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Blood Quantum (2019) – Filmkritik

Dass der Zombie-Film seit einigen Jahren am Boden liegt, dürfte niemanden überraschen, umso mehr verwundert es, dass sich doch immer wieder ein Regisseur findet, der glaubt, etwas Neues in dem ausgelutschten Thema gefunden zu haben. Für Regisseur Jeff Barnaby ist BLOOD QUANTUM erst sein zweiter abendfüllender Spielfilm. Davor drehte er lediglich einige Kurzfilme, zu denen er auch das Drehbuch verfasste. Barnabys Hauptthema war schon immer das schwierige Leben der indigenen Stämme Kanadas. Er selbst gehört zum Volk der Mi‘kmaq und ist im Listuguj-Reservat groß geworden ist. Kein Wunder also, dass sein Lieblingsthema erneut den Weg in seine neuste Arbeit gefunden hat. Teile der Werbung zu BLOOD QUANTUM sind etwas irreführend wie beispielsweise „Zombiespaß pur…“. Zum einen handelt es sich bei BLOOD QUANTUM vorwiegend um ein Indianer-Familien-Drama, ganz im Sinne der Endlosserie THE WALKING DEAD (2010-), zum anderen liefert er einen kritischen Kommentar zum Kolonialismus des weißen Mannes in Nordamerika. Da bleibt nicht mehr viel Platz für eine Komödie. Das soll aber nicht heißen, dass der Film frei von Humor ist, den ein oder anderen Lacher gibt es dennoch.

© Koch Films

Handlung

Anfang der 1980er: Im kanadischen Red-Crow-Reservat häufen sich seltsame Vorfälle: tote, ausgenommene Fische leben wieder, ein schon längst verstorbener Hund spaziert zähnefletschend durch die Gegend. Als dann die ersten untoten, ausschließlich weißen, Menschen auftauchen, wird allen schnell bewusst, dass die biologische Anomalie sich nicht nur auf Tiere beschränkt. Sechs Monate später ist klar, dass die indianischen Ureinwohner gegen diesen unbekannten Virus immun sind, der fast die komplette Weltbevölkerung in blutgierige Zombies verwandelt hat. Die Überlebenden verschanzen sich hinter einer soliden Festung und immer öfter treffen neue, Schutzsuchende bei ihnen ein. Die Gefahr, einen infizierten in die vermeintlich sichere Unterkunft einzuschleppen, steigt tagtäglich. Doch die eigentliche Gefahr lauert nicht außerhalb der Mauern, sondern in den eigenen Reihen.

© Koch Films

Die unendliche Zombie-Apokalypse

BLOOD QUANTUM beginnt am Anfang vom Ende. Dann, als die ersten Anzeichen sichtbar werden, die aber noch niemand deuten kann. Eine eindeutige Antwort, woher dieser Virus stammt, verweigert uns allerdings der neuste Zombie-Film. Was durchaus positiv zu sehen ist, somit kann sich jeder seine eigene Version zurechtlegen. Wie wäre folgende: Das Ganze ist eine logische Konsequenz, wenn wir uns vor Augen führen, das die indigenen Ureinwohner Amerikas schon immer im Einklang mit Mutter Natur und der Erde lebten, ganz im Gegensatz zum weißen Mann. Der hat die Erde immer als sein Eigentum betrachte, Sie ist nur dazu da, um von ihm gnadenlos ausgebeutet zu werden. Ganz nach den Vorgaben seines heimtückischen Gottes „Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen“. Das der Planet sich irgendwann zur Wehr setzt, um diesen zweibeinigen Parasiten von seinem Antlitz zu verbannen, war nur eine Frage der Zeit. Das, was zuvor schon in vielen anderen Zombie-Filmen mehr oder weniger angedeutet worden ist, wird hier in eindeutigen Bildern ausformuliert.

Blood Quantum (2019)
© Koch Films

Familiendrama und Weltuntergang

Seit Beginn der 2000er sind George A. Romeros Zombies auf der Leinwand endgültig ausgestorben. Spätestens mit dem Erscheinen von Danny Boyles 28 DAYS LATER (2002) und Zack Snyders DAWN OF THE DEAD (2004) Remake und dem Auftauchen des sehr agilen und verdammt schnellen Untoten. Heutzutage reicht es nicht mehr nur aus, eine gute Waffe gegen die Menschenfresser im Repertoire zu haben, der Überlebende sollte auch noch sehr gut zu Fuß sein. Dieser „Usain Bolt“ des Zombie-Genres hat auch im neusten Spektakel seinen Platz gefunden.

Das Mediabook-Cover

Gleich zu Beginn kommt Jeff Barnaby schnell auf den Punkt und die ersten Zombies erscheinen auf der Bildfläche. Als dann die gute alte Kettensäge ihren blutigen Einstand gibt, ist die Freude umso größer. Doch so überraschend der Anfang sich präsentiert, so schnell ist er auch wieder vorbei. Ab jetzt schreitet die Story von BLOOD QUANTUM gemächlich voran. Vielleicht hat sich Barnaby etwas zu sehr auf das Familiendrama, die schwierigen sozialen Verhältnisse und existenziellen Konflikte seiner wichtigsten Charaktere konzentriert, dabei jedoch die Katastrophe etwas aus dem Fokus verloren. Denn die ist für lange Zeit nur noch Staffage, vor der das generationenübergreifende Indianerdrama seinen Lauf nimmt. Nur um am Ende dieselben Probleme zu entdecken, die auch viele andere Familien auf dieser Welt mit ihnen teilen.

Blood Quantum (2019)
© Koch Films

Der Großteil der mehrheitlich indigenen Besetzung dürfte den meisten Zuschauern unbekannt sein. Lediglich Michael Greyeyes verzeichnet einige Auftritte in größeren Produktionen, darunter die beiden bekannten TV-Serien FEAR THE WALKING DEAD (2015-) und TRUE DETECTIVE (2014-). Oder Kiowa Gordon, der zu Beginn seiner Karriere eine kleine Rolle in der „Twilight Saga“ hatte. Ob bekannt oder nicht, jeder von ihnen präsentiert seinen Charakter überzeugend in dem Weltuntergang. Barnaby und sein Kameramann Michel St. Martin bieten uns zudem schöne atmosphärische Bilder und sehr ruhige, teils schon traumähnliche Kamerafahrten über die komplette Laufzeit des Films. Dazu gibt es eine sehr minimale Musikpartitur. Die Effekte sind überzeugend und äußerst blutig.

Fazit

BLOOD QUANTUM ist einer der besseren Zombie-Filme der letzten Jahre. Er kommt mit viel Drama und einem hohen Blutanteil schnell zur Sache. Dazwischen gibt es allerdings quälend lange Passagen, in denen das Drama den Ton angibt. Dadurch schafft es die neuste Zombie-Apokalypse einfach nicht so richtig Fahrt aufzunehmen. Erst zum Finale dreht sich die Spirale der Gewalt etwas schneller und fordert seinen blutigen Tribut. Die indigene Bevölkerung immun gegen den Virus zu machen ist ganz nett, mehr auch nicht, der Rest im Drehbuch ist Standardware.

BLOOD QUANTUM bietet solide Unterhaltung, aber etwas Neues fürs Genre hat er nicht zu bieten.

© Stefan F.

Titel, Cast und CrewBlood Quantum (2019)
Poster
Releaseab dem 24.09.2020 als DVD, Blu-ray und Mediabook

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RegisseurJeff Barnaby
Trailer
BesetzungMichael Greyeyes (Traylor)
Elle-Máijá Tailfeathers (Joss)
Forrest Goodluck (Joseph)
Kiowa Gordon (Lysol)
Olivia Scriven (Charlie)
Stonehorse Lone Goeman (Gisigu)
DrehbuchJeff Barnaby
KameraMichel St. Martin
FilmmusikJeff Barnaby
Joe Barrucco
SchnittJeff Barnaby
Filmlänge96 Minuten
FSKab 18 Jahren

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