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Attraction 2: Invasion (2020) – Filmkritik

Wenn INDEPENDENCE DAY (1996) für die USA steht, dann ist ATTRACTION (2017) das Gegenstück für Russland: Der Kontakt mit mächtigen außerirdischen Wesen in Putins Vorgarten, inszeniert mit waffenstarrenden CGI-Effekten an allen Ecken. Wie üblich bei solchen Produktionen gibt es Unmengen von unmöglicher Technik, jede Menge Waffen und tapferen Soldaten allerorts, Roland Emmerich lässt schön grüßen. Vollgepackt mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gegen alles, was nicht russisch ist, versteckt hinter einer großen Mauer aus Befehlen und falschen Patriotismus, mit der scheinheiligen Legitimation einer vermeintlichen Invasion. Genau das, was Meisterwerke wie DER TAG, AN DEM DIE ERDE STILLSTAND (THE DAY THE EARTH STOOD STILL, 1951) vermieden hat, in der Hoffnung, dass die Menschheit doch noch in der Lage ist, sich weiter zu entwickeln, fort von krankhaften Ideologien und Rassenwahn. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges verschlüsselte Hollywood viele seiner Science-Fiction-Filme dahingehend, dass fremde Invasoren aus dem All nur als Metapher für die Rote Armee dienten. Die Angst vor den bösartigen Kommunisten aus dem finsteren „Mordor“ ging um. Jeder, der kein US-Amerikaner war, war ein potenzieller Feind und durfte ohne Gewissensbisse getötet werden. Das gleiche Schema haben wir bei ATTRACTION erneut, nur viele Jahre später und mit der Gewissheit, dass sich bei ATTRACTION 2 immer noch nichts geändert hat.

© Capelight Pictures

Handlung Attraction 2

Zwei Jahre ist es her, dass ein fremdes Raumschiff in Moskau auf die Erde stürzte. Um zukünftige Angriffe aus dem All besser abwehren zu können, entwickeln russische Wissenschaftler aus den Resten der fremden Technologie einen Satellitenschirm um die Erde. Auch Julia (Irina Starshenbaum), die Tochter von Oberst Lebedew (Oleg Menshikov), wird von den Wissenschaftlern untersucht, da sie engen Kontakt zu der fremden Spezies hatte. Sie besitzt eine Reihe von neuen Fähigkeiten, die jedoch auch die Erde in Gefahr bringen. Denn ein mächtiges Wesen ist unterwegs, um die Menschheit und Julia endgültig zu vernichten.

© Capelight Pictures

Putin und sein altes Russland

Gerade die russische Science-Fiction hat so viele außergewöhnliche Romane wie auch Filme hervorgebracht, Storys die überraschen, verwundern und bezaubern konnten: GEHEIMNIS DER EWIGEN NACHT (TAYNA VECHNOY NOCHI, 1956), DER AMPHIBIENMENSCH (CHELOVEK-AMFIBIYA, 1962), BEGEGNUNG IM ALL (MECHTE NAVSTRECHU, 1963), SOLARIS (SOLYARIS, 1972) und STALKER (1979), um nur ein paar zu nennen. Doch die neue Generation von Filmen scheint sich nur dem großen Vorbild Hollywood anpassen zu wollen, voller Klischees und Stereotypen aus dem letzten Jahrhundert. ATTRACTION (2017) kann man als missratene Mischung von INDEPENDENCE DAY und ATTACK THE BLOCK (2011) sehen, alles durchsetzt mit dieser krankhaften Ideologie aus der Steinzeit. Auf der anderen Seite überrascht es nicht wirklich, dass solch ausufernde, fremdenfeindlichen Töne aus dem neuen russischen Film zu uns hinüberkommen. Denn, wenn man die politische Situation in diesem gigantischen Land betrachtet, gelenkt von seinem Diktator Putin, dann versteht man sehr schnell, woher der Wind weht. ATTRACTION 2 versucht das Ganze nun ein klein wenig positiver zu gestalten und nicht mehr ganz so aggressiv wie zuvor.

© Capelight Pictures

Der Märchenprinz

Im Grunde geht es nur um die verwöhnte Göre eines mächtigen Militärs, die ihre verstorbene Mutter vermisst und Verständigungsprobleme mit dem strengen Vater hat, das Übliche eben. Überfordert mit ihrem eigenen, langweiligen wie auch leeren Leben, versucht sie daraus auszubrechen. Um das Ganze auf die Spitze zu treiben und ihr die Typen auf der Erde nicht mehr ausreichen, verliebt sie sich in den idealen Übermann, dem Märchenprinzen aus einer fremden Welt. Hört sich fast an wie die moderne Interpretation einer Geschichte der Brüder Grimm. Der Fremde, Hakon (Rinal Mukhametov), ist natürlich ganz hin und weg von der Menschendame. Er beschließt einfach alles hinter sich zu lassen und mit seiner Julia bis ans Ende aller Tage… ihr wisst schon. Und so stolpern wir von einer sinnlosen Szene zur nächsten, umgeben von Charakteren, die durch die Bank unsympathisch, bösartig bis verbittert, unlogisch, nervig oder einfach nur idiotisch sind.

© Capelight Pictures

Invasion, welche Invasion?

ATTRACTION 2: Blu-ray im Steelbook

Der ganze Titel ist irreführend und falsch, denn die Invasion findet hier zu keiner Zeit statt. Korrekter wäre eher der Titel: Vernichtung oder gar Auslöschung. Erneut lautet die Devise „Erst schießen, dann Fragen“, die scheinbar auf der ganzen Erde ihre Gültigkeit hat. Im ersten Teil, ATTRACTION, haben die Russen das fremde Raumschiff zuerst beschossen, so dass es abstürzte, um sie danach als Invasoren aus dem All zu bezeichnen. In der Fortsetzung geht es so weiter. Tagtäglich sprechen wir über Verständigung untereinander, Verständigung von Völkern, Rassen und Religionen, doch in solchen Filmen transportieren und propagieren wir immer wieder das genaue Gegenteil. Scheinbar gefällt es den Kinobesuchern auch irgendwie. Hier geht es nur um die schnellstmögliche Vernichtung von allem Fremden, selbst die komplette Ausrottung ist eine Option. Wir geben Unsummen von Geld aus, um endlich ein Zeichen oder einen Kontakt zu einer fremden Lebensform zu bekommen. Doch was erhoffen wir uns davon? Scheinbar überwiegt noch immer die Angst vor dem Fremden und Unbekannten, so dass der Markt für solche Filme weiterhin ungebrochen ist.

© Capelight Pictures

Einen cleveren Einfall der Drehbuchautoren habe ich dann doch noch gefunden: Es geht um die außerirdische Super-KI Ra, die nicht wahllos den Planeten Erde mit allerlei utopischen Waffensystemen angreift, sondern lieber die digitale Kommunikation wie auch die Medien manipuliert, um die Menschheit zu verunsichern und schlussendlich gegen sich selbst aufzubringen. Der Krieg der Informationen, wie er immer wieder ausgerufen wird, ist schon längst in vollem Gange. Aber eine Frage bleibt bei solchen Filmen immer bestehen: Wie kann es eigentlich sein, dass ein hoch technisiertes Volk, wie diese Außerirdischen, durch einen simplen Meteoritenschauer in Schieflage geraten (siehe dazu den ersten Teil ATTRACTION)? Wenn man in der Lage ist solch gigantische Reisen durch das All zu vollbringen, dann sind Meteoriten und andere Objekte ein ständiger Begleiter. Somit ist es doch ein absolutes Muss dafür zu sorgen, dass sie dem Raumschiff zu keiner Zeit Schaden zufügen können.

© Capelight Pictures

Fazit

Dass wir uns nicht falsch verstehen, ich finde es toll, wenn ein Land Abseits von Hollywood ganz groß aufrüstet und versucht, eine eigene, neue Filmsprache zu entwickeln. Aber bitte nicht so wie in diesen beiden Produktionen, das ist nur dümmliches Kopieren von alt hergebrachten Konventionen und Vorstellungen. Im Zuge dieser Besprechung habe ich, wie schon erwähnt, auch den ersten Teil, ATTRACTION (PRITYAZHENIE, 2017) gesehen. Der kommt ebenfalls auf eine Laufzeit von knapp über zwei Stunden, wie auch die Fortsetzung. Somit haben wir über vier Stunden gepflegte Langeweile und man fragt sich am Ende „… warum tue ich mir das eigentlich nur an?“. Wer sich ebenfalls dieser Tortur aussetzen möchte, dem sei noch geraten, zuvor mit Teil eins zu beginnen, dass erleichtert doch sehr den Einstieg in die verquere Fortsetzung.

© Stefan F.

Titel, Cast und CrewAttraction 2: Invasion (2020)
OT: VTORZHIENIE
Poster
ReleaseAb dem 13.03.2020 auf DVD, Blu-ray und Steelbook erhältlich.

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RegisseurFedor Bondarchuk
Trailer
BesetzungIrina Starshenbaum (Julia)
Yuriy Borisov (Vanya)
Oleg Menshikov (Generalleutnant Lebedev)
Rinal Mukhametov (Hakon)
Alexander Petrov (Artyom)
Sergey Garmash (Vize Premierminister)
Igor Kosterin (Major)
DrehbuchOleg Malovichko
Andrey Zolotarev
KameraWladislaw Opeljants
FilmmusikIgor Vdovin
SchnittAlexander Andrjuschtschenko
Alexander Pusrjow
Jegor Tarassenko
Filmlänge127 Minuten
FSKab 12 Jahren

6 Gedanken zu „Attraction 2: Invasion (2020) – Filmkritik“

  1. Unfassbar hohl und langweilig. Völlig entkoppelte Geschichte und ohne jeden Inhalt. Beim Kopieren stehen die Russen offensichtlich noch ganz am Anfang. Peinlich berüht, den Mist geschaut zu haben.

  2. Also ich sehe das anders.
    Es ist z.Z halt angesagt mit den Gedanken und Ängsten eines eventuellen Kontaktes mit Außerirdischen Zivilisationen zu spielen. Das es eher wie auch in der Sparte der Horrorfilme auf ein Aspekt vereinfacht wird, ist allein der Vorarbeit Hollywoods zu verdanken. Fragen sie mal wer Tarkowski kennt (Salaris, Stalker) und überlegen Sie mal wie aus russischer Sicht ein (verwöhntes/ Kirmes) Massenpublikum für russische Produktionen begeistert werden könnte. Irgendwo muss angefangen werden und die Masse da abgeholt wo sie steht.

    Also ich fand beide Teile durchaus unterhaltsam. Ich finde das da rasissmus klar als eine Schwäche portraitiert wird indem Sie alles eskalieren lässt.
    Der Genera hat schon im ersten Teil den Reaktorkern zurück geben wollen. Es war eindeutig, dass alle am Anfang aus Angst reagiert haben und dann bedachter wurden.
    Die Hauptfigur hat oft den Erstbeschuss kritisiert. Und wenn mann sich doch in Russland so sehr eine Veränderung wünscht dann ist doch eine starke junge Frau die gegen ein patriachalisches millitärisches System rebelliert doch eine super Wahl. Ich finde leider Ihre Kritik etwas vorgefasst. Wir brauchen übrigens auch in Deutschland dringend coolen SciFy ähh ich meine Augenkirmes.

    Vielleicht schafft man in der Tat aber noch mehr SFX mit tiefgründigeren Ideen zu verbinden wie z.B District 9.

  3. A bissl verwirrend und abseits jeglicher Logik.
    Aber es gibt wesentlich schlechtere Produktionen aus Hollywood. War ja wieder mal klar, alles was aus Russland kommt ist Schrott (voreingestellte Meinungsgsmache unserer westlichen Medien, welche auf dte Allgemeinheit abfärbt).

    1. Hallo Peter W.
      erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar.
      Zu deinem Vorwurf kann ich nur sagen, und ich bin sicher, dass ich da auch für alle hier tätigen Autoren spreche, dass es uns bei jeder Art von Vorstellung oder Besprechung von Filmen nur um selbigen geht. Politische Vorgaben oder andere Meinungsmache sind dabei nicht relevant oder haben einen Einfluss auf die jeweilige Besprechung.

      Viele Grüße
      Stefan_F

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