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Blind Woman’s Curse (1970) – Filmkritik

Vor kurzem wurde hier erst FOXY BROWN als erste weibliche Actionheldin und Ikone der Frauenbewegung besprochen. Dies ist aber nicht nur eine rein westliche Erscheinung. Wenn man ins ferne Japan schaut, denkt man auch an LADY SNOWBLOOD (SHURAYUKIHIME, 1973), die als unabhängige Profikillerin so einigen Gegnern die Eingeweide aufschlitzt. Wie es der Zufall will, fällt uns BLIND WOMAN’S CURSE in die Hände, der hierzulande leider nur als DVD seine Heimkino-Premiere feiert. Neben dem enormen Genremix, auf den wir gleich zu sprechen kommen, sticht vor allem hervor, dass sich die Herren in der Handlung zurücknehmen und das Katana gespickte Schlachtfeld den Damen überlassen.

© Rapid Eye Movies

Handlung

Akemi (Meiko Kaji) ist Anführerin des Tachibana-Klans, einer Yakuza-Bande im alten Japan. In einem Kampf mit der befeindeten Goda-Familie, verletzt sie deren Tochter (Hoki Tokuda) mit dem Schwert schwer im Gesicht. Die charismatische Akemi landet im Gefängnis und sammelt dort getreue Kämpferinnen um sich. Doch seit der Verletzung von Akio Godas Augenlicht verfolgt sie eine schwarze Katze in ihren Träumen. Als sie und ihre treuen Yakuza-Schwestern wieder entlassen werden und Akemi die Geschäfte des Clans übernimmt, wird ihr Territorium von einer ehrenlosen Verbrecherbande beansprucht. Hinzukommt, dass ihre Mitglieder Stück für Stück mysteriösen Morden zum Opfer fallen, bei denen ihnen die tätowierte Haut entfernt wird. Der Fluch der schwarzen Katze zeigt sein Fauchen.

© Rapid Eye Movies

Genre-Medley

In Deutschland hat BLIND WOMAN’S CURSE den gialloartigen Untertitel: DIE VERFLUCHTE SCHWERTKÄMPFERIN MIT DEM DRACHENTATTOO. Bereits im Slow-Motion-Intro des Schwertkampfs bekommt man das Kunstwerk zu sehen. Die kompromisslose Kämpferin Akemi tritt zusammen mit ihren Mitgliedern gegen eine Übermacht an. Auf ihren Rücken ist ein Drache tätowiert, der Kopf auf dem Rücken des Clan-Oberhaupts und den langen Schweif in Teilen auf den anderen Mitgliedern. Immer wieder stellen sie sich nebeneinander auf und lassen den Drachen auf ihrem Rücken erscheinen und finden so zu neuer Stärke.

© Rapid Eye Movies

Die Kämpfe sind im Martial-Arts-Genre etwas unbeholfen, können aber immer wieder mit kräftigen Blutfontänen die Leinwand erfüllen. BLIND WOMAN’S CURSE ist aber nicht nur ein Yakuza-, Schwertkämpfer- und Martial-Arts-Film, sondern auch gespickt mit mysteriösen Horrorelementen. Hinter der schwarzen Katze scheint ein Mensch zu stecken, der mit einer Mischung aus Zaubertricks und unmenschlicher Athletik seine Gegner in Schrecken versetzt. Zum Glück wird er von der blinden Schwertkämpferin Aiko kontrolliert. Die vielfältige Nutzung diverser Genres ist vor allem Regisseur Teruo Ishii (HORRORS OF MALFORMED MEN, ORGIES OF EDO) zu verdanken. Weltweit ist er nie sonderlich in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten, jedoch werden seine über 80 Regiearbeiten in allen filmischen Spielarten heute immer mehr geschätzt.

© Rapid Eye Movies

Emanzipation mit dem Schwert

Auch wenn Akemi die Anführerin, Kämpferin und Hauptrolle darstellt, ist es besonders gut gelungen die Nebenfiguren ins Rampenlicht zu rücken. Der Ronin Tani (Makoto Satô), der Verräter Senba-tatsu (Shirô Ôtsuji) oder der väterliche Onkel Jutaro Mitsui (Yoshi Katô). Sie alle bekommen ihren Platz in diesem Wechselspiel aus Gangsterstreifen und 70er-Mystery-Horror. Das gelingt so gut, dass die Hauptdarstellerin, trotz der fantastischen telegenen Meiko Kaji (LADY SNOWBLOOD , SASORI), charakterlich ziemlich eindimensional wirkt. Sei es drum, ein Yakuza-Boss lässt sich auch nicht in die Karten schauen. Richtig beeindruckend ist es, wie der Film mit der weiblichen Hauptfigur umgeht. Abgesehen von ein paar Machosprüchen zu den Nebendarstellerinnen werden vor allem die beiden Kämpferinnen, die von der Geschichte immer mehr zum Klingenkreuzen getrieben werden, in ihrer femininen Art kein einziges Mal thematisiert. Sie sind unantastbar, jede der beiden hat sich eine solche Anerkennung aufgebaut, dass selbst die Kamera ihnen demütig gegenübersteht. Aber auch eine Art weibliche Haltung gegenüber dem Thema der Rache findet in der Geschichte ihr Gehör. Gerade das Finale wäre in einem maskulinen Schwertduell ganz anders verlaufen. Es reicht ein symbolisches Erblinden des Drachens auf Akemis Rücken und der Konflikt ist vorüber.

© Rapid Eye Movies

Fazit

Für japanophile Filmgeschichts-Fans auf jeden Fall einen Blick wert, allein wegen der verschiedensten Genres, starken Symboliken und verspielten Kameraeinstellungen. Aber auch im Hinblick auf die Frauenbewegung in den 1970er-Jahren gesellschaftlich interessant, weil sich die Emanzipation im asiatischen Raum mit dieser künstlerische Stimme Gehör auf der Leinwand verschaffte. Sogar in einer fast ausschließlichen Männerdomäne bis heute, dem Yakuza-Film.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewBlind Woman's Curse (1970)
OT: Hîchirimen bâkuto - Nôbarydu takahadâ
Poster
RegisseurTeruo Ishii
Releaseseit dem 25.06.2021 auf DVD

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Trailer

Original mit englischen Untertiteln
BesetzungMeiko Kaji (Akemi Tachibana)
Hoki Tokuda (Aiko Gouda)
Makoto Satô (Tani Shouichi)
Hideo Sunazuka (Kantaro)
Shirô Ôtsuji (Senba-tatsu)
Tôru Abe (Dobashi)
Yoshi Katô (Jutaro Mitsui)
Yôko Takagi (Chie Mitsui , Chie-chan)
DrehbuchTeruo Ishii
Chûsei Sone
FilmmusikHajime Kaburagi
KameraSei Kitaizumi
SchnittOsamu Inoue
Filmlänge85 Minuten
FSKAb 16 Jahren

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