra HD Blu-ray und Blu-ray.

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Die Filmversion ist selbstverständlich ungeschnitten. Das Bonusmaterial ist umfangreich, teilweise neu produziert und es macht Spaß mit dem ehemaligen Filmteam noch einmal eine Reise in die Vergangenheit anzutreten. Unbedingt muss das 24-seitige Booklet von Lucas Barwenczik erwähnt werden. Der Autor räumt tüchtig mit den Vorurteilen gegenüber BLOODSPORT auf und bringt den Streifen in den Kontext mit dem differenzierten Star Jean-Claude Van Damme. Für dieses Schmuckstück können ruhigen Gewissens alle VHS-, DVD- und Blu-ray-Bestände in die Kiste. Die limitierte Auflage ist schon fast ausverkauft, jetzt heißt es schnell sein. Es wird aber niemand leer ausgehen, denn Capelight wird sicherlich eine kleinere UHD bzw. BD-Version nachlegen.

Fazit

BLOODSPORT ist die perfekte Gelegenheit, biederen Filmkritikern, schnarchigen Oberlehrern und selbsternannten Erwachsenen den Mittelfinger, nein, den ausgestreckten Sidekick zu zeigen. Toll, was einem konzentrierte 90 Filmminuten viele Jahre später immer noch bedeuten. Wenn es heutigen Serien nicht einmal gelingt, in der gleichen Zeit zumindest einen spannenden Handlungspfaden zu knüpfen, hat BLOODSPORT bereits ein Feuerwerk des Kampfsports gezündet und einem Actionstar ein frühes Denkmal gesetzt.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewBloodsport (1988)
Poster
Releaseseit dem 14.04.2023 in zwei Mediabook-Varianten (UHD + Blu-ray) erhältlich.
seit dem 14.07.2023 im Steelbook (UHD + Blu-ray) erhältlich.

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Chefredakteur

Kann bei ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT mitsprechen / Liebt das Kino, aber nicht die Gäste / Hat seinen moralischen Kompass von Jean-Luc Picard erhalten / Soundtracks auf Vinyl-Sammler / Stellt sich gern die Regale mit Filmen voll und rahmt nur noch seine Filmposter

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