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Black Caesar (1973) – Filmkritik

Den Mafioso-Blaxploitation BLACK CAESAR sollte man vor allem aus einem Grund schauen: James Brown. Der war für den Soundtrack verantwortlich und veredeltet den Aufstieg und Fall eines Schwarzen, der im Dienste der italienischen Mafia seine Anfänge machte und sich dann zum Godfather of Harlem hochschoss. Der bekannteste Song aus dem Soundtrack ist „The Boss“ – einmal gehört wird man diesen Ohrwurm nicht mehr vergessen. Der Film ist etwas in den Schatten des „Godfathers of Soul“ geraten, womit jetzt aber, dank der letzten Ausgabe der Black Cinema Collection von Wicked Vision, dagegen angekämpft werden soll. Und für alle, die denken, dass die Reihe des afroamerikanischen Kinos in bester Blu-ray-Qualität bereits beendet ist, gute Neuigkeiten: Es geht weiter! Aber zurück zum Gangsterfilm aus den 1970er Jahren.

© Wicked Vision Media

Handlung

1953, New York: Der kleine Tommy verdient sein Geld mit Schuheputzen, kleine Gefallen für Killer inklusive. Er macht danach erste Botengänge, dazu gehört auch Bestechungsgeld an den Polizisten McKinney (Art Lund) zu liefern. Der meint jedoch, dass im Umschlag sonst mehr Geld ist. Er verdächtigt den Jungen des Diebstahls und bricht ihm ein Bein. Während Tommys Aufenthalt im Krankenhaus schwört er sich die Nummer Eins im organisierten Verbrechen von Harlem zu werden. Sein Wunsch wird sich erfüllen, doch der Ruhm währt nicht ewig. Als der erwachsene Tommy Gibbs (Fred Williamson) an der Spitze steht, will der Platz verteidigt werden, doch dann fallen ihm seine Frau und sein bester Freund in den Rücken.

© Wicked Vision Media

Bekannt, aber doch anders

Der Einstieg in BLACK CAESAR ist ein wenig holprig. Das liegt vor allem an der Scheinwelt der 1950er Jahre. Der Hintergrund der Anfangsszenen ist ganz offenkundig das New York zum Drehzeitpunkt Anfang der 70er. Filmfans brauchen keine großen Erklärungen zum Aufstieg und Fall im Gangster-Film seit DER KLEINE CÄSAR (LITTLE CAESAR, 1931) und weiteren Neuauflage. Diesem Muster folgt auch DER PATE VON HARLEM. Neu sind jedoch die Besonderheiten, die vor allem dem Handwerk des Blaxploitationkinos zu verdanken sind: ein überwiegend schwarzer Cast, wenig Budget macht erfinderisch und eine schnelle Handkamera bringt Schwung in die Szenen. Die Drehs von Regisseur Larry Cohen auf den Straßen New Yorks hatten nicht immer eine Drehgenehmigung, was besonders in den Reaktionen der Passanten rund um den angeschossenen Tommy im Finale zu erkennen ist. Gewalt und nackte Haut dürfen nicht fehlen, wobei in BLACK CAESAR dabei eher das Verhältnis 30:1 ist. Interessant ist vor allem, dass die einzige Sexszene als Definition von Tommy Gibbs als brutalen Ehepartner genutzt wird. Weiße Frauen, die ihn verführen wollen, schmeißt er zügig aus dem Zimmer, was schwer zu deuten ist, ob nun die Hautfarbe zur Entscheidung führte oder die Treue gegenüber seiner Frau.

© Wicked Vision Media

Definiert wird der Antiheld vor allem durch die Misshandlung des Polizisten zu Beginn, was nicht nur einen Rassenkonflikt darstellt, sondern auch für Gibbs beweist, dass die Ordnungshüter nicht für eine faire Rechtsprechung einstehen. Das gebrochene Bein in jungen Jahren wird nie vollständig heilen und Gibbs wird bei jedem Gang anzusehen sein, dass sein Misstrauen gegenüber Weißen und Polizisten niemals verschwinden wird. Er sieht nur eine Erfolgschance – im Verbrechen. Tommy will der Boss seiner Welt werden, die Mafia setzt er ab – besonders blutig in einem Massaker bei einer Poolparty zu sehen – und die Anwälte und Politiker New Yorks lassen sich leicht bestechen. Das Ziel ist es aber auch die Gemeinde von Harlem zu schützen und zu fördern. Dafür lässt sich Gibbs wie ein Star feiern und Kirchen, Krankenhäuser wie auch Schulen sollen mit den Verbrechereinnahmen ebenfalls gefördert und das Geld gewaschen werden. Aus welchem Verbrechergewerbe (Drogen, Schutzgeld, Prostitution) das Geld nun herkommt, überlässt BLACK CAESAR der Fantasie seines Publikums.

© Wicked Vision Media

Eine aussagekräftige Szene in Bezug auf gleiche Rechte für PoC ist vor allem die, in der Tommy seine Mutter „freikauft“. Er kauft das Apartment, in dem sie als Hausfrau arbeitet und schmeißt die vorherigen Bewohner inklusive Pelzmäntel direkt auf die Straße. Tommys Mutter schaut verwirrt und fragt, was sie denn jetzt tun soll. Er kann nur mit Ratschlägen von seinem Alltag antworten, was vor allem Ausschlafen ist.

© Wicked Vision Media

Die Nebendarsteller

Dem ehemaligen Footballspieler Fred Williamson spricht man seine Präsenz auf der Leinwand nicht ab. Die Anzüge sitzen, wie auch der Fokus auf eine glänzende Karriere. Bei der Figurenzeichnung seiner Vertrauten gibt sich das Drehbuch jedoch kaum Mühe. Deswegen verschmerzen wir mit Achselzucken jeden Verlust durch einen Auftragskiller in Tommys Reihen. Die Charaktere an der Seitenlinie werden einer komplexeren Inszenierung der Hauptfigur geopfert und tragen zusätzlich zu dessen Isolierung bei. Je größer seine Einzugsgebiete werden, je kleiner wird die Anzahl an Vertrauten, mit denen er darüber regieren kann. Selbst seine Frau verlässt ihn und begeht Verrat am Kaiser Harlems. Das sind aber alles bekannte Muster, die bereits zig Mal im Genre erzählt wurden.

© Wicked Vision Media

Black Caesar auf Blu-ray

Mit Nummer Zehn schließt die erste Black Cinema Collection von Wicked Vision ab. DER PATE VON HARLEM erscheint wie gewohnt mit sorgfältiger Restoration im Blu-ray-DVD-Doppelpack. Ein 28-seitiges Booklet von Ingo Strecker gibt einen Einblick in die Arbeit des Regisseurs wie auch Hauptdarstellers und ein paar Lobby-Cards und alte Promobilder frischen das Layout auf. Die Extras trumpfen mit Audiokommentaren von Regisseur Larry Cohen und Dr. Gerd Naumann mit Christopher Klaese auf. Highlight ist die Wahl zwischen zwei Filmenden. Man kann wählen zwischen dem rekonstruierten Originalende und dem alternativen MGM-Ende. Der Videoessay „Genrevariationen und Social Consciousness“ von Dr. Andreas Rauscher soll hiermit empfohlen werden wie auch die Dokumentation: „The Brilliance of Blaxploitation“.

© Wicked Vision Media

Fazit

Ein cooler Gangsterstreifen, der nie das Gefühl vermittelt sich den Genrekonventionen anzubiedern, sondern sein eigenes Ding durchzieht. Das mündet nicht gerade in frischen Erzählperspektiven, ist aber durch und durch ein Blaxploitationvertreter. Allein der Soundtrack und der Hauptdarsteller sind eine Sichtung von BLACK CAESAR allemal wert.

© Christoph Müller

Titel, Cast und CrewDer Pate von Harlem (1973)
OT: Black Caesar
Poster
RegisseurLarry Cohen
Releaseseit dem 27.06.2022 auf Blu-ray in der Black-Cinema-Collection.

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Trailer
BesetzungFred Williamson (Tommy Gibbs)
Gloria Hendry (Helen)
Art Lund (McKinney)
D'Urville Martin (Reverend Rufus)
Julius Harris (Mr. Gibbs)
Minnie Gentry (Mrs. Gibbs)
Val Avery (Cardoza)
Philip Roye (Joe Washington)
DrehbuchLarry Cohen
FilmmusikJames Brown
Lyn Collins
Fred Wesley
KameraFenton Hamilton
SchnittGeorge Folsey Jr.
FilmlängeOriginalende: 93 Minuten
MGM Medley Ende: 96 Minuten
FSKAb 16 Jahren

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